Die Herren der Unterwelt 02 - Schwarzer Kuss
Vergangenheit geschehen war. Aber er würde nicht wieder tausend Jahre warten und sich nach etwas sehnen, dass er nicht haben konnte.
So lange wie es ging, würde er mit Anya zusammen sein und ihre gemeinsame Zeit genießen.
„Warum fühle ich mich schuldig?“, flüsterte Anya. Er spürte, dass sie sich wegen etwas schämte. „Sollte ich Cronus vielleicht doch den Schlüssel einfach geben?“
Es gab nur eine Erklärung: Sie liebte ihn auch. Sein Herz klopfte vor Freude und vor Stolz. Es reichte ihm zu wissen, dass sie ihn ebenfalls liebte, auch wenn sie es nicht aussprechen konnte. „Das wirst du nicht tun. Versprich mir das. Versprich mir, dass du ihm den Schlüssel nie geben wirst.“
In ihren Augen standen glitzernde Tränen. Minutenlang herrschte angespannte Stille.
„Versprich es mir Anya. Sonst habe ich keine Ruhe.“
Unter ihren dichten schwarzen Wimpern, die ihre eisblauen Augen bekränzten, sah sie ihn an. Sie warfen einen Schatten auf ihre Wangen. Oder war es ihre Aufgewühltheit? Schließlich sagte sie: „Ich verspreche es.“ Ihr Lachen, das dann folgte, klang falsch. „Toll, jetzt habe ich ein noch schlechteres Gewissen.“
Er streckte seine Hand aus und ließ eine seidige Strähne durch seine Finger gleiten. „Das musst du aber nicht.“
„Was soll ich denn sonst machen?“ Sie hielt die Tränen zurück.
„Komm her.“ Sanft zog er an der Strähne.
Als sie auf ihn zuging, fiel ihr Blick auf seine Hand. Sie nahm sein Handgelenk und drehte es um. Anya runzelte die Stirn. „Du hast dir weh getan.“
„Es ist nur ein kleiner Kratzer, weiter nichts.“
Sie hob seine Hand an ihre Lippen und küsste ihn zärtlich, direkt auf die Wunde. „Mein armer Schatz. Ich will nicht, dass du dir weh tust.“
Sofort fuhr ein Blitz durch seinen Körper, und in ihm erwachte die Hitze und der Hunger. Oh ja, wie sehr er diese Frau liebte. Er fuhr mit der Fingerspitze die Schatten unter ihren Augen nach. Dann trafen sich ihre Blicke. „Wenn es jemand verlangt, würde ich mich für dich in Stücke hacken lassen.“
„Glaubst du, er wird es tun? Kann er das? Glaubst du, dass du schwächer wirst?“ Ihre Stimme klang sehr traurig. Aber beide wussten, wie die Antwort auf diese Frage lautete. „Du bist doch so stark. So aktiv.“
„Es wird mir nichts passieren“, log er.
„Vielleicht sollte ich, ich weiß es nicht, mal mit Cronus reden?“
Unerbittlich schüttelte Lucien den Kopf. „Das wirst du bleiben lassen. Das könnte die Sache nur noch schlimmer machen.“
Die Trauer stand ihr ins Gesicht geschrieben. Plötzlich sah ihre wunderschöne Haut fahl aus. Sie schwieg.
„Ich sage dir: Wir werden das Artefakt finden.“
„Kommt ihr jetzt?“, rief William offensichtlich irritiert.
„Eine Minute noch!“, rief Anya, ohne dabei Lucien aus den Augen zu lassen. „Du musst dir etwas anziehen. Sonst verwandelst du dich da oben noch in ein Eis am Stiel.“
„Nein, kein zweites Mal.“ Für einen langen Atemzug betrachtete er sie eingehend. Jede Einzelheit wollte er sich merken, alles sollte in seinem Gehirn eingebrannt sein. Währenddessen streichelte sie seine Wange. Es war offensichtlich, dass auch sie diesen Raum nicht verlassen wollte.
„Ich habe deine Sachen dort auf den Boden gelegt.“
Er lachte in sich hinein. „Ich weiß. Ich habe gesehen, wie du alles auf den Teppich geschmissen hast.“ Sanft küsste er sie. „Ich bin gleich unten.“
„Zuckerschnecke, ich …“
„Sag nichts mehr, Liebes. Wir werden einen Weg finden.“
Ihr rann eine Träne über die Wange. „Liebes. Du hast mich Liebes genannt.“ Ohne seine Antwort abzuwarten, verschwand sie.
Aber ihm war, als sei sie nicht besonders weit weg, denn er nahm noch ihren Duft nach Erdbeeren wahr. Ihr Blick brannte noch auf seiner Haut. Die Haut auf seiner Brust kitzelte, als hätte sie dort ein X eingeritzt.
William schmollte und wollte nicht zulassen, dass Lucien sie beide teleportierte. Stattdessen konnte er sich durchsetzen und hatte einen Hubschrauber bestellt, der sie an die Küste Grönlands brachte, wo das Land in das ewige Eis überging und viele Menschen einsam und allein auf Expeditionen ums Leben gekommen waren.
Diese fliegende Todesfalle konnte sie nicht nördlicher bringen, worüber Lucien sehr froh war. Weil die Luft so eisigkalt war, stotterte die Maschine die ganze Zeit. Er hatte Angst, sie würde im Flug einfrieren.
Lucien hätte sich hinausportieren können, bevor der Helikopter auf dem Eis aufsetzte
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