Die Herren der Unterwelt 04 - Schwarzes Flüstern
panisch mit den Armen. Obwohl er nicht älter war als fünfundzwanzig, war er dennoch der Anführer der Wärter und Wissenschaftler hier. Er war der Mann, den sie mehr hasste als die Gefangenschaft.
„Alles, was ich tue, tue ich für das Allgemeinwohl.“ Das hatte er am liebsten gesagt – kurz bevor er eine der anderen Frauen direkt vor ihren Augen vergewaltigt hatte. Er hätte sie auch künstlich befruchten können, aber er hatte es vorgezogen, sie durch den erzwungenen Geschlechtsakt zu erniedrigen. „Ich wünschte, ich hätte dich vor mir“, hatte er oft hinzugefügt. „Jede dieser Frauen ist nur ein Ersatz für dich.“
Trotz seines Verlangens hatte er sie nie angerührt, weil er sich zu sehr vor ihr gefürchtet hatte. Genau wie die anderen. Sie wussten, wen sie vor sich hatten. An dem Tag, als die Männer Gwen entführt hatten, hatten sie sie in Aktion gesehen. Eine Frau braucht nur aus Versehen ein paar Menschen zu Tode zu prügeln, und schon hat sie ihren Ruf weg, dachte Gwen. Anstatt sie zu töten, hatten sie sie eingesperrt und mit verschiedenen Drogen im Belüftungssystem experimentiert, in der Hoffnung, sie lange genug außer Gefecht setzen zu können. Bisher hatten sie zwar keinen Erfolg gehabt, aber auch nicht aufgegeben.
„Sabin, nicht“, sagte eine hübsche dunkelhaarige Frau und legte dem rotäugigen Krieger die Hand auf die Schulter. Ihr Tonfall war so bedrückt, dass Gwen sich krümmte. „Wie du uns gesagt hast: Wir brauchen ihn vielleicht noch.“
Sabin. Ein starker Name. Hatte was von einer Waffe. Passte zu ihm.
Ob die beiden ein Paar waren?
Endlich nahm er den vereinnahmenden Blick von ihr, und sie konnte wieder atmen. Sabin ließ Chris los, und der Bastard fiel bewusstlos zu Boden. Dass er noch lebte, wusste Gwen, weil sie das Blut durch seine Adern und die Luft in seinen Lungen rauschen hörte.
„Was sind das für Frauen?“, fragte ein blonder Krieger. Er hatte funkelnde blaue Augen und ein schönes Gesicht, das Leidenschaft und Sicherheit ausstrahlte. Aber er war nicht derjenige, neben dem sich Gwen in Gedanken plötzlich zusammenrollte und friedlich schlief. Tief. Sicher. Endlich.
All die Monate hatte sie Angst gehabt zu schlafen, weil sie gewusst hatte, dass Chris darauf gelauert hatte, sie in einem günstigen Moment zu vergewaltigen. Deshalb hatte sie immer nur kurz und leicht geschlummert, ohne jemals ihre Deckung aufzugeben. Manchmal hatte sie sich dazu zwingen müssen, sich nicht einfach dem bösen Mann hinzugeben, um als Gegenleistung endlich die Augen schließen und im schwarzen Vergessen versinken zu können.
Ein schwarzhaariger Mann mit violetten Augen trat vor und betrachtete die Zellen rings um Gwens. „Gütige Götter. Die dort drüben ist ja schwanger.“
„Diese auch.“ Der diese Worte sprach, hatte bunte Haare, blasse Haut und so stahlblaue Augen wie sein blonder Freund, nur dass er dunklere Schatten um die Augen hatte. „Welche Bestien halten denn schwangere Frauen unter solchen Bedingungen gefangen? Das ist erbärmlich, sogar für Jäger.“
Die gefangenen Frauen schlugen gegen das Glas und flehten um Hilfe, darum, befreit zu werden.
„Kann irgendwer hören, was sie sagen?“, fragte der Berg von einem Mann.
„Ja, ich“, erwiderte Gwen, ohne lange zu überlegen.
Sabin drehte sich zu ihr um. In seinen braunen Augen loderte es nicht mehr rot. Er taxierte sie, prüfte sie mit seinem Blick.
Ein Schauer rieselte ihr den Rücken hinab. Konnte er sie hören? Ihre Augen wurden größer, als er zu ihrer Zelle herüberkam und dabei sein Messer in die Scheide steckte. Durch ihre hochsensiblen Sinne nahm sie einen leisen Hauch Schweiß, Zitrone und Minze wahr. Gwen atmete tief ein und genoss jede Nuance dieses Dufts. Monatelang hatte sie nichts als Chris und sein aufdringliches Aftershave gerochen, seine beißenden Drogen und die Angst der anderen Frauen.
„Du kannst uns hören?“ Sabins Stimmfarbe war genauso rau wie sein Gesicht und hätte ihre Nerven eigentlich wie Sandpapier aufreiben müssen, aber aus irgendeinem Grund beruhigte sie sie wie eine Liebkosung.
Zögerlich nickte Gwen.
„Und sie?“ Er zeigte auf die anderen Gefangenen.
Sie schüttelte den Kopf. „Kannst du mich denn hören?“
Nun schüttelte er den Kopf. „Ich lese von deinen Lippen.“
Oh. Das bedeutete, dass er sie die ganze Zeit intensiv beobachtet hatte, sogar als sie es nicht bemerkt hatte. Es war ihr nicht unangenehm.
„Wie bekommen wir das Glas auf?“, wollte er
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