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Die Henkerstochter und der schwarze M�nch

Titel: Die Henkerstochter und der schwarze M�nch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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war nach der langen Suche müde und ausgefroren. Doch trotz der Kälte und des beginnenden Abends wollte er noch unbedingt mit Jakob Kuisl über ihren Fund in der Schlossruine sprechen. Außerdem war er neugierig, wie die Jagd auf die Räuberbande verlaufen war. Seine Füße und Hände fühlten sich an wie Eisklumpen, und so war er mehr als froh, als ihm Anna Maria Kuisl endlich aufmachte.
    »Simon, was ist mit dir?«, fragte sie erstaunt und blickte auf seinen eingeschneiten Mantel und die steifgefrorenen Hosenbeine. Die gestrige Ruhestörung, als Simon noch spät in der Nacht nach Magdalena gerufen hatte, schien sie ihm bereits verziehen zu haben. Mitleidig schüttelte die Henkersfrauden Kopf. »Du siehst aus wie der Schneemann, den die Kinder im Garten gebaut haben.«
    »Ist Euer Mann da?«, fragte Simon mit zitternder Stimme. Er fror jetzt am ganzen Leib.
    Anna Maria Kuisl schüttelte den Kopf. »Er ist noch auf Räuberjagd. Ich hoff, dass er bald heimkehrt. Aber jetzt komm erst mal rein.« Sie führte Simon in die warme Stube. »Du bist ja kurz vorm Erfrieren.«
    Die Frau des Henkers goss Simon einen heißen Apfelmost ein und reichte ihm den Becher. Durch die Stube wehte der Geruch von gedämpften Zwiebeln und zerlassener Butter.
    »Hier, das wird dir guttun.« Sie lächelte ihn aufmunternd an, während er an dem mit Honig gesüßten Most nippte. »Mit Kaffee kann ich leider nicht dienen. Aber vielleicht magst ja in der Kammer auf meinen Mann warten. Ich muss wieder hoch zu den Kindern.« Von oben war ein trockener Husten und das Greinen der kleinen Barbara zu hören.
    »Der Georg hat’s auf der Brust«, sagte sie mit ernstem Gesicht. »Wollen hoffen, dass es nicht dieses Fieber ist, das gerade umgeht.« Sie ging die steile Stiege nach oben, noch bevor Simon fragen konnte, ob Magdalena zu Hause sei.
    Der Medicus zuckte mit den Schultern. Vermutlich war die Henkerstochter noch immer beleidigt. Nun, er hatte gelernt, dass Frauen Zeit brauchten. Sie würde sich schon wieder bei ihm melden, und dann konnte er sich immer noch entschuldigen.
    Gestärkt vom süßen Apfelmost, betrat Simon die Kammer nebenan. Er hatte es sich im letzten Jahr angewöhnt, mindestens einmal in der Woche die Bibliothek des Henkers aufzusuchen. Jakob Kuisl hatte ihm erlaubt, in seiner Abwesenheit in den alten Folianten und ledergebundenen Wälzern zu schmökern. Dabei war Simon schon des Öfteren auf Details gestoßen, die auch für seine Arbeit als Mediziner interessant waren. So verfügte der Henker beispielsweise über eine Gesamtausgabe der Werke des englischen Arztes ThomasSydenham, in dem alle bekannten Krankheiten detailliert aufgelistet und beschrieben waren. Ein Kompendium, das nicht einmal die Ingolstädter Bibliothek besaß!
    Das Buch, das er jetzt in den Händen hielt, hatte jedoch mit Medizin nicht das Geringste zu tun. Sein Titel lautete Malleus Malefi carum , verfasst von zwei Dominikanern namens Heinrich Kramer und Jakob Sprenger. Die Seiten waren schmutzig und abgegriffen, an manchen Stellen schimmerten sie bräunlich wie von getrocknetem Blut. Schon des Öfteren hatte Simon im sogenannten »Hexenhammer« geblättert. Auf der Seite, die er jetzt aufgeschlagen hatte, versuchten die Autoren zu beweisen, dass das lateinische Wort femina für Frau von fides minus , also »weniger Glauben« herrührte. In einem anderen Kapitel wurde beschrieben, wie Hexen aussahen, welche Zauber sie anwandten und wie man sich vor ihnen schützen konnte. Simon vertiefte sich in eine Stelle, in der die Dominikaner detailliert auf das Wegzaubern des männlichen Gliedes eingingen.
    »Ein böses Buch«, erklang eine Stimme hinter ihm. »Du legst es besser gleich weg.«
    Simon drehte sich um. In der Tür zur Kammer stand der Henker. Er trug einen Verband am linken Oberarm, getauter Schnee bildete eine Pfütze um seine mit Fell verschnürten Beinkleider. Achtlos warf er die Muskete in die Ecke und nahm Simon den Folianten aus der Hand.
    »Dieses Buch hat meinem Großvater gehört«, sagte er und stellte es zurück in den mannshohen Schrank zu den anderen Büchern, Pergamentrollen, Kladden und Bauernkalendern. »Er hat es bei den Verhören verwendet, damals, als in Schongau über sechzig Weiber verbrannt wurden. Wenn du nur lange genug fragst, ist jeder eine Hexe.«
    Simon fröstelte, und das lag nicht nur an der Kälte in der ungeheizten Kammer. Wie alle anderen Schongauer kannte er nur zu gut den berüchtigten Hexenprozess, der vor drei Generationen

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