Die Herren der Unterwelt 02 - Schwarzer Kuss
gab ihr keine Gelegenheit, darauf zu antworten. „Also hast du Cronus nicht links liegen lassen oder ihn betrogen?“
„Macht es einen Unterschied?“ Mit der Dolchspitze spielte sie in ihren Haaren, sodass die Klinge in der Sonne aufblitzte. „Hat das einen Einfluss auf deine Absicht, mich hinzurichten?“
„Nein.“
„Dann muss ich deine Frage auch nicht beantworten.“ Wenn er kein bisschen nachgab, würde sie es auch nicht tun.
Er strich sich mit der Hand durchs Gesicht und sah plötzlich sehr erschöpft aus. „Ich kann dir vielleicht einen Tag Zeit geben, um dich von deinen Lieben zu verabschieden.“
„Oh, wie großzügig von dir“, antwortete sie knapp. Doch ihre Ironie hielt nicht lange an. Sie ging in Gedanken die kurze Liste der Menschen durch, die ihr wichtig waren. Ihr Herz zog sich zusammen. Ihre Mutter. Ihr Vater. William, ihr einziger Freund. Wenn es Lucien gelang, sie zu besiegen, würden sie wahrscheinlich nie erfahren, was mit ihr geschehen war. Vielleicht würden sie sich Sorgen machen und nach ihr suchen. „Bist du zu allen deinen Opfern so höflich?“
Seine vollen Lippen wurden zu einem schmalen Strich. Seine Wangen trugen schlimme Narben, aber nichts konnte von seinen wunderbaren Lippen ablenken. Vielleicht lag es daran, dass sie wusste, wie weich sie sich anfühlten. Vielleicht weil sie sich ihren Weg direkt bis zu ihrer Seele gebahnt hatten.
„Ja“, sagte er endlich.
„Ich werde dein so großzügiges Angebot aber ablehnen, Schatz. Ich werde dich, denke ich, jetzt einfach umbringen, anstatt noch länger zu warten. Denn weißt du was? Deine Anwesenheit fängt wirklich an, mich zu stören.“
Er richtete sich auf, als sei er ein gewöhnlicher Mensch, nicht der fast gefühllose Krieger, den sie kannte. Beinahe hatte sie den Eindruck, sie habe ihn verletzt. „Na, wer von uns beiden ist jetzt unhöflich?“, fragte er trocken.
Glaubte er, sie sprach von seinen Narben? Dummchen. Aber wenn sie ihm geantwortet hätte, wäre es nur wieder zu einer Diskussion gekommen, deshalb fragte sie: „Und wie sollen wir es jetzt machen?“ Mit beiden Händen wirbelte sie die Dolche in die Höhe und fing sie dann wieder auf.
Er sah sie resigniert an. „Vergiss nie, du hast es dir so ausgesucht. Es war deine Entscheidung, nicht meine.“
„Du bist mir gefolgt, Sugar. Du hast es so gewollt.“
Kaum hatte sie den Satz beendet, baute er sich direkt vor ihr auf, sodass sich ihre Nasenspitzen fast berührten. Sie rang nach Luft und nahm dabei noch einmal seinen Rosenduft wahr. Er versuchte, ihr die Dolche aus den Händen zu ringen. Beim ersten überraschte er sie, aber beim zweiten war sie darauf vorbereitet, und es gelang ihm nicht. Im Bruchteil einer Sekunde portierte sie sich hinter ihn und trat ihm gezielt gegen den Kopf. Warum hatte sie ihm nicht einfach einen Dolch in den Rücken gestoßen?
Lucien stolperte nach vorn, fing sich aber wieder und drehte sich mit schmalen Augen zu ihr um.
„Ich habe gesehen, wie du jemanden umgebracht hast“, sagte sie und versuchte, möglichst unbeeindruckt zu klingen. „Ich kenne deine Bewegungen. Es wird für dich nicht so leicht sein, mich zu Boden zu ringen.“ Sie zauberte sich wiederum hinter seinen Rücken, aber nun war er geschickter und fuhr herum, um seinen Arm um ihre Taille zu schlingen und ihr den Dolch aus der anderen Hand zu schlagen. Fast stöhnte sie in seiner Umarmung auf, so überrascht war sie, wieder in seinen Armen zu liegen. Die Gewalttätigkeit tat ihrer Erregung keinen Abbruch. Nur zu gern ließ sie sich von ihm festhalten, denn sie spürte wieder seine … Erektion. Konnte das sein? Oh ja, Baby. Also gefiel es ihm auch, wenn sie mit ihm rang? Das war interessant. Aufregend. Und auf alle Fälle lecker.
„Wenn mein kleiner Lucien auch stark ist, tut es mir leid, dass ich schmutzig kämpfen muss“, fügte sie hinzu, bevor sie ihm das Knie zwischen die Beine rammte.
Unter Schmerzen krümmte er sich.
Während sie sich einige Meter von ihm entfernte, lachte sie in sich hinein. „Die kleine böse Anya wäre viel netter zu diesem Körperteil gewesen, wenn es die Umstände erlaubt hätten.“
„Zum letzten Mal, Weib, ich will dir nichts tun“, knurrte er. „Man zwingt mich dazu.“
Sie sah sich ihre Fingernägel an und gähnte. „Willst du jetzt mit mir kämpfen oder nicht? Es fängt an, langweilig zu werden. Oder warte: Bist du immer so schwach?“
Vielleicht hätte sie ihn nicht derart provozieren sollen. Man erntet,
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