Die Herren der Unterwelt 02 - Schwarzer Kuss
Messern in die Haut geritzt. Unzählige Male hatte sich Reyes schon gefragt, was im Goldenen Zeitalter in diesem Tempel vorgefallen sein mochte. Manchmal hätte er schwören können, dass er mit der Brise, die vom Meer herkam, menschliche Schreie hören konnte.
Vor Kurzem war Lucien wieder aufgetaucht, und er hatte so entspannt und wohl ausgesehen wie lange nicht mehr. Ja, er hatte sogar glücklich gewirkt. Was war passiert? Reyes war eifersüchtig, was auch immer Luciens gute Laune ausgelöst haben mochte. Er war eifersüchtig, aber er freute sich auch für ihn. Auch Luciens Blut, das er mit ekelerregend guter Mine auf den Altar fließen ließ, hatte Ergebnisse gebracht. Und Reyes war es leid, immer umsonst etwas zu unternehmen. Es war einfach überflüssig.
Jedoch an diesem Morgen sendeten die Nachrichten auf der ganzen Welt etwas über die Tempel. Reyes war klar, bald würden sie kommen: Menschen, Jäger, Touristen, Schatzjäger und Forscher. Die Zeit rannte ihnen davon.
„Verdammt“, murmelte Reyes. Er musste Schmerzen spüren, bald, denn sonst würde er Zerstörung anrichten oder jemanden verletzen, dass wusste er. Er würde jemanden töten, sei es einen Sterblichen oder einen Krieger. Es war ihm egal. „Ich bleibe in der Nähe“, sagte er Sabin, als der an ihm vorbeiging. „Ruf einfach, wenn ihr mich braucht.“
Sabin versuchte nicht, ihn aufzuhalten. Mittlerweile kannte er Reyes zu gut.
Bis er den Wald erreicht hatte, der den Tempel umgab, hatte Reyes schon sein Schwert aus der Scheide gezogen. Er lehnte sich an den nächsten Baum. Er trug rote Blätter, daher sahen die Äste aus, als würden sie bluten. Er begann, sich Kreuze in den Arm zu ritzen. Sobald die Klinge ins Fleisch schnitt und das Blut floss, echtes Blut, ebbte seine Wut etwas ab.
Wenn Danika dich so sehen könnte …
Er schnaubte verächtlich. Wenn sie ihn so sehen könnte, würde das kaum ihre Gefühle für ihn verstärken, die schon jetzt keine Grenzen kannten.
In seiner Tasche klingelte sein Mobiltelefon, und er stöhnte frustriert auf. Es war das Telefon, das er vor einigen Wochen von Sabin bekommen hatte. Reyes war sich noch nicht sicher, ob er es gut fand, eines zu haben. Manchmal musste ein Mann ganz frei sein – frei von allen und auch ohne Kontakt zu seinen Freunden. Aber er hatte das Telefon einfach behalten, für den Fall der Fälle.
Knurrend holte er es aus der Tasche und klappte es auf. „Was?“
„Aeron ist entkommen“, sagte Maddox, ohne ihn zu begrüßen.
Das konnte nicht wahr sein. Alles in Reyes sträubte sich gegen diese Nachricht. Er war wütend und fühlte sich hilflos. Er hatte gewusst, dass es einmal so weit kommen würde, aber er dachte nicht, dass es schon so bald passieren würde. Ich hätte einfach meine Zuneigung zu ihm ignorieren und ihn in Ketten legen sollen. „Seit wann?“
„Das letzte Mal habe ich ihn vor zwölf Stunden gesehen.“
Als Hüter des Zorns würde Aeron Danika binnen kurzer Zeit finden, gleichgültig, wo sie sich versteckt hielt. Er würde sie aufspüren und seine Flügel nutzen, um schnell zu ihr zu gelangen. „Ich finde ihn“, erklärte Reyes.
Bevor er auflegen konnte, fügte Maddox hinzu: „Torin hat mich dazu gebracht, einen unsichtbaren Farbstoff in Aerons Essen zu mischen, mit dem wir ihn finden können – für alle Fälle. Er wird dir die Daten per E-Mail schicken, die du für dein Telefon brauchst, um ihn zu finden. Ich wollte dich nur erst anrufen. Bring deinen Freund zu uns zurück. Lebendig.“
Reyes antwortete nicht. Er konnte kein Wort herausbringen. Wenn er jetzt versagte, dann würde Danika sterben.
Wenn sie überhaupt noch am Leben war.
15. KAPITEL
Schöner Knutschfleck“, bemerkte William am nächsten Morgen, als er beim Frühstück Anyas Hals sah.
Ich werde nicht rot. Nicht rot werden. Und dennoch spürte sie, wie ihr die Hitze ins Gesicht stieg. Lucien war einfach verdammt geschickt mit seinen wunderschönen Lippen. Apropos schöner Mund: Heute Morgen hatte er es geschafft, weitere Informationen über den allmächtigen Schlüssel aus ihr herauszubekommen.
Sie ahnte, dass er vorhatte, den Schlüssel von ihr zu erhalten, ohne sie beide zu gefährden, damit sie endlich Ruhe vor dem König der Götter hatte. Sofort nachdem er sie zu dem Schlüssel ausgefragt hatte, begann er wieder, ihre Knospen zu liebkosen. Auf keinen Fall wollte sie, dass er damit aufhörte. Schließlich erzählte sie ihm, dass der Schlüssel mit ihr, ihrem Körper und ihrer Seele
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