Die Herren der Unterwelt 02 - Schwarzer Kuss
flüsterte Lucien.
Obwohl er sie nicht sehen konnte, streckte sie ihm die Zunge heraus. Sie schmollte, denn das waren die einzigen Worte, die er im Laufe der Woche zu ihr gesagt hatte. Sollte er sie noch einmal aussprechen, plante sie, direkt vor ihm aufzutauchen, ihm eine runterzuhauen und dann sofort wieder zu verschwinden.
„Ich meine es ernst.“
Er wusste immer, wenn sie da war. Er hatte ihr gestanden, dass er sie riechen könne. Sie freute sich darüber, denn es bedeutete, dass er sie immerhin wahrnahm. Sie war auch jetzt noch froh darüber, wenn das auch hieß, dass sie ihn nicht mehr überraschen konnte.
In diesem Moment stand ihr Krieger in dem Tempel aller Götter und schaute sich die nackten Steinwände sehr genau an. Er und die anderen Lords waren jeden Tag hergekommen. Ihre Entschlossenheit, etwas über die Artefakte herauszufinden, war erstaunlich, wenn man bedachte, dass sie kaum etwas finden würden und sie das auch wussten.
Kein Wunder, dass ich ihn so begehrenswert finde.
Sich noch länger bei Lucien aufzuhalten, war dumm und gefährlich. Doch dieser Gedanke verstärkte bei Anya nur noch das Gefühl, ihn zu wollen. Wenn sie sein Schmetterlingstattoo sah, kamen ihr alle möglichen schmutzigen Gedanken. Sie dachte daran, die Konturen stundenlang mit ihrer Zunge nachzuzeichnen. Oder während sie darüber strich, seinen Schaft in den Mund zu nehmen. Oder mit dem Finger Schokoladensoße darauf zu verteilen und Lucien als Nachtisch zu verspeisen.
Wahrscheinlich würde er sie mit seinem Dolch erstechen, falls sie ihm nur eine dieser Ideen vorschlug. Nie zuvor hatte sie einen Mann kennengelernt, der so wenig Selbstsicherheit hatte und stärker mit Ablehnung reagierte, wenn eine Frau versuchte, ihm zu sagen, dass sie ihn begehrte. Warum sahen die anderen denn nicht, wie unglaublich sexy er war? Wie wild er war? Wie er ihre weiblichen Instinkte in jeder Hinsicht ansprach?
Noch einmal beugte sich Lucien hinab und fuhr mit den gespreizten Fingern durch Steine und Sand in der Hoffnung, irgendetwas zu finden. Seine Haut reflektierte die Sonnenstrahlen. Verdammt noch mal. Er gehört mir.
„Geh weg, Anya“, wiederholte er.
Grrr! Sie erschien vor ihm. Aber anstatt ihren Plan auszuführen und ihn ins Gesicht zu schlagen, setzte sie sich auf einen Felsblock neben ihn. Wieder trug er kein Hemd. Seine Haut war durch die Sonne leicht gerötet, an einigen Stellen rau und aufgesprungen.
Er sah sie nicht an. „Ich habe gesagt, du sollst fortgehen.“
„Es ist mir egal, was du sagst. Ich werde dir nicht gehorchen. Du bist schließlich nicht mein Vater. Es sei denn, du legst es darauf an, mir Befehle zu geben, weil ich ein böses Mädchen war und Schläge verdient habe.“
Lucien stöhnte gequält auf. „Anya, bitte.“ Ihm lief der Schweiß den Rücken hinunter und hinterließ hie und da eine Spur auf seinen Narben.
Anya streckte die Hand aus, um eine seiner Narben zu streicheln, hielt aber inne, als sie die Stimme eines der Krieger hörte.
„Lucien. Deine Frau …“ Es war Paris’ Stimme. Er klang sogar noch angespannter als jemals zuvor. Hier draußen bekam er sonst wohl keine Frau zu Gesicht. Der Ärmste. Ohne Sex ging es Paris nicht gut. Und er konnte nie ein zweites Mal mit derselben Frau schlafen. Sein Dämon der Vielweiberei ließ es nicht zu.
Anya kannte die Belastung, die so ein Fluch mit sich brachte und bemitleidete ihn. Während ihr Fluch genau das Gegenteil hervorrief, nämlich dass sie niemals bis zum Schluss ging, sorgten die beiden Unsegen dafür, dass sie keinen freien Willen hatten. Es war grauenvoll.
Nichts kann mich an dem, was ich tun will, hindern, bis auf diesen Fluch, dachte sie traurig. Schon bevor sie die Fähigkeit erlernt hatte, ihre Grenzen zu überwinden, hatte sie unter diesem Fluch zu leiden gehabt. Sie konnte ihm nicht entkommen.
Wieder schaute sie Lucien an und ließ die Schultern hängen. Nein, es gab keinen Ausweg, auch wenn sie es gern anders gehabt hätte.
„Bleib da, wo du gerade bist“, rief Lucien Paris zu. „Ich kümmere mich um sie.“
Er kümmert sich um mich? Sie wusste nicht, ob sie darüber erfreut oder erbost sein sollte. „Warum hast du etwas dagegen, dass deine Freunde herkommen und mit uns spielen?“
Aus zusammengekniffenen Augen sah er sie ganz kurz an und dann sofort wieder weg. Doch der Blick dauerte lange genug, um zu spüren, dass sie feucht wurde, sobald er ihr in die Augen sah. In ihrem Bauch kribbelte es, und ihre Haut prickelte. Er
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