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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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Goldmangels, weil die Länder, die zum Goldstandard zurückkehrten, ihre Reserven aufstockten. 40 Daher war es von entscheidender Bedeutung, dass Länder mit hohen Reserven die Kreditkonditionen lockerten, um eine breitere Verteilung der Goldbestände zu erleichtern.
    Dagegen argumentierte Rist, die Frage des europäischen Goldes sei größtenteils ein britisches Problem. Da es den Fehler begangen hatte, das Pfund bei einem zu hohen Wechselkurs zu fixieren, hatte Großbritannien keine andere Möglichkeit als seine Deflationspolitik fortzusetzen, so schmerzhaft das auch sein mochte.
    Schacht erwies sich mehr als Beobachter denn als wichtiger Teilnehmer. Sein Hauptziel bestand darin, den Fluss »heißen« Geldes nach Deutschland einzuschränken, was die anderen eher als Nebenthema sahen. Er warnte, dies sei nur ein Symptom eines größeren Problems – dass sich Deutschland zu stark verschuldete, und dass es bald zu einem Scheitern der Reparationen kommen werde, mit schädlichen Folgen für die ganze Welt. Obwohl Strong und Norman Schachts Wunsch gewisse Sympathien entgegenbrachten, noch einmal über die Reparationszahlungen zu verhandeln, ermahnten sie ihn doch zur Geduld, weil vor den Wahlen in den USA, Frankreich und Großbritannien 1928 keine solchen Verhandlungen möglich waren. Dennoch war Strong wegen der düsteren Prognosen Schachts so besorgt, dass er nach dem Treffen den Generalbevollmächtigten für die Reparationen, Seymour Parker Gilbert, bat, an einer neuen Lösung der Reparationsfrage zu arbeiten.
    Obwohl Strong – sehr zu Normans Missfallen – immer mehr Sympathie für den Standpunkt der Franzosen empfand, war er schon mit einem festen Entschluss zu dieser Unterredung gekommen. Die einzige Möglichkeit, kurzfristig den Verkaufsdruck auf das Pfund zu reduzieren, war eine Senkung der amerikanischen Zinsen. Dabei war es hilfreich, dass die inländischen Indikatoren, auf die er sich verließ – die Preistrends und die ökonomischen Aktivitäten –, ebenfalls eine Zinssenkung rechtfertigten. Und obwohl ihm klar war, dass der Aktienmarkt ein bedeutendes Hindernis darstellte – am Beginn des Treffens prognostizierte er Charles Rist gegenüber, eine Zinssenkung werde dem Markt »un petit coup de whisky« verpassen –, war dies ein Risiko, das einzugehen er bereit war.
    In voller Absicht hatte Strong keine Mitglieder des Aufsicht führenden Verwaltungsgremiums, des Federal Reserve Board 41 in Mills’ Haus eingeladen. Am 7. Juli, als die Unterredungen beendet waren, fuhren alle vier Zentralbankiers für einen Tag nach Washington, wo sie »Höflichkeitsbesuche« bei den Mitgliedern absolvierten und im Willard Hotel »gesellig« zu Mittag aßen. Alle vier verhielten sich gegenüber den offiziellen Vertretern in der Hauptstadt sehr schweigsam. Vor der Abreise aus den USA hielten die Europäer noch ein letztes Treffen in New York ab, zu dem der Ratsvorsitzende Crissinger eingeladen wurde, über das die anderen Mitglieder des Boards aber überhaupt nicht informiert wurden. Strong war verbittert über den konstanten Widerstand, mit dem er jahrelang konfrontiert gewesen war und daher entschlossen, die Ratsmitglieder zu umgehen – eine unhöfliche Entscheidung, die keinen anderen Zweck erfüllte, als das Board zu verärgern und Strong noch mehr Feinde zu schaffen.
    Einige Tage nach der Abreise der europäischen Zentralbankiers stimmten die New Yorker Fed und acht weitere Reservebanken dafür, die Zinsen um ein halbes Prozent auf 3,5 Prozent zu senken. Diese Maßnahme war dazu geeignet, das System zu spalten. Vier Reservebanken – Chicago, San Francisco, Minneapolis und Philadelphia – waren der Ansicht, eine solche Zinssenkung werde die Spekulation am Aktienmarkt nur weiter anheizen und stimmten dagegen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte das Board die Ansicht vertreten, es könne zwar ein Veto gegen die Entscheidungen der Reservebanken einlegen, sie aber nicht dazu zwingen, ihre Politik zu ändern. Jetzt, in einer heftigen Auseinandersetzung, die auch das Board in der Mitte spaltete, entschied es, es habe sehr wohl die nötige Autorität, Chicago und die anderen unnachgiebigen Federal-Reserve-Banken dazu zu zwingen, dem Mehrheitsvotum zu gehorchen. Im Zug der darauf folgenden gegenseitigen Beschuldigungen trat Crissinger von seinem Posten zurück.
    Die beiden lautesten Kritiker Strongs waren zufällig nicht in der Stadt, als die Fed die Zinssenkung beschloss. Miller war Mitte Juli zu einem zweimonatigen Urlaub in

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