Die Herren der Unterwelt 02 - Schwarzer Kuss
einmal einen Hinweis darauf, ob sie tatsächlich existieren.“
„Deswegen haben uns diese Mistkerle hierher verschleppt“, fügte der Jüngere hinzu. „Damit wir ihnen helfen, sie zu finden.“
„Und sind sie weitergekommen?“, fragte Lucien.
„Nein.“ Der Jüngere schüttelte den Kopf. „Sie wurden nur jeden Tag frustrierter. Sie haben überall Helfer. Auf der ganzen Welt suchen Jäger nach den Artefakten. Auch wenn ich es mir anders wünschte, glaube ich nicht, dass es wirklich etwas zu finden gibt. Sonst hätten wir es schon entdeckt.“
Lucien hatte gewusst, dass die Jäger überall waren, aber er hatte nichts von der Existenz der Artefakte geahnt. Das war eigentlich seine Schuld. Sehr lange hatte er sich von der Welt zurückgezogen und sich damit zufriedengegeben, dass er ruhig in seinem Schloss lebte. An das Himmelreich erinnerte er sich nur mit Bitterkeit.
Cronus wollte die Artefakte unbedingt zurückhaben und war verzweifelt. Vielleicht konnte Lucien das zu seinem Vorteil nutzen. Er nahm sich vor, Sabin und die Krieger in Rom zu besuchen, um sie darüber zu informieren. „Ist das alles?“, fragte er die Männer.
Beide nickten müde.
„Wir sind Ihnen dankbar für diese Informationen. Wir bringen Sie jetzt nach Hause.“ Lucien griff nach ihren Handgelenken.
„Unser Haus steht in Athen“, sagte der jüngere Mann mit zitternder Stimme. Aus seinen Worten klang Hoffnung. „Wir leben zusammen, und wir können allein nach Hause finden.“
Tränen der Erleichterung rannen über die Wangen des alten Mannes.
„Danke. Sind Sie … einer von ihnen? Von den Unsterblichen? Sie sind vorhin einfach verschwunden.“
„Geben Sie mir Ihre Adresse“, sagte Lucien und ignorierte die Frage. „Ich bringe Sie hin.“
Als der Alte ihm die Adresse mit leuchtenden Augen mitteilte, teleportierte Lucien sie dorthin.
Überraschenderweise wartete Anya in dem Haus. „Ich werde ihre Erinnerungen ausradieren“, bemerkte sie gleichmütig. „Sie werden sich weder an die Jäger noch an die Lords erinnern.“
Lucien freute sich, sie zu sehen, und dass sie immer noch vorhatte, ihm zu helfen. Dennoch teleportierte er sich zurück auf die Insel, ohne ein Wort mit ihr zu wechseln. Denn eins hätte zum anderen geführt, und dann hätte er sie nur angefleht, ihn zu küssen, ihn zu berühren und damit Cronus herausgefordert. Ich werde sie nicht töten. Ich werde dich töten. In diesem Moment war es Lucien gleichgültig, welche Flüche Cronus ihm und seinen Freunden auferlegen würde. Ihm war es egal, dass der König der Götter sie alle bis ans Ende Zeit leiden lassen konnte.
Ohne Anya würde er sowieso leiden.
6. KAPITEL
Rasier mir den Kopf“, murmelte Anya mürrisch. Wie würde Lucien reagieren, wenn sie es tatsächlich tun würde? Wenn sie ihm demnächst mit einer Glatze entgegenträte? Wahrscheinlich würde er sie „hässlich“ und „leichtgläubig“ nennen und ihr noch vehementer widerstehen. „Mistkerl.“
Und doch vermisste sie ihn irgendwie, auch wenn es absurd war.
Sobald er das Geisterreich betreten hatte, um die Seelen abzuholen und sie zur Hölle zu begleiten, hatte sie sich in die Häuser der Sterblichen teleportiert. Sie wusste, dass er dorthin kommen musste. Als sie ihn sah, war sie aufgewühlt. Am liebsten hätte sie sich ihm an den Hals geworfen, so froh war sie, dass er gesund war. Die Wunden in seinem Gesicht und an seinem Hals waren schon wieder verheilt. Ihr war es nur gelungen, sich zurückzuhalten, weil sie ihre Gefühle vollkommen unterdrückt hatte.
Schließlich kehrte sie niedergeschlagen zu ihrem Strand auf Hawaii zurück, zog sich ihren weißen Lieblingsbadeanzug an und brach zu einem Spaziergang auf. Sie schlenderte an der Wasserkante entlang. Der Sand glitzerte bis zum Horizont. Ihre langen, nassen Haare fielen ihr über Schultern und Rücken, und sie genoss die heißen Sonnenstrahlen auf ihrer Haut.
Die Wellen rollten sanft über den rosafarbenen Sand. Nun kamen ihr wieder ihre Gefühle in den Sinn, die sie in jenem Moment nicht zugelassen hatte.
Ich wollte ihm nur helfen.
Und was hatte sie von ihrer Großzügigkeit gehabt? Er hatte vorgegeben, sie zu begehren, hatte sie sogar an sein Bett gefesselt – und war danach verschwunden. Das tat immer noch weh. Sie war verrückt nach ihm, doch er hatte nicht schnell genug wieder von ihr wegkommen können. Ich bin so eine Idiotin.
Warum fiel es ihr so schwer, ihn zu vergessen?
Bisher hatte kein Mann einen derartigen Einfluss
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