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Die Henkerstochter und der schwarze M�nch

Titel: Die Henkerstochter und der schwarze M�nch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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Augen. Sein verwundeter linker Arm schmerzte. Blutige Schemen zogen vorüber, Erinnerungen an längst vergangene Tage.
    Stille. Nur das Krächzen der Raben, die über blutige Röcke stolzieren und nach den Augen der toten Weiber hacken ... Ein knorriger Baum, vollgehängt mit zuckenden Leibern, wie pralle Äpfel im Geäst... Die Männer, meine eigenen Männer, sehen mich mit schreckensweiten Augen an. Ich nehme den nächsten und hänge ihn in die Schlinge, einen nach dem anderen. Einen nach dem anderen …
    Der Bäckerssohn schien Kuisls Verunsicherung zu bemerken. »Seit wann hat der Henker Angst vor dem Tod, hä?«, höhnte er und schwankte auf immer noch unsicheren Beinen. »Wir haben dir doch nur die Arbeit abgenommen!«
    Jakob Kuisl beachtete ihn nicht weiter. »Tiere seid ihr«, flüsterte er leise wie zu sich selbst. »Alle miteinander seid’s ihr die schlimmeren Henker.«
    Er schob die Menge auseinander und trat auf die zitternden Gefangenen zu, die gebunden auf ihr weiteres Schicksal warteten. Es waren etwa ein Dutzend, darunter auch vier Frauen. Eine von ihnen trug einen schreienden Säugling unter einem Tuch auf dem Rücken. Zwei ausgehungerte Knaben im Alter von etwa sechs und zehn Jahren drückten sich an ihre Mütter. Die meisten Männer trugen frische Wunden von Säbelhieben oder Streifschüssen, ihre ausgezehrten Gesichter waren teils blutig geschlagen.
    Aus der verängstigten Gruppe stach ein Mann hervor, der fast so groß wie der Henker war. Er trug einen dichten Vollbart, zerrissene Pumphosen und einen vor Dreck starrenden Lederkoller. Blut lief aus einer Wunde an seiner Stirn. Trotz seines ärmlichen Äußeren umgab ihn eine Aura von Stärke und Stolz. Mit wachen, ungebrochenen Augen blickte er den Henker an.
    »Du musst der Scheller Hans sein«, stellte Kuisl fest.
    Der Räuberhauptmann nickte. »Und ihr seid’s auch nicht mehr als ein dreckiges, mordlustiges Gesindel«, sagte er.
    Im Hintergrund waren Rufe und Zischen zu hören. »Pass auf, was du sagst, Scheller! «, schrie einer der Handwerker. »Sonst reißen wir dir noch hier den Bauch auf und hängen deine Eingeweide in die Äste!«
    »Keiner reißt irgendwem den Bauch auf«, sagte Kuisl.
    Seine Stimme war ruhig, aber etwas in ihr ließ die anderen verstummen.
    »Wir werden die Marodeure jetzt mit nach Schongau nehmen«, fuhr er fort. »Und dann wird sich der Rat um sie kümmern. Es reicht schon, was ihr hier angestellt habt.« Er deutete angewidert zur Seite. Schneeflocken fielen auf die leblosen Leiber, die vor der Höhle wie Schlachtvieh auf dem Boden lagen.
    Der Henker schüttelte den Kopf. »Jetzt lasst uns die Toten wenigstens begraben.«
    Er band mit einem Fetzen schmutzigen Tuchs notdürftig seinen linken Arm ab; mit dem rechten Arm räumte er dann ein paar Felsbrocken zur Seite, die in einer Senke unweit der Höhle lagen.
    »Was ist?«, murrte er. »Mag mir vielleicht einer helfen? Wenn ihr mich schon kaputtschießt. «
    Schweigend kamen die Schongauer näher und räumten mit ihm das eisige Felsengrab frei.
     
    Jakob Kuisl ließ die Männer bald allein die blutige Arbeit verrichten, sein linker Arm schmerzte zu sehr. Mit zusammengebissenen Zähnen ging er zurück in die Höhle und sah sich noch einmal um.
    Die beiden Räuber lagen dort, wo sie gestorben waren. Auch jetzt war der Rauch noch so dicht, dass man nur wenige Schritte weit sehen konnte. Der Henker stieg über Felsbrocken, glimmende Äste und verkohlte Holzscheite, bis er den hinteren Bereich des Gewölbes erreichte. Hier befanden sich, lose verstreut, die wenigen Habseligkeiten der Wegelagerer. Löchrige Mäntel, Kupferteller mit Grünspan, ein paar rostige Waffen, sogar eine grobgeschnitzte Holzpuppe war darunter.
    Weiter hinten direkt an der rußigen Felswand stand eine mit Eisenbändern verstärkte Kiste; sie war mit einem Vorhängeschloss abgesperrt, das den Henker kaum fünf Minutenkostete. Schnappend sprang das Schloss auf, und Jakob Kuisl steckte den Dietrich wieder zurück in seinen Sack. Vorsichtig öffnete er die Truhe, wohl wissend, dass in manchen dieser Kisten verborgene Fallen eingebaut waren, vergiftete Nadeln und Bolzen, die plötzlich hervorschießen konnten. Doch nichts passierte.
    Auf dem Boden der Truhe lagen ein paar glänzende Gulden, ein Silberkrug, eine tönerne, verkorkte Branntweinflasche, Pelze und eine goldene Brosche, die wohl vorher der Ehefrau eines reichen Händlers gehört haben musste. Viel war es nicht, doch das überraschte den

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