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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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Kalifornien aufgebrochen, obwohl er nichts unversucht ließ, aus der Ferne seinen Einfluss gegen diese Entscheidung geltend zu machen. Hoover weilte im Süden und managte die Hilfsmaßnahmen nach der großen Mississippi-Überschwemmung in diesem Jahr. Nach seiner Rückkehr im August wandte er sich mit einem nachdrücklichen Memorandum an das Board und argumentierte, dass »diese Kreditinflation nicht die Antwort auf die Probleme in Europa« sei und dass »diese Spekulation … uns nur an den Rand der Depression« führen könne. Er drängte sowohl den Präsidenten als auch Finanzminister Mellon, sich gegen die Maßnahme der Fed zu wenden. Coolidge, der die Untätigkeit zu einem philosophischen Prinzip erhoben hatte, ärgerte sich immer mehr über das ständige Drängen seines Handelsministers, dass man nicht nur in jeder Hinsicht etwas tun müsse, sondern dass er, Hoover, auch ganz genau wisse, was erforderlich sei. Coolidge sollte sich später beklagen: »Sechs Jahre lang hat mir dieser Mann ungebetene Ratschläge erteilt, und sie alle waren schlecht!« Der Präsident weigerte sich einzugreifen und argumentierte, die Fed sei eine unabhängige Behörde.
    Als Strong Rist gegenüber leichtfertig davon gesprochen hatte, dem Aktienmarkt diesen petit coup de whisky zu verpassen, hatte er sich in seinen wildesten Phantasien nicht ausmalen können, welcher Rausch noch folgen sollte. 1925 hatte er die Zinsen niedrig gehalten und mit Erfolg darauf gesetzt, der Aktienmarkt werde unter Kontrolle bleiben. Nun versuchte er dieses Glücksspiel ein zweites Mal. Diesmal lag er jedoch völlig falsch. Nach der Zinssenkung durch die Fed hob der Markt im August sofort ab. Am Ende des Jahres war der Dow um 20 Prozent gestiegen und hatte die Marke von 200 Punkten überwunden. Im Januar 1928 gab die Fed bekannt, dass das Volumen der Brokerkredite nach 3,3 Milliarden Dollar im Vorjahr auf 4,4 Milliarden Dollar gestiegen war.
    Anfang 1928 stand die Fed unter starkem Druck, wegen der Entwicklung an der Börse Maßnahmen zu ergreifen. Die USA hatten ihre kurze Rezession überwunden, und zum ersten Mal seit dem Krieg floss Gold nach Europa. Sogar das Pfund schien in besserem Zustand zu sein. Im Februar 1928 erkannte Strong, dass die Zinssenkung womöglich ein Fehler gewesen sein könnte, beugte sich dem Druck und erklärte sich einverstanden, den Kurs zu wechseln. In den folgenden fünf Monaten erhöhte die Fed ihre Zinsen von 3,5 auf fünf Prozent.
    1931 sagte Adolph Miller vor dem Kongress aus, die Lockerung der Kreditvergabe Mitte 1927 sei die »größte und kühnste Operation gewesen, die die Fed je unternommen hatte … [und sie führte] zu einem der kostspieligsten Irrtümer, die die Fed oder eine andere Zentralbank in den letzten Jahren begangen hatte.« Einige Historiker, die die Ansichten Hoovers und Millers teilen, betrachten das Treffen auf Long Island als Wendepunkt, der die schicksalhafte Abfolge von Ereignissen in Gang setzte, die schließlich die Welt in die Depression führen sollte. Sie argumentieren, die Fed habe, indem sie die Zinsen in den USA künstlich senkte, um das Pfund zu stützen, die Blase am Aktienmarkt angeheizt, die zwei Jahre später zum Crash führte. Es fällt schwer, dieser Sichtweise etwas entgegenzusetzen. Obwohl die Zinssenkung gering und kurzfristig ausfiel – nur 0,5 Prozent für die Dauer von sechs Monaten –, kann die Tatsache, dass der Markt in eben diesem Monat, im August 1927, in die schwindelerregende Phase eintrat, kein Zufall gewesen sein. Die Zinssenkung durch die Fed war der Funke, der das große Feuer entzündete.
    Als Norman nach England zurückreiste, hatte er allen Grund, mit den Ergebnissen auf Long Island zufrieden zu sein. Er hatte sein Hauptziel erreicht, die Federal Reserve dazu zu bringen, das Pfund durch leichtere Kredite zu stützen. Dennoch hatte er dabei kein gutes Gefühl. Es war klar, dass Strong immer mehr den Franzosen zuneigte. Norman klang wie ein eifersüchtiger Verehrer eines allgemein umschwärmten Mädchens, als er sich beklagte, dass Strong »großes Interesse an der Banque de France zeigt« und für Charles Rist »große persönliche Sympathie« empfinde, was für Norman ein »Nachteil« war. Aber es ging nicht einfach darum, dass die Banque de France der New Yorker Fed allmählich sympathischer wurde als die Bank of England. Wichtiger war nach Normans Meinung das Scheitern der Zentralbankiers, die inflationären Kräfte auf der ganzen Welt in den Griff zu bekommen,

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