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Die Henkerstochter

Titel: Die Henkerstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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die auch bei den Hebammen gebräuchlich waren.
    Auf einer Scherbe hatte Magdalena das Hexenmal gesehen.
    Zuerst war sie verwundert gewesen. Was hatte dieses Zeichen im Haus der Hebamme zu bedeuten? War sie doch eine Hexe? Doch als Magdalena die Scherbe in den Händen hin und her gedreht hatte, sah sie das Symbol auf den Kopf gestellt.
    Und plötzlich war aus dem Hexenzeichen ein harmloses alchimistisches Symbol geworden.
    Haematit. Blutstein …
    Das daraus gewonnene Pulver wurde bei der Geburt gegen Blutungen verabreicht. Ein harmloses Mittelchen, das auch in den höheren Kreisen der Ärzteschaft durchaus anerkannt war, wenn Magdalena selbst auch an seinem Nutzen zweifelte.
    Trotz ihrer Angst musste sie beinahe lachen. Das Hexenmal war nichts anderes als das auf den Kopf gestellte Symbol für Haematit!
    Magdalena erinnerte sich an die Schilderungen Simons, wenn er von dem Zeichen auf der Schulter der Kinder gesprochen hatte. Der Medicus und auch ihr Vater hatten es immer so betrachtet, dass es wie ein Hexenmal aussah. Wenn man aber von oben darauf sah, verwandelte es sich in ein gewöhnliches alchimistisches Zeichen …
    Hatten sich die Kinder dieses Zeichen selbst mit Hollersaft auf die Schulter geritzt? Schließlich waren sie oft bei der Stechlin gewesen. Sophie, Peter und die anderen mussten das Symbol also auf dem Gefäß gesehen haben. Aber warum sollten sie das tun? Oder war es doch die Hebamme gewesen? Doch das ergab noch weniger Sinn. Warum sollte sie den Kindern das Zeichen für Haematit auf die Schulter malen? Also doch die Kinder …
    Während die Gedanken durch Magdalenas Kopf wirbelten, war der Wald immer näher gekommen. Was zunächst nur als dunkelgrünes Band in der Morgendämmerung geschimmert hatte, war jetzt ein Streifen von Birken, Tannen und Buchen, der sich nicht weit von ihr entfernt ausbreitete. Magdalena lief direkt darauf zu. Die Männer hinter ihr hatten aufgeholt. Sie waren mittlerweile bis auf zehn Schritt an sie herangekommen. Sie konnte ihren hechelnden Atem hören. Näher und näher. Der eine Mann brach beim Laufen wie ein Wahnsinniger in heulendes Gelächter aus.
    »Henkersdirn, ich mag’s, wie du rennst. Ich jag mir gern mein Reh, bevor ich’s verspeis ...«
    Auch der andere fing jetzt zu lachen an.
    »Gleich haben wir dich, Mädchen. Uns ist noch keine entwischt!«
    Magdalena hatte jetzt fast den Wald am Hochufer erreicht. Eine sumpfige Wiese lag zwischen ihr und dem Schutz der Bäume. Schon bald sanken ihre Füße bis zu den Knöcheln ein in weichem Matsch. Zwischen Birken und Weiden taten sich kleine Pfützen und Tümpel auf, die vom letzten Schnee übriggeblieben waren. Weit entfernt konnte sie den Lech tosen hören.
    Mit gezielten Sprüngen versuchte die Henkerstochter jeweils die mit Gras bewachsenen Buckel im Sumpf zu erreichen. Als zwei der Buckel besonders weit auseinanderstanden, glitt sie aus und landete mit den Füßen im sumpfigen Morast. Verzweifelt versuchte sie die Beine aus dem Schlick zu befreien.
    Sie steckte fest!
    Hinter ihr kamen die Männer. Als sie sahen, dass ihr Wild gefangen war, fingen sie an zu johlen. Sie umkreisten grinsend das Schlammloch und suchten einen Weg, auf dem sie trockenen Fußes zu ihrer Beute gelangen konnten. Magdalena zog sich mit den Händen auf einen der Grasbuckel. Mit einem satten Schmatzen lösten sich endlich ihre Beine aus dem Morast, und sie war frei. Vor ihr sprang einer der Söldner auf sie zu. Im letzten Moment warf sie sich zur Seite, und der Mann landete mit einem Klatschen im Sumpf. Bevor er sich aufrichten konnte, nutzte Magdalena die Lücke zwischen den beiden Männern und rannte auf den Wald zu.
    Als sie in das schattige Dickicht eintauchte, merkte sie sofort, dass sie keine Chance hatte. Die Bäume standen viel zu weit auseinander; es gab kaum Unterholz, in dem sie sich hätte verbergen können. Trotzdem lief sie weiter, auch wenn es sinnlos war; die Männer hinter ihr hatten aufgeholt. Es würde nicht mehr lange dauern, bis die Jagd ein Ende hätte. Das Rauschen des Flusses wurde lauter.Das Steilufer musste direkt vor ihr liegen. Das Ende der Flucht …
    Plötzlich trat ihr linker Fuß ins Leere. Sie sprang zurück und sah gerade noch, wie kleinere Kiesel in der Tiefe verschwanden. Sie schob die Zweige einer Weide beiseite und blickte auf einen fast senkrechten Hang, der hinunter zum Ufer reichte.
    Während Magdalena noch am Abgrund taumelte, nahm sie aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahr. Einer der Söldner

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