Die Herren der Unterwelt 02 - Schwarzer Kuss
niemanden zu interessieren.“ Er log. Schon wieder. Normalerweise hasste er es zu lügen. Er streckte die Hand aus, um Ashlyn in die Nase zu zwicken, aber weil er Maddox knurren hörte, hielt er inne. Maddox mochte es nicht, wenn jemand seine Frau berührte. Niemals. Und zum ersten Mal verstand Lucien ihn. Er hasste den bloßen Gedanken, dass ein anderer Mann Anya berührte.
Idiot. Diese Frau verzückte alle mit ihrem Lächeln und ihrem perfekten Gesicht, und er konnte wetten, dass sie, wie ihre Mutter, mit Hunderten von Männern zusammen gewesen war. Ob sie diese Liebhaber nur für ihre Lust oder ihre Macht benutzt hatte, dessen war er sich nicht sicher. Es sollte ihm auch egal sein.
Was, wenn sie gerade in diesem Moment einen anderen Mann verführte, um sich so vor Lucien zu schützen?
Er hörte sich brüllen und fand sich vor der Wand wieder, auf die er immer wieder mit seinen Fäusten eindrosch, bis seine Knöchel schmerzten. Aus dem Augenwinkel sah er, wie Maddox sich vor Ashlyn schob.
Was machst du eigentlich? Anya kann sich sehr gut selbst beschützen. Sie braucht dazu keinen Mann.
Vielleicht war sie jetzt am Strand und fühlte sich ebenso allein und bedürftig wie er. Bei diesem Gedanken ließ sein Ärger ein wenig nach, auch wenn er dadurch unglaublich steif wurde. Aber so sehr er auch wünschte, daran zu glauben, wusste er doch, dass eine Frau wie sie nie einen Mann begehren konnte, der solche Narben wie er hatte. Auch wenn sie ihn unglaublich leidenschaftlich geküsst hatte. Wie viele Frauen hatten sich in den vergangenen Jahrhunderten von ihm abgewandt? Wie viele hatten das Gesicht verzogen, wenn er sich ihnen genähert hatte?
Es waren zahllose gewesen.
Und genau das hatte ihm gefallen oder gefiel ihm noch.
Tief einatmen, tief ausatmen, ermahnte er sich. „Wie geht es Torin?“, fragte er, um das Thema zu wechseln, während er hinüber zum Bett ging. „Es gefällt mir nicht, dass er so lange braucht, um wieder gesund zu werden.“
Ashlyn schob Maddox zur Seite. Er brummte zwar Unverständliches, ließ sie aber gewähren. „Ich glaube, ich habe herausgefunden, warum er so lange krank ist und sich nicht so schnell erholt wie ihr anderen. Er ist die Krankheit, oder? Nun, ich glaube, dass seine Zellen von dieser Krankheit befallen sind. Und sie müssen sowohl diesen Virus bekämpfen als auch dafür sorgen, dass die Wunde verheilt. Aber es geht ihm etwas besser. Er kann schon wieder alleine essen.“
„Schön. Das ist gut.“ Lucien hatte immer noch ein schlechtes Gewissen wegen des Kampfes, den Torin hatte durchstehen müssen. Er hätte dort sein sollen. Er hätte Torins Schmerzen spüren müssen.
Wenn die Jäger, die in die Burg geschlichen waren, Torins Haut nicht berührt und sich damit infiziert hätten, dann wäre Torin gestorben. Denn so waren die Jäger geschwächt gewesen und hatten ihn nicht umbringen können. Lucien war sich sicher gewesen, dass er ausreichende Vorsichtsmaßnahmen ergriffen hatte, um genau das zu verhindern, aber seine Vorbereitungen waren gescheitert. Lieber hätte er sich den Hals durchschneiden lassen, als dass seine Kampfgefährten litten.
„Und wie geht es Aeron?“
„Nun …“, Ashlyn zögerte und seufzte und biss sich auf die Lippe. „Nicht so gut.“
„Sein Blutdurst ist so stark, dass er angefangen hat, sich selbst zu verletzen.“ Maddox’ Stimme war ernst. „Nichts, was ich sage, dringt zu ihm durch. Er ist in düsterer Verfassung.“
Lucien rieb sich den Nacken. „Kommt ihr beide allein zurecht?“
„Ja.“ Maddox schlang die Arme um Ashlyns Taille. „Torin kann das Gelände auf seinen Monitoren überwachen, und jetzt, da mein Todesfluch aufgehoben ist, kann ich jederzeit weggehen, um uns zu verteidigen oder einfach, um uns Dinge zu besorgen.“ Er zog seine Frau näher an sich heran.
Lucien nickte. „Gut. Ich lasse Euch wissen, was ich herausgefunden habe.“ Er schwang die Tasche über seine Schulter. „Danke für die Blumen, Ashlyn.“ Ohne ein weiteres Wort zu sagen, teleportierte er sich auf die griechischen Kykladen.
Silberfarbene Steinmauern endeten in weißem Stuck. Das Haus, das er lange zuvor gekauft und eingerichtet hatte, war groß und luftig. Zahlreiche Säulen schmückten die Räume, und vor den Fenstern hingen zarte weiße Gardinen.
Er ließ seine Tasche fallen und trat hinaus auf die nächste Terrasse. Sie erstreckte sich fast bis zum Meer. Lucien hatte nie zuvor so klares Wasser gesehen. Es war spiegelglatt, ohne die
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