Die Herren der Unterwelt 02 - Schwarzer Kuss
überrascht. Sie wusste selbst nicht, was sie als Nächstes von ihm zu erwarten hatte. Eine Entschuldigung vielleicht? Diese Frage auf alle Fälle nicht. Erstaunlich. „Nur wenn ich allein war“, gab sie freimütig zu, ohne sich dabei zu schämen. „Ich weiß nicht, ob Finger auch schon zählen, jedenfalls habe ich einen Mann nie unter die Gürtellinie gelassen.“
„Vertraust du mir, wenn ich dir sage, dass ich nicht in dich eindringe?“
„Ich … vielleicht.“ Dummes Mädchen! Du solltest ihm kein Stück trauen.
Sein Blick strahlte plötzlich ein seltsames Feuer aus. „Zieh dich für mich aus, Anya. Ich werde nicht in dich eindringen, das schwöre ich dir. Aber ich möchte dich so gern anfassen. Ich muss dich einfach berühren.“
Bevor sie ihm antworten konnte, war er verschwunden. Deshalb stürzte sie mit dem Gesicht flach auf die Matratze. Sie rang nach Luft und drehte sich auf den Rücken. Dieser Mistkerl!
Da erschien er wieder und lag auf ihr. Er war nackt.
Sie holte tief Luft und wartete darauf, dass er versuchte, in sie einzudringen, wie es Aidas getan hatte. Panik überkam sie, aber er rührte sich nicht, und dieser Moment ging vorbei. Allmählich beruhigte sie sich. Dann konnte sie sich wieder auf Lucien konzentrieren. Sie nahm wahr, wie herrlich sich sein Gewicht auf ihrem Körper anfühlte und wie verführerisch seine nackte Haut war.
„Lass mich“, sagte er.
„Ich … ich …“ Sie schluckte. Dass er ihr Vergnügen bereiten wollte, und sie die Konsequenzen nicht fürchten musste …
„Lass mich dich spürten, ohne dass ich in dich eindringe“, murmelte er, während er an ihrem Nacken schnupperte. „Bitte, ich möchte dich schmecken.“
Von allen Männern, die sie kannte, sollte sie Lucien am wenigsten trauen. Aber Götter, wie sehr sehnte sie sich danach, seinen Mund auf ihrer Haut zu spüren. Sie wollte endlich mit einem Mann zum Höhepunkt kommen. Mit diesem Mann. Und nur mit ihm.
Inzwischen war sie wild entschlossen. Sie sprang auf und zog sich so schnell aus wie sie konnte. Währenddessen warf sie Lucien heiße Blicke zu. Dann legte sie sich neben ihn. Er war auf dem Bett ausgestreckt, sein ganzer Körper bot sich ihr da. Die Narben reichten von seinem Gesicht bis hinunter zu seinem rechten Bein.
Licht fiel durch ein Oberlicht und beleuchtete seinen ganzen Körper. Es gab so viel zu sehen … und zu berühren. Er wirkte, als sei samtige Haut über stahlharten Muskeln gespannt worden. Er hatte keine Haare auf dem Oberkörper und nur sehr wenige auf den Beinen. Das schwarze Schmetterlingstattoo faszinierte sie und schien sich ihr entgegen zu wölben. Sie musste es berühren.
Anya streckte die Hand aus und fuhr mit den Fingerspitzen die Umrisse nach. Das hatte sie schon tun wollen, seitdem sie das Tattoo zum ersten Mal gesehen hatte. Hitze durchströmte sie. Lucien musste dasselbe fühlen, denn er reckte sich ihr entgegen und stöhnte.
„Das wollte ich schon so lange machen“, gab sie zu.
„Und ich habe mich danach gesehnt, dass du es tust.“
Auch die Narben fuhr sie mit der Fingerspitze nach. „Woher hast du sie?“
„Ich habe mich mit einer vergifteten Klinge geschnitten“, erklärte er nach einem kurzen Zögern. „Und ich habe mir Verbrennungen zugefügt. Wenn die Wunden heilten, habe ich sie wieder geöffnet. Immer wieder.“
Götter! Die Schmerzen, die er gehabt haben musste … „Wolltest du sterben?“
„Vielleicht zu Anfang. Die Frau, die ich geliebt habe, war gestorben. Und ich war derjenige, der ihre Seele in den Himmel begleiten musste.“
War er in sie verliebt gewesen? Anya gefiel der Gedanke nicht, aber die Vorstellung, wie sehr er gelitten hatte, war noch viel schlimmer. „Es tut mir leid, dass du jemanden verloren hast, der dir so nahe gestanden hat.“
Er nickte. „Als mir klar war, dass ich überleben würde, habe ich zu den Göttern gebetet, dass die Narben bleiben. Und jemand muss mein Gebet erhört haben – wer es war, weiß ich nicht. Jedenfalls verheilten die Wunden irgendwann nicht mehr spurlos.“
Es klang danach, dass es vielleicht Anyas Mutter gewesen war, die dieses Gebet beantwortet hatte, denn körperliche Gebrechen trotzten der natürlichen Ordnung der Unsterblichkeit. „Warum wolltest du das? Warum hast du dafür gebetet? Ich meine, ich bin nur neugierig.“
„Ich wollte, dass die Narben blieben, damit mich keine Frau mehr ansieht. Damit ich niemals mehr in Gefahr gerate, mich zu verlieben. Ich wollte die Narben, damit
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