Die Herren der Unterwelt 02 - Schwarzer Kuss
Stimme klang durch den Kopfhörer so klar, als würde sie direkt in sein Ohr sprechen. Ihm wurde heiß.
William startete sein Schneefahrzeug und fuhr voraus, Lucien und Anya blieben dicht hinter ihm.
„Vielleicht sollte ich euch jetzt mal erzählen, dass eine Gruppe Männer den Polarkreis vor etwa … drei Tagen betreten hat“, informierte sie William über die Hörer. „Und ich hatte nicht das Gefühl, dass sie mich gesucht haben.“
Lucien wusste, dass William nun hämisch grinste, ohne dass er ihn ansehen musste. „Woher willst du das wissen?“
„Es waren Menschen. Und Menschenfrauen rühre ich nicht an.“
„Könnten es Jäger gewesen sein?“
Lucien bildete sich ein, durch das Visier sehen zu können, dass Anyas Augen vor Neugierde leuchteten. „Wahrscheinlich.“ Aber wie hatten sie erfahren, wo sie suchen sollten? Vor ihrem Treffen im Tempel hatten die Jäger sich beschwert, dass sie bei ihrer Suche nicht vorankamen.
Vielleicht sorgte Cronus dafür, dass sie die Informationen bekamen, überlegte Lucien. Wütend kniff er die Augen zusammen. Das würde Sinn ergeben – und das bedeutete nichts Gutes für die Krieger. „Wo befinden sie sich jetzt?“, fragte er.
William zuckte die Schultern. „Vielleicht sind sie tot, vielleicht sind sie in den Bergen.“
„Ich dachte, du würdest die Gegend hier beobachten, um den eifersüchtigen Ehemännern zu entgehen?“, fragte Anya. „Dann solltest du das doch wissen.“
„Vielleicht haben sie an meinen Kameras herumgepfuscht.“
Vielleicht. Vielleicht. Vielleicht.
Anya beugte sich nach unten, sofort wollte Lucien sie auffangen, aber sie hielt die Balance, und nahm eine Handvoll Schnee vom Boden auf, um William damit zu bewerfen. Die Klumpen trafen den Krieger in den Rücken. „Deine Einstellung passt mir nicht. So bekommst du dein Buch nicht wieder zurück.“
William fuhr weiter geradeaus, ohne sich umzudrehen. Wahrscheinlich hatte er das Gefühl, er verdiene die Strafe. Schnee und Eis wirbelten hinter seinen Schneeketten auf und sorgten dafür, dass die beiden anderen schlecht sehen konnten. Er saß sehr gerade und steif auf seinem Mobil, als erwarte er, jeden Moment angegriffen zu werden.
Irgendwas stimmte hier nicht. Lucien konnte nicht mit Gewissheit sagen, was es war, sondern nur raten. Aber es sah nicht gut aus …
Die Zeit verging nur langsam, während Anya das Gefühl hatte, die Zeit ranne ihr durch die Finger. Außerdem hatte sie Schmerzen. Ihr Rücken tat unglaublich weh, weil die schwere Tasche mit der Ausrüstung auf dem Gepäckträger des vierrädrigen Mobils wie erwartet gegen ihren Rücken schlug. Götter, wie sie das hasste! Sie hasste es, dass sie nicht wusste, wie es weiterging, und dass sie die Lage nicht überblicken konnte. Alles, was sie wusste, war, dass Lucien das Beste war, was ihr jemals passiert war. Und sie war sich sicher, dass William etwas vor ihr verbarg. Es ging ihr nicht gut damit.
Und falls … Lucien wirklich mit der Zeit schwächer werden sollte – was an mir liegt, dachte sie schuldbewusst – dann würde er nicht in der Lage sein, gegen Hydra zu kämpfen, auch wenn sie sie fanden. Er wäre einer großen Gefahr ausgesetzt. Es gab so viele Unwägbarkeiten. Aber Anya konnte den Gedanken nicht verdrängen, was wäre, wenn Lucien verletzt würde. Er liebte sie. Und das gab er unumwunden zu. Es war ihm ernst mit ihr. Wenn er ihr seine Liebe gestand, sprachen Zärtlichkeit und Freude aus seinen Worten, die ihr Herz und ihre Seele wärmten. Er liebte sie so, wie sie war und nicht ein Wunschbild, wie er sich eine Frau vorstellte.
Sie mussten Hydra finden, es führte kein Weg daran vorbei. Anya hatte sich früher überlegt, dass sie die Artefakte brauchte, um damit um ihr eigenes Leben feilschen zu können. Aber mittlerweile hatte sie umgedacht: Das könnte sie Lucien nicht antun. Stattdessen würde sie die Artefakte als Tauschobjekt für sein Leben benutzen.
Natürlich würde Cronus weiter versuchen, sie zu jagen, denn er würde den Schlüssel immer noch haben wollen. Es sei denn, sie würde ihn töten, was eigentlich eine ganz gute Idee war. Vielleicht sollte sie es einfach versuchen, überlegte sie und spitzte die Lippen. Wer war denn besser geeignet, den König der Götter zu töten als die Anarchie?
Lucien würde böse werden, wenn er gewusst hätte, was sie überlegte. Sicherlich wollte er nicht, dass sie sich in Gefahr brachte, auch wenn es zu seinem Besten sein würde. Zu ihrem Besten. Aber lieber
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