Die Herren der Unterwelt 02 - Schwarzer Kuss
ihren Stiefelschäften. Mit ausgebreiteten Armen wartete sie.
Einen Moment später sah sie Lucien durchgefrorenen und zitternd vor sich stehen. Seine Lippen waren blau vor Kälte und schmal vor Zorn. Auch seine Haare waren an den Spitzen gefroren, auf seinen Augenbrauen glitzerten Eiskristalle.
„Danke. Für den Strand, meine ich“, brachte er mit klappernden Zähnen hervor.
„Wie zur Hölle folgst du mir immer?“, wollte sie wissen. Mit vorgerecktem Kinn blitzte sie ihn unfreundlich an, um seinem hasserfüllten Blick zu begegnen.
Aus welchem Grund auch immer war er endlich so gnädig, ihre Frage zu beantworten. „Du hinterlässt energetische Spuren. Ich folge ihnen einfach. Hättest du dich im Club nicht zu erkennen gegeben, wäre mir das nicht möglich.“
Toll. Jetzt würde sie ihn niemals loswerden. Blöde Idee, dass sie unbedingt mit ihm hatte tanzen müssen. Sie hätte sich weiter im Schatten halten sollen. Ich ähnel meiner Mutter wohl mehr, als mir bisher klar war. „Ich werde es dir nicht leicht machen.“
Er schien sich ein wenig abzuregen, seine Lippen verzogen sich zu einer Art Lächeln. „Ich habe mir schon so etwas gedacht.“
Wie konnte er es in diesem Augenblick wagen, Humor zu zeigen? Sein Gesicht war unwiderstehlich und sehr sexy, wenn er lächelte. Wieso hatte er sich weder gestern noch am Tag zuvor so amüsiert?
„Ich habe es dir schon gesagt, und ich sage es dir noch einmal, ich möchte dir nicht weh tun.“
„Oh, na gut.“ Sie schüttelte den Kopf, und ihre hellen Haare fielen ihr über die Schultern. „Dann ist es ja okay. Mach einfach weiter wie geplant und töte mich.“ Ihr Ton war sarkastisch geworden.
„Anya.“
„Halt den Mund. Ich war immer nur nett zu dir, habe dir und deinen Freunden geholfen, und so dankst du es mir?“
Der Muskel unter seinem Auge fing wieder an zu zucken. Hatte sie da vielleicht einen wunden Punkt getroffen?
„Wenn ich könnte, würde ich die Umstände ändern. Ich würde …“
„Du kannst wählen. Du kannst verschwinden.“
„Kann ich nicht.“
„Egal, Darling. Lass es uns einfach hinter uns bringen, okay? Von dem ganzen Gerede bekomme ich Kopfschmerzen.“
Er runzelte die Stirn. „Du lässt mich also deine Seele holen?“
„Nein. Natürlich nicht. Ich dachte, ich hätte es dir schon erklärt, dass ich bis zum bitteren Ende kämpfen werde. Ich habe schon einmal einen Unsterblichen umgebracht, und ich würde es wieder tun. Das wird mir nicht schwerfallen.“
„Ja. Reyes hat mir von Aias erzählt.“ Lucien kam auf sie zu. „Warum hast du ihn getötet?“
Gelangweilt zuckte sie die Schultern, aber das war aufgesetzt. Die Erinnerung an den Streit mit Aias war alles andere als schön und verfolgte sie immer noch. Was hätte alles passieren können! „Er wollte mit mir ins Bett, aber ich wollte nicht. Allerdings hat ihn das nicht interessiert, also dachte ich mir, dass ihm ein Loch in der Brust ganz gut stehen würde.“
Lucien kniff die Lippen zusammen. „Ich hoffe, du hast es ihn ordentlich büßen lassen.“
Ihre Augen wurden groß. Okay, alles zurück. Ein Unsterblicher – ein Captain der Wachen – war froh, dass sie einen Elitekrieger getötet hatte? Das war ihr noch nie passiert. Diese Erkenntnis verwirrte sie so sehr, dass sie innehielt.
„Keine Sorge“, brachte sie trotz des Kloßes in ihrem Hals hervor.
Lucien ballte die Fäuste. Warum? Es war gleichgültig, dachte sie. Aber sie war froh, dass sie zur Abwechslung mal etwas anderes an ihm wahrnahm als seine bezaubernden Augen, die sie mit treuem Hundeblick anschauten.
„Es muss so nicht sein“, sagte er mit ausdrucksloser Stimme.
„Das hast du schon einmal behauptet. Aber jetzt sag ich dir mal was: doch, es muss so sein. Ich habe nicht vor, mich zu verbiegen, bloß weil neue Götter die Macht übernommen haben und es ihnen nicht passt, wie ich meine Dinge regle. Ich werde mich nicht verbiegen, bloß weil der neue Boss gierig ist und etwas von dem Kuchen abhaben will.“
Lucien kniff die Augen zusammen. „Was will er dir wegnehmen?“
Anya spitzte die Lippen. Sie ärgerte sich darüber, dass sie sich verplappert hatte. Natürlich musste Lucien beim letzten Teil ihres Satzes nachhaken. „Vergiss, was ich gesagt habe. Ich erzähle alle möglichen Sachen, wenn ich Angst habe. Erinnerst du dich daran, dass ich dir erzählt habe, dass ich gern lüge?“
„Du hast weder Angst vor mir noch vor sonst etwas. Ich wette, dass du dieses Mal nicht lügst.“ Er
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