Die Herren der Unterwelt Bd. 8 - Schwarze Niederlage
gesucht, sich und den Jägern die Zweiadrige Rute zu sichern. Deshalb hat die Königin vor einigen Monaten versprochen, mich an Juliette zu übergeben, wenn es ihr gelingen sollte, meiner Mutter die Rute zu stehlen. Denn sie ist die Gorgone, deren Aufgabe es war, sie zu bewachen. Juliette hat die Gelegenheit sofort beim Schopf gepackt.
Aber gierig, wie diese Hexe ist, hat sie beschlossen, die Rute und mich zu behalten, nachdem sie erfahren hatte, was das Ding alles kann. Sie tötete meine Mutter und hatte vor, eine Replik von der Rute anfertigen zu lassen, die sie dann gegen mich eintauschen wollte. Aber Rhea und die meisten Mitglieder ihrer Armee sind kurz vor ihrem Treffen verschwunden, sodass Juliette mich einfach aus meiner Zelle holen konnte – und zwar ganz ohne Gegenleistung. Und ohne Hindernisse.“
„Warum bist du eigentlich eingesperrt worden?“
Scham flackerte in seinen Augen auf. „Die ehemalige Götterkönigin Hera hatte Gefallen daran, sich eine Menagerie an Männern zu halten. Ich hatte gehört, dass mein Vater, der dazu verdammt war, den Schlaf der Toten zu schlafen, von ihr festgehalten wurde. Deshalb habe ich mich selbst fangen lassen in der Hoffnung, ihn zu retten. Aber ich habe ihn nicht gefunden, und dann konnte ich nicht mehr entkommen.“
Den Schlaf der Toten. Das hieß, dass Typhon lebte und alles mitbekam, jedoch unfähig war, aus dem Bett aufzustehen. Das war dieser Kreatur also widerfahren. „Tut mir leid“, hörte Strider sich sagen. Er hatte auch traurige Geschichten auf Lager, aber nichts war vergleichbar mit dem Leid, das Lazarus ertragen musste.
Er hatte gewusst, dass die Zweiadrige Rute in den falschenHänden großen Schaden anrichten würde, aber er hatte nicht gewusst, wie gefährlich sie wirklich sein könnte. Und jetzt wusste er auch noch, warum die Jäger Kaia und ihren Schwestern aufgelauert hatten. Nach Rheas Verschwinden hatte Juliette sich mehr genommen als nur die Zweiadrige Rute; sie hatte das Kommando über die Jäger übernommen. „Was ist mit Galen passiert? Rheas rechter Hand?“ Bestimmt hätte er auch dazu etwas zu sagen.
„Galen ist der Hüter von Hoffnung ?“ Auf Striders Nicken hin fuhr er fort: „Der Krieger ist kurz vor Juliettes Ankunft aufgebrochen. Aber ich weiß nicht wohin.“
Aha. Galen war also irgendwo da draußen. „Und wo ist die Rute jetzt?“
„Ich habe sie.“
Entschlossen sah Strider ihn an. Schließlich hatte er sich doch noch von der Dringlichkeit des Kriegers anstecken lassen. „Wo ist sie?“
Lazarus wirkte gelangweilt. „Ich habe jetzt die Fähigkeit, Gegenstände in meiner unmittelbaren Nähe zu verstecken. Sie ist hier. Bei mir.“
Die Augen weit aufgerissen sah Strider sich um. Er tastete die Luft rings um die Schultern des Kriegers ab. Er fand nichts anderes als Körperwärme, aber er wusste, dass die Rute hier war. So nah, dass er sie während ihrer Unterhaltung vermutlich gestreift hatte. Das Herz schlug ihm hart gegen die Rippen.
„Gib sie mir. Sofort“, sagte er. Dann erinnerte er sich daran, was Kaia vor nicht allzu langer Zeit zu ihm gesagt hatte, und hielt inne.
Wenn er die Rute stehlen würde, bedeutete es für sie, vor den Augen ihrer Leute erniedrigt zu werden. Abgesehen von der Zeit, in der sie ohnmächtig oder krank gewesen war und sich wegen ihrer Verletzungen vor Schmerzen gekrümmt hatte, hatte sie unentwegt davon gesprochen, sie selbst zu stehlen. Weshalb er davon ausging, dass sie genau das vorhatte. Seinetwegen. Er hätte fortgehen sollen – ihretwegen –, doch erkonnte nicht. Zu viele Leben standen auf dem Spiel. Ich werde einen Weg finden, mich bei ihr zu revanchieren, sagte er sich. Ganz bestimmt.
Die schwarzen Augen des anderen Mannes wurden matt. „Ich … kann nicht.“
„Einen Dreck kannst du. Hol sie schon aus der Scheißluft. Wie am ersten Abend bei der Orientierungsveranstaltung.“
„Ich kann nicht“, wiederholte Lazarus.
„Warum nicht?“ Seine Stimme peitschte wie ein Blitz.
„Weil ein Teil meiner Seele in der Rute gefangen ist. Ich kann nichts tun, was Juliette mir verboten hat. Es geht einfach nicht, egal, wie sehr ich mich bemühe. Und glaub mir, ich habe mich bemüht. Das ist der einzige Grund, warum sie mir die Rute anvertraut hat. Und deshalb werde ich auch sterben, ehe ich irgendwem erlauben kann, mir die Rute wegzunehmen.“
Strider zog ein Messer aus dem Halfter an seinem Knöchel. „Ich will nicht gegen dich kämpfen.“
Sein Gegenüber reckte stur das
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