Die Herren der Unterwelt 02 - Schwarzer Kuss
Racheengel quälen würde. „Keine Angst“, beruhigte Anya sie. „Ich bin nur hinter den Bösen her. Sie dagegen brauchen sich vor mir nicht fürchten. Wir holen sie hier raus.“
So nett. Sogar Lucien war verzaubert.
Aus einem der Gänge hörte er Ächzen und irgendwelche Geräusche, dann einen gellenden Schmerzensschrei. Einen Bruchteil einer Sekunde später hallten aus einem anderen Gang Schreie von Menschen – Schreie, die schnell verstummten. Lucien sprang schützend vor Anya und bereitete sich auf einen Kampf vor, sollte jemand aus den Tunneln hervorkommen.
Aber dann stolzierte Paris aus einem der Räume, und Lucien entspannte sich wieder.
Paris war im Gesicht verletzt. „Meine zwei sind tot“, verkündete der Krieger stolz, wenn auch ein wenig geschwächt.
Amun kam aus einer anderen Richtung, von seinen Wangen troff Blut. Er sprach nicht, das tat er nie, aber er nickte. Er hatte seine Gegner ebenfalls ausgeschaltet.
Strider und Gideon kamen hinter ihm herein und grinsten. „Ich habe drei fertig gemacht“, erklärte Strider. Lucien bemerkte, dass er humpelte. „Zwar habe ich ein Messer in den Oberschenkel kassiert, aber der Sieg ist unser.“
„Ich bin gescheitert“, meinte Gideon.
„Ich nehme an, dass die Höhlen miteinander verbunden sind.“ Jetzt sah man Paris die Anstrengung an. Sein Gesicht schien nicht mehr ganz so perfekt. Der Kampf musste ihn einige Kraft gekostet haben. Normalerweise hätte er um diese Uhrzeit schon eine oder zwei Frauen gehabt. Er brauchte sie, um seinen Dämon der Vielweiberei zu besänftigen. Aber seit dem Flug gestern war er noch nicht zum Zuge gekommen.
Anya erhob sich von den Gefangenen und trat neben Lucien. Alle Krieger folgten ihr mit Blicken – und alle holten tief Luft. Aus Ehrerbietung? Erregung? Überraschung?
„Was zur Hölle macht sie denn hier?“, fragte Strider. „Und warum sollte eine niedere Göttin die Jäger bekämpfen …“
„Hey, ich bin keine niedere Göttin!“ Anya stampfte mit dem Fuß auf.
Lucien hatte keine Chance zu antworten. Der Tod machte sich in seinem Innersten bemerkbar. Ihn verlangte es danach, neue Seelen zu holen. Der Tod jammerte aber auch in Luciens Kopf, denn er wollte ebenso gern mit der hübschen Anya zusammenbleiben.
Welche Macht übte sie über diese Kreatur aus? Wie genau machte sie das?
„Ich werde zurückkommen.“ Lucien tauchte vollkommen in die spirituelle Welt ein. Er hätte seinen Körper in der realen zurücklassen können, aber er wollte nicht, dass die Krieger seine sterbliche Hülle bewachen mussten. Seine Freunde, sogar Anya, verschwanden aus seinem Blickfeld.
Er sah nur die Jäger, die auf dem Boden lagen, blutverschmiert und leblos. In ihren fast toten Körpern krümmten sich ihre Seelen und warteten auf ihn.
„Anya“, rief er. Lucien wollte sie nur ungern mit den Kriegern allein lassen. Man konnte nie wissen, was sie vorhatten, besonders Paris nicht.
Aber sie kam nicht. Sie war ihm bereits einmal in sein Reich gefolgt, dass wusste er, denn er hatte sie gespürt. Warum erschien sie jetzt nicht? Sie kann sehr gut auf sich selbst aufpassen. Das hast du mit eigenen Augen gesehen.
Schnell jetzt! Lucien war nicht für alle Seelen auf der Erde verantwortlich. Vielen war es sogar gestattet, auf der Erde zu bleiben und unsichtbar herumzuwandern. Lucien dachte bei sich, dass er verrückt werden würde, wenn er die ganze Zeit im Geisterreich sein müsste. Er konnte sich nicht vorstellen, pausenlos zwischen der Erde und dem Himmelreich hin-und herzureisen. Es war schon Belastung genug, dass er für diejenigen verantwortlich war, deren endgültige Ruhestätte feststand.
Er war sich immer sicher, wohin er die Seelen geleiten musste. Es war ein Gefühl in seinem Innersten. Manchmal sah er sogar mit an, wie die Person die letzten Minuten auf der Erde verlebte – es konnten Momente größter Grausamkeit oder unvorstellbarer Güte sein.
Lucien seufzte und betrachtete seine Opfer. Jeden von ihnen umgab eine schwarze Aura, die von ihrer Bestechlichkeit zeugte. Diese Männer würden sehr bald in den ewigen Flammen brennen. Das überraschte ihn nicht. Während einige Jäger es tatsächlich schafften, in den Himmel zu kommen, war er sich sicher, dass diese nicht zu ihnen gehörten. Diese waren zu fanatisch gewesen und hatten viele Unschuldige unberechtigter Weise gefoltert, um aus ihnen Informationen herauszupressen.
„Ist das der Friede, den du dir immer gewünscht hast?“ Lucien ließ sein
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