Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)
Reparationskommission geworden war. Durch eine Kombination aus Charme und starker Persönlichkeit war er in den gesellschaftlichen und diplomatischen Kreisen von Paris zu einer angesehenen Persönlichkeit geworden; er hielt so oft Hof im Voisins, dem berühmten Drei-Sterne-Restaurant in der Rue Saint Honoré, dass amerikanische Diplomaten auf Besuch in Paris es schon »Logies« nannten. Obwohl er nur ein Beobachter ohne offiziellen Status war, hatte Logan mehr getan als fast jeder andere, um das Engagement der USA auf dem Kontinent aufrechtzuerhalten und galt als inoffizieller amerikanischer Botschafter in Europa.
Als das Komitee mit seiner Arbeit begann, stand es vor zwei Aufgaben. Die erste war, die Franzosen davon zu überzeugen, zumindest vorübergehend einen niedrigeren Zahlungsplan zu akzeptieren. Das würden sie nur tun, wenn die deutschen Finanzen einer strengen ausländischen Kontrolle unterworfen wurden. Die Franzosen sahen die deutsche Hyperinflation als Teil einer absichtlichen Kampagne der deutschen Behörden, ihre eigene Wirtschaft zu ruinieren und so zu verhindern, dass Reparationen gezahlt wurden. Daher mussten Maßnahmen eingeleitet werden, um jede weitere Sabotage der deutschen Finanzen zu verhindern. Die zweite Aufgabe bestand daher darin, die Deutschen davon zu überzeugen, eine solche Belastung zu akzeptieren.
Die erste Aufgabe wurde wesentlich einfacher, als Frankreich innerhalb einer Woche nach der Ankunft der Delegation in seine eigene Finanzkrise geriet. Das französische Finanzgebaren seit dem Krieg war eine Mischung aus den Finanzen Deutschlands und Frankreichs gewesen. Der Krieg war für Frankreich sehr teuer gewesen – sowohl was Menschenleben als auch was Geld betraf. Sofort nach dem Krieg musste es vier Milliarden Dollar für den Wiederaufbau der befreiten Gebiete aufwenden. Wegen der enormen Opfer noch immer unversöhnlich, weigerte sich die französische Regierung, für diesen Zweck die Steuern zu erhöhen und hielt stur an der Illusion fest, die Kosten würden letztlich von den Deutschen getragen werden. »Les Boches paieront« , »Die Deutschen werden zahlen«, hieß der Refrain. Ebenso wie Deutschland hatte Frankreich daher seine Defizite nur langsam unter Kontrolle gebracht. Fünf Jahre nach dem Krieg nahm die Regierung immer noch eine Milliarde Dollar pro Jahr an Krediten auf.
Die Situation in Frankreich wurde durch das hoffnungslos primitive System der öffentlichen Buchhaltung verschärft. Trotz des viel gerühmten Corps der inspecteurs des finances gab es in den Büchern riesige Lücken. Niemand schien genau zu wissen, wie viel während des Kriegs wofür und von wem ausgegeben worden war. Es fiel sogar schwer, die genaue Summe der aufgenommenen Kredite abzuschätzen. 1922 stellte man bei einer Buchprüfung fest, dass man das Volumen der emittierten nationalen Verteidigungsanleihen um umgerechnet 500 Millionen Dollar überschätzt hatte. Die Kontrollen des Geldes, das ins Schatzamt und wieder hinaus floss, waren so rudimentär, dass während der kommenden Krise mit einem Schwindel, der niemals aufgedeckt wurde, Verteidigungsanleihen im Wert von 150 Millionen Dollar, die in der Regel als Inhaberpapiere ausgegeben wurden und daher nicht nachverfolgt werden konnten, auf geheimnisvolle Weise aus dem Schatzamt verschwanden. Heute würde dieser Betrug einem Wert von 30 Milliarden Dollar entsprechen.
Aber im Gegensatz zur Reichsbank war die Banque de France entschlossen, ihre Unabhängigkeit nach dem Krieg wiederherzustellen und weigerte sich, die Regierung weiterhin zu finanzieren. Die französische Regierung konnte wegen der hohen Sparquote ihrer Bürger zwar am offenen Markt Kredite aufnehmen, aber der größte Teil der Schulden war kurzfristig. Daher mussten ständig neue Kredite aufgenommen werden, die Regierung lebte gleichsam von der Hand in den Mund und war stets nervös, dass ihre Geldgeber genug davon bekommen und in den Kreditstreik treten könnten.
Vor dem Krieg gab es für einen Dollar etwas mehr als fünf Francs. In den frühen 1920er-Jahren, nach dem Preisanstieg in Frankreich während des Kriegs, hatte sich der Franc bei etwa einem Drittel seines Vorkriegswerts stabilisiert: 15 Francs waren ungefähr einen Dollar wert. In der zweiten Jahreshälfte 1923 wurde klar, dass die Besetzung des Ruhrgebiets gescheitert war, und dass die Wahrscheinlichkeit, Frankreich könne sein Haushaltsdefizit mit Reparationen ausgleichen, immer geringer wurde. Anfang 1924 war der
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