Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
Vom Netzwerk:
anderen Gäste aufgrund der ständigen Belagerung durch die Presseleute, dass man die Angestellten strikt anwies, den beiden Männern keine Botschaften zu überbringen. Norman und Strong wussten, während sie die Ereignisse in Paris aufmerksam verfolgten, dass es zu diesem Zeitpunkt noch zu früh war, in Diskussionen mit den französischen Behörden einzusteigen.
    Ende Juli kehrte Norman nach England zurück. Strong fuhr nach Paris und kam am 20. Juli dort an. Drei Tage zuvor war die jüngste französische Regierung auseinandergebrochen, die nur vier Wochen an der Macht gewesen war. Es folgte eine weitere linke Koalition, die nur 72 Stunden überlebte. Man sprach von einer Revolution oder einem Staatsstreich. Die Straßen vor dem Gebäude der Nationalversammlung waren jeden Tag voller protestierender Demonstranten. Strong bemerkte, dass seine französischen Bankkorrespondenten so ängstlich waren, dass sie damit begonnen hatten, ihre Familien in der Provinz in Sicherheit zu bringen, während sich die offiziellen amerikanischen Vertreter, die er kannte, auf gewalttätige antiamerikanische Demonstrationen vorbereiteten.
    Seit der Gründung ihrer Republik hegten die Amerikaner eine Liebesaffäre mit Frankreich und insbesondere mit Paris. In den frühen 1920er-Jahren, als der Franc nur noch ein Viertel seines Vorkriegswerts aufwies, wurde diese Romanze plötzlich für jeden Amerikaner erschwinglich, der ein paar Hundert Dollar übrig hatte. Eine Passage über den Atlantik in der Touristenklasse war schon für 80 Dollar zu haben, und die Lebenshaltungskosten in Frankreich waren für jeden, der Dollars besaß, erstaunlich niedrig. 1926 lebten geschätzte 45 000 Amerikaner in Paris, und jeden Sommer kamen 200 000 Touristen, um die Mischung aus Kultur, kultiviertem Leben und gewagtem Nachtleben zu genießen, die Paris sogar schon damals zur meistbesuchten Stadt der Welt machte.
    Leider wurde die Zuneigung der Amerikaner für alles Französische immer weniger erwidert. Die französische Presse hatte schon seit einiger Zeit ihre Empörung über das Spektakel der reichen Amerikaner zum Ausdruck gebracht, die den tiefen Kurs des Franc nutzten, um die schönsten französischen Liegenschaften an der Côte d’Azur und an der Côte Basque aufzukaufen; ebenso im Loiretal und auf dem Champ de Mars in Paris. Die Zeitung Le Midi war dazu übergegangen, Amerikaner als »zerstörerische Heuschrecken« zu bezeichnen.
    Vor allem ein Vorfall wurde zum Blitzableiter für diese schlechten Gefühle. Im März 1924, am Höhepunkt der Währungskrise, hatte der amerikanische Botschafter Myron Herrick von seinem eigenen Geld ein großes Herrenhaus in der Avenue d’Iéna Nr. 2 gekauft, um dort die Botschaft unterzubringen. Das Haus war Ende des 19. Jahrhunderts für fünf Millionen Francs erbaut worden, was damals ungefähr einer Million Dollar entsprach. Jetzt wurde es für 5 400 000 Francs verkauft. 30 Herrick war schlau gewesen und hatte seine Dollars am 11. März 1924 in Francs getauscht; an dem Tag, als panische Verkäufe an der Börse den Wechselkurs auf 27 Francs je Dollar drückten. So konnte er das Haus für nur 200 000 Dollar kaufen. Als Botschafter von 1912 bis 1914 hatte Herrick wegen seiner Entscheidung, in der Stadt zu bleiben, als es so aussah, als würde sie an die Deutschen fallen, die Zuneigung der Franzosen gewonnen. Diese Zuneigung war groß genug, um ihn zu bitten, 1921 als Botschafter zurückzukehren. Aber als die Zeitungen herausfanden, dass der amerikanische Botschafter selbst ein gutes Geschäft mit dem Zusammenbruch des Franc gemacht hatte, herrschte Empörung.
    Die harte Haltung der amerikanischen Regierung, vor allem des Kongresses hinsichtlich der Rückzahlung der Kriegsschulden, hatte in Frankreich viel Bitterkeit hervorgerufen. Im Krieg waren 20-mal mehr Franzosen als Amerikaner gestorben. Coolidges infame Bemerkung – »Sie haben sich das Geld doch von uns geliehen, oder etwa nicht?« – hatte eine bemerkenswerte Gleichgültigkeit gegenüber den menschlichen Opfern Großbritanniens und Frankreichs offenbart, die alle Europäer abschreckend fanden. Die Einigung über die französischen Kriegsschulden, die Victor Henri Berenger und Andrew Mellon im April 1926 erzielt hatten, war kein Beitrag zur Klärung dieser unüberbrückbaren Meinungsverschiedenheiten, sondern verstärkte die Verbitterung sogar noch. Die Amerikaner meinten, sie seien außerordentlich großzügig gewesen, indem sie auf 60 Prozent ihrer

Weitere Kostenlose Bücher