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Die Henkerstochter

Titel: Die Henkerstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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weiß wie die eines Raubtieres.
    »Ich bin ... noch da ... Henker«, flüsterte er. »Jetzt gilt’s, nur du und ich ...«
    Kuisl bückte sich lauernd, den Knüppel fest umklammert. Sein linker Arm schmerzte höllisch, aber er ließ sich nichts anmerken.
    »Wo hast du meine Tochter hingebracht?«, knurrte er.»Spuck’s aus, bevor ich dich erschlag wie einen tollen Hund!«
    Der Teufel lachte. Als er seine Knochenhand wie zum Gruß hob, konnte Jakob Kuisl sehen, dass daran zwei Finger fehlten. Trotzdem steckte die Fackel noch im Eisenring des Mittelhandknochens.
    »Magst ... wohl wissen ... Henkerlein. Ein guter Ort … Der beste Ort für eine Henkersdirn ... Vielleicht hacken ihr die Raben schon die Augen aus ...«
    Der Henker hob drohend den Knüppel, bevor er weitersprach.
    »Wie eine Ratz zertret ich dich ... «
    Ein Lächeln spielte über die Lippen des Teufels.
    »So ist’s gut«, schnurrte er. »Du bist wie ich ... Das Töten ist unser Geschäft ... wir sind uns ... ähnlicher, als du denkst.«
    »Einen Dreck sind wir«, flüsterte Jakob Kuisl.
    Mit den letzten Worten sprang er in den Rauch, direkt auf den Teufel zu.
     
    Ohne sich weiter umzusehen, rannte Magdalena den Hang hinunter. Zweige peitschten ihr ins Gesicht, Dornensträucher zerrten an ihren Beinen und zerrissen ihr Kleid. Hinter ihr hörte sie den keuchenden Atem der Söldner. Am Anfang hatten die Männer noch gelegentlich nach ihr gerufen, doch seit einiger Zeit war das Laufen in eine stille Hetzjagd übergegangen. Wie Hunde hatten sie die Fährte aufgenommen. Sie würden erst innehalten, wenn sie das Wild gestellt hatten.
    Magdalena riskierte einen kurzen Blick nach hinten. Die Männer waren auf zwanzig Schritt an sie herangekommen. Das Gelände war jetzt, eine viertel Meile unterhalb des Galgenbichls, nicht mehr dicht bewachsen. Die Büschewaren verschwunden, vor ihr breiteten sich braune Äcker aus. An Verstecken war hier nicht zu denken. Ihre einzige Chance waren die Wälder am Lechhochufer. Wenn sie die Tannen und Birken erreichte, hatte sie vielleicht die Möglichkeit, sich im Gehölz zu verbergen. Doch bis dahin war es noch weit. Und die Männer schienen aufzuholen.
    Im Laufen blickte Magdalena gehetzt nach links und rechts, ob auf den Feldern schon Bauern mit dem Säen beschäftigt waren. Doch um diese frühe Tageszeit war keine Menschenseele zu sehen. Auch auf der Hohenfurcher Steige, die zu ihrer Linken immer wieder hinter den Hügeln auftauchte, war kein Reisender zu entdecken, den man um Hilfe bitten konnte. Und selbst wenn? Eine einsame Frau, die von zwei bewaffneten Männern verfolgt wurde – welcher Bauer oder Händler riskierte schon sein Leben für eine Henkersdirne? Wahrscheinlich würden sie, den Blick starr geradeaus gerichtet, ihren Ochsenwagen nur noch zu mehr Eile antreiben.
    Magdalena war es gewohnt zu laufen. Seit ihrer Kindheit war sie, oft barfuß, weite Strecken zu den Hebammen in den umliegenden Dörfern gegangen. Oft war sie dabei aus schierer Freude über die schlammigen oder verstaubten Straßen gerannt, bis ihre Lungen zu schmerzen begonnen hatten. Sie war trainiert und ausdauernd, und sie hatte jetzt ihren Rhythmus gefunden. Doch die Männer hinter ihr schienen nicht aufgeben zu wollen. Es hatte den Anschein, als hätten sie schon oft Menschen gehetzt. Und sie hatten offensichtlich Freude daran. Ihr Tempo war gleichmäßig und zielstrebig.
    Magdalena überquerte die Straße und hielt auf den Tannenwald am Lechhochufer zu. Der Wald war nicht mehr als ein grünes, schmales Band hinter den Äckern. Magdalena war sich nicht sicher, ob sie es bis dahin schaffenwürde. Sie hatte den Geschmack von Eisen und Blut im Mund.
    Während des Laufens lösten sich ihre Gedanken und spukten wie kleine Geister im Kopf herum. Die Erinnerung war wiedergekommen. Sie wusste jetzt, wo sie das Hexenzeichen, das auf den Schultern der toten Kinder prangte, bereits gesehen hatte. Als sie das Haus der Hebamme gestern betreten hatte, waren ihr die Scherben auf dem Boden aufgefallen. Es waren die Scherben der Tontiegel, die früher auf dem Regal der Stechlin gestanden hatten. Gefäße gefüllt mit Ingredienzien, die eine Hebamme für ihre tägliche Arbeit brauchte, blutstillende Moose, schmerzlindernde Kräuter, aber auch zerriebene Steine, die sie als Pulver den Schwangeren und Kranken in den Aufguss mischte. Auf einigen der Scherben waren alchimistische Symbole eingeritzt gewesen. Zeichen, die schon der große Paracelsus verwendet hatte und

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