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Die Herren der Zeit

Die Herren der Zeit

Titel: Die Herren der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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gewesen.
    »Das letzte Mal, als ich hier war«, meinte da auch schon Burin, »war das alles voll von Büchern.«
    Talmond hielt es nun nicht länger. »Was schwatzt dieser Zwerg?«, knurrte er. »Bücher? Hier gibt’s keine Bücher nicht.«
    Von oben hörte man das Splittern von Holz. Die Stadtwache war wieder da, und sie hatte Verstärkung mitgebracht.
    »Keine Zeit, keine Zeit«, drängte Ilona. »Helft mir, das Fass hier …«
    Gilfalas hatte bereits angepackt; trotz seiner schlanken Gestalt war er erstaunlich kräftig, wenn er die Hebelwirkung seiner langen Arme einsetzen konnte. Er rollte das große Fass beiseite, das in der Ecke stand. Doch wer eine geheime Tür dahinter erwartet hatte, sah sich enttäuscht. Auf allen Seiten war nichts als nacktes Mauerwerk.
    »Die Luke!«
    Die Falltür im Boden war von derselben Farbe wie die festgestampfte Erde und so von Schmutz bedeckt, dass sie im Dämmerlicht kaum auszumachen war, wenn man nicht genau wusste, wonach man suchte. Das Einzige, was aus dem Boden herausragte, war ein metallener Ring, grün vor Alter. Burin griff danach. Mit einer einzigen Kraftanstrengung wuchtete er ihn hoch.
    Das Quietschen und Ächzen der eingerosteten Angeln wurde übertönt von dem Krachen und Splittern, das von oben herunterdrang.
    »Hat jemand daran gedacht, die Kellertür zu schließen?«
    »Geschlossen und verriegelt!«, meldete Gorbaz. Der Bolg hatte offenbar trotz der wilden Flucht die Übersicht behalten.
    »Und wohin führt dieser Weg?«, fragte Aldo und streckte neugierig den Kopf vor.
    Ein Schwall fauliger Luft wehte aus der Tiefe hinauf, und unten am Grunde des Schachtes sah er etwas blinken, in einem fahlen Schimmer, der von irgendwoher hereindrang.
    »Ist es das, was ich vermute?«, beantwortete er seine eigene Frage mit einer Gegenfrage.
    »Der Abwasserkanal«, erklärte Ilona. »Er führt geraden Wegs zum Fluss. Aber wenn die Herren sich zu fein sind, dann können sie es itzo mit den Stadtwachen aufnehmen.«
    Burin runzelte die Stirn. »Wir haben da kein Problem. Aber ob unser dicker Freund da durchpasst, da habe ich meine Zweifel.«
    »Ich bin nicht dick«, wollte Talmond aufbegehren, ehe er merkte, dass er gar nicht gemeint war.
    Gorbaz hatte bereits begonnen, seinen Rucksack abzuschnallen. Er legte den Kriegshammer darauf, den er aus der Zwergenfestung mitgenommen hatte. »Halt das mal!«, sagte er zu Aldo, dem unter der Last die Knie nachgaben. Dann ließ er sich, mit den Beinen voran, in den Schacht ab.
    Das erste Stück ging es problemlos. Die Arme und Knie gegen die Wände gestemmt, konnte er sich Stück für Stück tiefer hebeln, wie ein Bergsteiger in einem Felskamin. Dann wurde es eng. Schließlich hatte er keine andere Wahl mehr, als sich einfach fallen zu lassen. Er rutschte noch ein Stück tiefer, dann kam die Bewegung zum Stillstand.
    »Reicht«, rief er rauf. »Fast. Jemand muss drücken, von oben.«
    »Ich bin klein und schwer«, meinte Burin und schwang sich in die Öffnung.
    Es gab ein kleines Gerangel, als der Zwerg auf Gorbaz’ Kopf landete. Dann fanden seine Füße die Schultern des Bolgs. Beide Hände gegen die Wände des Schachtes gestemmt, stieß der Zwerg mit seinen Beinen kraftvoll nach unten.
    Wie ein Korken, der durch einen Flaschenhals gedrückt wird, schoss der Bolg hinab, und Burin folgte ihm mit kaum geringerer Geschwindigkeit.
    »Wir sind durch!«
    Gilfalas folgte als Nächster. Die Nase gerümpft, ließ er sich so delikat wie ein großes Insekt in die Tiefe, als sei dies alles irgendwie unter seiner Würde.
    Aldo zögerte einen Moment. »Spring!«, rief Burin von unten. »Wir fangen dich auf.«
    Talmond und Ilona standen eng umschlungen.
    »Komm mit«, sagte er. »Draußen in den Wäldern finde ich schon einen Platz für dich.«
    Sie lachte. »Und das hier alles aufgeben? Ein warmes Bett, ein Essen jeden Tag? Geh du – aber komm wieder, ja?«
    »Und wenn sie kommen, was wird dann mit dir?«
    »Wer dich Hengst gekannt hat, hat keine Angst vor irgendwelchen Männern – oder Bolgs!«
    Talmond wollte sie küssen; in dem Augenblick sah er Aldo da stehen und starren.
    »He, was ist mit dir? Spring!«
    Aldo ließ zuerst Gorbaz’ Gepäck nach unten fallen, dann sprang auch er.
    Er sauste in die Tiefe, und ehe er sich versah, fingen starke Hände ihn auf. Wasser platschte. Er stand bis zu den Knien in einer fauligen, übel riechenden Brühe, die sich träge ihren Weg durch die Rinne eines gemauerten Kanals suchte.
    Das Gewölbe war gerade so

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