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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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angeblich im Durchschnitt zwei Millionen Dollar pro Jahr. Als der Krieg endete, wurden die Morgans zum natürlichen Lieferkanal amerikanischer Gelder nach Europa. Der Status der Bank als eine der großen Mächte, mit der man rechnen musste, wurde im Juli 1920 bestätigt, als eine Gruppe von Anarchisten, statt wie vor dem Krieg ein Staatsoberhaupt oder eine Regierung anzugreifen, eine Bombe vor den Büros von J. P. Morgan & Co. in der Wall Street Nr. 23 zündete. 25 Die Partner blieben unversehrt, aber 38 Passanten wurden getötet und 400 weitere verletzt.
    Niemand verkörperte die neue Rolle des Bankiers als Staatsmann besser als Thomas Lamont, der 1924 der mächtigste Partner nach Jack Morgan war. Der urbane und stets charmante Lamont schien unter einem Glücksstern geboren zu sein. Der Sohn eines strengen Methodistenpriesters war in New England auf dem Dorf aufgewachsen. Man hatte ihn in dem Glauben erzogen, Tanzen, Kartenspielen und sogar Spaziergänge am Sonntag seien sündhaft. Mit einem Stipendium besuchte er die Phillips Exeter Academy und Harvard. Er wurde Finanzreporter für die New York Tribune, aber da er es schwierig fand, mit einem Journalistengehalt eine Familie zu ernähren, stieg er in die Nahrungsmittelbranche ein. Wie Benjamin Strong ein Einwohner von Englewood in New Jersey, wurde er von Henry Davison entdeckt. Er begegnete ihm eines Abends im Pendlerzug nach New York, und Davison soll ihn auf der Stelle als Finanzmanager bei Bankers Trust engagiert haben.
    Lamont trat in Davisons Fußstapfen, und 1911 bot ihm Pierpont Morgan eine Partnerschaft an – damals der prestigeträchtigste und lukrativste Job an der Wall Street. Zunächst lehnte Lamont ab und sagte, er wolle die Freiheit haben, drei Monate pro Jahr zu verreisen. Aber Morgan bestand darauf, und es war keine Überraschung, dass Lamont nachgab.
    Als Partner von Morgan hatte er mit den Kriegsfinanzen Großbritanniens und Frankreichs zu tun, und das brachte ihm einen Platz im US-Reparationsteam bei der Friedenskonferenz ein. Obwohl er Republikaner war, sagte er sich nach dem Krieg vom isolationistischen Flügel seiner Partei los und wurde bekennender Internationalist. In den ersten Nachkriegsjahren war er der Finanzemissär par excellence. 1920 war er in China und Japan, 1921 war er als Vorsitzender des internationalen Bankenkomitees für Mexiko in Mexiko Stadt. Anfang 1923 besuchte er Europa, plante eine Anleihe für Österreich und beriet die italienische Regierung. Wo er auch hinkam, überall wurde er mit dem Pomp und dem Respekt empfangen, die einem Staatsoberhaupt gebührt hätten. Als Davison im Mai 1922 plötzlich an Krebs starb, wurde Lamont sein Nachfolger.
    Seine Aktivitäten im Ausland verstärkten nicht nur den Eindruck, dass er ein Mann der neuen Aristokratie war, sondern sie prägten auch seine Aura der Eleganz ohne Anstrengung. Er kaufte Alexander Hamiltons alte Zeitung, die New York Evening Post und half bei der Gründung und Finanzierung der Saturday Review of Literature . Er hatte Freunde, die Schriftsteller waren – an seinem Dinnertisch konnte man H. G. Wells, André Maurois oder John Masefield treffen.
    Kurz vor Beginn der Konferenz wurde Lamont nach London geschickt, um die Verhandlungen für das Haus Morgan zu beobachten. Schnell geriet er in den Bann Normans, der eine außergewöhnliche Fähigkeit zu haben schien, amerikanische Bankiers in Europa unter seine Fittiche zu nehmen und für seine eigenen Zwecke einzuspannen. Obwohl Norman plötzlich wegen »Nervenerschöpfung« zusammenbrach und eine Woche im Bett lag, kurz bevor die Konferenz beginnen sollte, war er schon am 15. Juli wieder mitten im Geschehen.
    Auf Einladung von Premierminister MacDonald stellten die beiden Bankiers die wichtigsten Bedingungen zusammen, die Investoren stellen würden, ehe sie unter dem Dawes-Plan Geld zur Verfügung stellten. Da er wusste, dass die Kapitalgeber enormen Einfluss hatten, bestand Norman darauf, dass weder britische noch amerikanische Bankiers den Kredit anrührten, »bis die Franzosen mit Sack und Pack aus dem Ruhrgebiet verschwunden sind.« Und um weitere derartige voreilige und einseitige Militäraktionen Frankreichs zu verhindern, wurde das Recht, den Zahlungsverzug Deutschlands zu erklären, nicht der von Frankreich dominierten Reparationskommission zugesprochen, sondern einer unabhängigen Agentur unter Führung eines neutralen Amerikaners.
    In den folgenden vier Wochen drehten sich die Verhandlungen hauptsächlich um

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