Die Herren der Unterwelt 02 - Schwarzer Kuss
was man sät. Einen Moment später stand er direkt vor ihr, trat ihr die Füße weg und schubste sie zu Boden. Als sie mit dem Rücken aufschlug, entwich sämtliche Luft aus ihren Lungen, und ihr wurde schwindelig.
Als Nächstes spürte sie, wie er mit seinem ganzen Gewicht auf ihr lag. Da sie ihre Arme bewegen konnte, ballte sie die Fäuste und schlug ihm auf die Nase. Als das Blut anfing zu fließen, wandte er den Kopf ab. Aber sowohl die Blutgefäße als auch das Nasenbein erholten sich in Sekundenschnelle.
Er starrte sie an. „Kämpf wie ein Mädchen, verdammt noch mal“, sagte er und atmete flach. Nach einigen Versuchen war es ihm gelungen, ihre Handgelenke zu packen und festzuhalten.
So einfach hatte er sie festgesetzt. Aias hatte sie auch auf diese Weise festgehalten, aber nur einen Augenblick lang. Dann hatte sie ihn abgeschüttelt. Bei Lucien dagegen konnte sie sich keinen Zentimeter bewegen, egal, wie sehr sie sich auch abmühte. Und dennoch war sie nicht von derselben mörderischen Wut erfüllt wie bei Aias. Sie war erregt. „Du tust mir weh“, log sie.
Lucien beging den Fehler, ihre Handgelenke loszulassen. Dann schlug sie ihn, dieses Mal ins Auge. Der Knochen knackte, und das Gewebe schwoll sofort an – sie lachte. Ein Bluterguss färbte die Wange dunkel – sie lachte lauter, aber nicht lange, denn das Auge heilte bereits wieder.
„Du wirst dich nirgendwo hinzaubern“, stieß er hervor. Sein stechender Blick fixierte sie, und sein Rosenduft benebelte ihre Sinne. Es war ein Befehl, sich zu entspannen, endlich zu bleiben, wo sie war und sich ihm nicht länger andauernd zu widersetzen.
„Nein, ich werde bleiben“, versprach sie. Ich bin viel zu sehr damit beschäftigt, mir vorzustellen, wie ich meine Beine um deine Taille schlinge.“
Seine Pupillen weiteten sich, und er stöhnte auf. „Hör auf damit!“
„Womit soll ich aufhören?“, erwiderte sie unschuldig.
„Hör auf damit, solche Sachen zu sagen. Und hör auf, mich so anzusehen.“
„Du meinst, ich soll dich nicht länger so ansehen, als würde ich dich gleich auffressen?“
Er neigte kurz den Kopf zur Seite.
„Das schaffe ich nicht“, sagte sie mit einem breiten Grinsen.
„Doch, das kannst du. Du wirst aufhören.“
„Nur, wenn du aufhörst, so lecker auszusehen, erst dann gehorche ich dir.“ Doch während sie ihm dieses heißblütige Versprechen gab, arbeitete ihr Gehirn auf Hochtouren. Du bist eine Kämpferin, Anarchie. Du hast Unsterbliche besiegt, die stärker als der Tod waren. Die Spielchen sind vorbei.
Sie zwang sich, sich aus der erotischen Lage mit Lucien zu befreien und besann sich auf ihre Instinkte, die sie auch in den dunkelsten Tagen ihres Lebens bisher nicht im Stich gelassen hatten. Dann teleportierte sie sich hinter ihn – und Lucien fiel mit dem Gesicht voran in den Sand.
Es ging nicht anders. Als er hustend wieder hochkam, schickte sie ihn mit einem gezielten Tritt wieder zu Boden. Dann setzte sie sich rittlings auf ihn, schloss ihre Hände um seinen Unterkiefer und drehte seinen Kopf zur Seite, um ihm so das Genick zu brechen.
Aber auch er verschwand wie durch Zauberhand und erschien einige Meter von ihr entfernt vor einer Palme. Bevor sie sich besinnen konnte, lag sie selbst im Sand. Er kam nicht auf sie zu. Sobald Anya wieder auf den Füßen war, klopfte sie sich den Sand von den Knien. Die leichte Brise trug den Duft von Salzwasser vom Meer herüber, der sich mit dem Aroma von Kokosnüssen mischte. Rosen. Ich hätte ihn fast getötet, dachte sie geschockt.
„Wenn wir so weitermachen, wird niemand von uns gewinnen“, stellte er fest.
Sie grinste ihn an. „Ich gewinne auf alle Fälle.“
Er boxte mit einer Faust gegen den Baumstamm, sodass eine Handvoll roter Früchte aus der Krone fielen. „Es muss noch einen anderen Weg geben. Sicherlich gibt es eine Möglichkeit, deinen Tod zu umgehen.“
Seine Vehemenz sandte einen Schauder durch Anya. Sein plötzlicher Entschluss, sie zu retten, berührte sie. Sie seufzte. Dieser Mann schaffte es, sie innerhalb von Sekunden von einem emotionalen Extrem in das andere zu stürzen. „Wenn du daran denkst, Cronus um Gnade für mich zu bitten, dann vergiss es. Er wird seinen Entschluss nicht ändern, und er würde dich dafür bestrafen, dass du es versucht hast.“
Lucien breitete seine Arme aus – die Karikatur eines verzweifelten Mannes. „Warum tötet er dich nicht einfach persönlich?“
„Das musst du ihn selbst fragen.“ Sie zuckte die
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