Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)
von der Einstellung der Banque so frustriert, dass es einmal heftig aus ihm herausbrach, wie sehr er »bedauerte, nicht schon in seiner ersten Minute im Amt das Management der Banque de France aus dem Fenster geworfen zu haben.«
Im November wurde Caillaux aus dem Amt entlassen – ein weiteres Opfer der Vendettas und der persönlichen Intrigen, durch die das politische Leben in Frankreich geprägt war. Bei seinem Abschied stand der Wechselkurs des Franc zum Dollar bei 25. In seinen sieben Monaten im Amt waren die Lebenshaltungskosten um zehn Prozent gestiegen. In den folgenden acht Monaten hatte Frankreich fünf verschiedene Finanzminister, von denen jeder seine eigene kleine Lieblingslösung hatte – eine Vermögenssteuer, ein Zahlungsmoratorium auf bestimmte, zur Tilgung anstehende Anleihen, eine entschlossenere Einziehung der Steuern oder eine Erhöhung der Umsatzsteuer. Keiner von ihnen konnte den Vertrauensverlust bremsen. Die französischen Anleger zogen ihr Geld weiterhin aus dem Land ab.
Im April 1926 vereinbarten Frankreich und die USA endlich ein Abkommen über die Kriegsschulden auf Basis von 40 Cents je Dollar. Somit war der Haushalt endlich ausgeglichen, aber der Franc fiel weiter. Im Mai stand der Wechselkurs zum Dollar bei mehr als 30.
Da die Währung im freien Fall war, die Preise nun monatlich um zwei Prozent stiegen und die Regierung offensichtlich ohnmächtig war, zog jeder den naheliegenden Vergleich mit der Situation in Deutschland vier Jahre zuvor. Aber in Wirklichkeit gab es keine echte Parallele. Deutschland hatte 1922 jede Kontrolle über sein Haushaltsdefizit verloren und allein in diesem Jahr die Geldmenge verzehnfacht. Im Gegensatz dazu hatte Frankreich sein fiskalisches Problem größtenteils gelöst, und die Geldversorgung war unter Kontrolle.
Das Hauptproblem war die Furcht, dass die tiefe Spaltung zwischen der Rechten und der Linken Frankreich unregierbar gemacht haben könnte. Das Schreckgespenst des chronischen politischen Chaos mit Regierungen und Finanzministern, die einander in rascher Folge die Klinke in die Hand gaben, wurde noch dadurch verschlimmert, dass man bezweifelte, dass die Regierung in der Lage sei, sich angesichts kurzfristiger Verbindlichkeiten in Höhe von zehn Milliarden Dollar zu finanzieren.
Es war diese Psychologie der Furcht – ein flächendeckender Verlust der Nerven –, die französische Anleger im Griff zu haben schien und die Abwärtsspirale des Franc antrieb. Das Risiko war, dass internationale Investoren, diese traditionellen Buhmänner der Linken, für ein sich selbst verstärkendes Abschmelzen sorgen würden, indem sie die Währung in der Hoffnung leer verkauften, sie später zu einem niedrigeren Kurs zurückkaufen zu können und so genau zu dem Abwärtstrend beitrugen, von dem sie zu profitieren hofften. Es war das Gegenstück zu einer Spekulationsblase, bei der exzessiver Optimismus zu steigenden Preisen führt, was dann noch weitere Käufe auslöst. Nun führte exzessiver Pessimismus zu sinkenden Preisen, was weitere Verkäufe auslöste.
Angesichts dieser ausufernden vergifteten Atmosphäre schienen weder die Politiker noch die Vertreter des Finanz-Establishments zu wissen, was sie tun sollten. Anfang 1926 bat Haushaltsminister Georges Bonnet die Regenten der Banque de France in sein Büro, um sie um Rat zu fragen. Er war erstaunt darüber, wie unglaublich alt sie zu sein schienen. Einer von ihnen konnte nur auf zwei Stöcke gestützt gehen, ein anderer erschien am Arm seines Kammerdieners, der ihm auf den Stuhl helfen musste. Während des Treffens schienen die Regenten, die das kollektive Finanzwissen Frankreichs verkörperten, nur in der Lage zu sein, eine Plattitüde nach der anderen über das Thema abzusondern, dass man das Vertrauen wiederherstellen müsste. Wenn man sie fragte, wie das gehen sollte, griffen sie auf die üblichen militärischen Metaphern zurück, die in Frankreich obligatorisch waren, wenn es zu Finanzkrisen kam. Einer der Regenten rief mit Vehemenz aus: »Wir sind die Soldaten des Franc und wir werden für den Franc in den Schützengräben sterben.« In diesem Winter und im Frühling konnte man in der Presse viel über die »Schlacht um den Franc«, die »monetäre Marneschlacht« und das »Verdun der Währung« lesen.
An einem bestimmten Punkt beschloss die Regierung, man müsse nun mehr tun, als sich auf eine Menge militärisch klingendes Geschwätz zu verlassen. Marschall Joffre, der »Held von der Marne«, wurde
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