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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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sollte. Das Komitee schlug vor, Deutschland solle mit 250 Millionen Dollar im ersten Jahr beginnen und die Summe bis zum Ende des Jahrzehnts allmählich auf 600 Millionen Dollar jährlich steigern. Nach einer Berechnung, die auf plausiblen Annahmen über den Gesamtzeitraum der deutschen Zahlungsverpflichtungen aufbaute, bestand der praktische Effekt des Dawes-Plans in einer Reduzierung der deutschen Schulden von 12,5 Milliarden auf etwa acht bis zehn Milliarden Dollar.
    Das wirklich Neue des Plans war aber, dass er mit einem ausgeklügelten Mechanismus sicherstellte, dass die Reparationen die Mark nicht wieder derart schwächen konnten wie 1922 und 1923. Das Geld für die Reparationen musste erst in Mark von der deutschen Regierung aufgebracht und auf ein spezielles Treuhandkonto bei der Reichsbank eingezahlt werden. Dort sollte es unter die Kontrolle eines Generalbevollmächtigten für Reparationen fallen, der für die Entscheidung verantwortlich war, ob man diese Gelder sicher ins Ausland transferieren konnte, ohne den Wert der Mark zu unterminieren. Diese neue Behörde wurde für die Entscheidung geschaffen, wie diese Mittel verwendet werden sollten – für die Zahlung ans Ausland, für den Kauf deutscher Produkte oder sogar für Kredite an örtliche Unternehmen. Der Generalbevollmächtigte wäre in einer bemerkenswert starken Position; eine Art ökonomischer Prokonsul oder Vizekönig. Um seine Unparteilichkeit völlig transparent zu machen, empfahl das Komitee, dass er ein Amerikaner sein sollte.
    Das zweite und letztlich entscheidende Merkmal des Dawes-Plans war, dass im Ausland ein Kredit von 200 Millionen Dollar besorgt werden sollte, der dabei helfen konnte, die Reparationen des ersten Jahres zu bezahlen, die Reichsbank zu rekapitalisieren und genug Goldreserven aufzubauen, um die einheimische Wirtschaft in Schwung zu bringen.
    Obwohl die Franzosen darauf drängten, die Reichsbank ganz aus Deutschland heraus zu verlagern, möglicherweise nach Amsterdam, erkannte der Rest des Komitees, dass dies die ultimative Erniedrigung wäre und Deutschland auf die gleiche Stufe stellen würde wie die bedürftigen Nationen Ägypten und Türkei. In den Worten eines Teilnehmers würde man damit die deutsche Wirtschaft »türkifizieren«. Stattdessen konnte das Komitee alle Parteien, sogar die Franzosen und die Deutschen, davon überzeugen, dass die Reichsbank in Berlin bleiben, aber der Kontrolle eines 14-köpfigen Aufsichtsrats unterstellt werden sollte – sieben Ausländer und sieben Deutsche, von denen einer natürlich Schacht sein würde.
    Im Juli 1924 beriefen die Alliierten eine Konferenz zum Thema ein, wie man den Dawes-Plan umsetzen sollte. Es war die größte Versammlung von Staatsmännern seit der Pariser Friedenskonferenz von 1919. Ramsay MacDonald, der erste sozialistische britische Premierminister, der sein eigener Außenminister war, führte den Vorsitz. Unter seinen Gästen waren Édouard Herriot, der neue radikale Premierminister Frankreichs, die Premierminister von Belgien und Italien sowie der japanische Botschafter. Die USA hatten ursprünglich geplant, nicht teilzunehmen, um nicht in zu nahen Zusammenhang mit den Reparationen gebracht zu werden, die man damals für eine schreckliche europäische Krankheit hielt. Als die britische Regierung die USA allerdings offiziell einlud, meinte die Coolidge-Administration, die bei der Konzeption des Dawes-Plans eine so wichtige Rolle gespielt hatte, sie könne nicht ablehnen, ohne ihre eigene Arbeit zu untergraben, und beschloss, ihre Unterstützung öffentlich zu demonstrieren. Frank Kellogg, der weißhaarige amerikanische Botschafter in Großbritannien, sollte die US-Delegation anführen.
    Innerhalb der Administration war das Interesse am Ergebnis des Dawes-Plans so groß, dass mehrere Kabinettsmitglieder sich Entschuldigungen ausdachten, um in London sein zu können. Charles Evans Hughes, der Außenminister, kam angeblich nach London, um am Jahrestreffen der American Bar Association teilzunehmen, während Finanzminister Andrew Mellon beschloss, bei der Fahrt zur Schneehuhnjagd in London Halt zu machen und vielleicht seinen Schneider in der Savile Row aufzusuchen.
    Trotz all dieser politischen Hochkaräter waren zwei Bankiers die zentralen Figuren bei den Verhandlungen: Montagu Norman und Thomas Lamont von J. P. Morgan & Co. Norman hatte das Dawes-Komitee zunächst skeptisch betrachtet. Als ihn der Premierminister bat, Teil der britischen Delegation zu sein,

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