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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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wir durch Dummheit in dieses Chaos geraten sind, warum kann sie uns dann nicht wieder herausholen?
    Will Rogers
    Unter Aktienhändlern gibt es einen alten Spruch: »Am Top des Markts wird nicht geklingelt.« Als die Wall Street nach dem Labour Day am Dienstag, dem 3. September, wieder zurück an die Arbeit ging, glaubten nur wenige, dies könne das Ende der Hausse sein. Am Wochenende war es ungewöhnlich heiß gewesen, und die Heimkehr vom Strand wurde durch schreckliche Verkehrsbehinderungen und große Verspätungen an den Bahnhöfen behindert. Auf den Highways in New Jersey waren die Staus so schlimm, dass Tausende von Menschen ihre Autos abstellten und mit der U-Bahn zurück nach Manhattan fuhren.
    Als die Bankiers den Markt nach dem Sommer einschätzten, wurden sie von einer frischen, neuen Stimme unterstützt, die dem im Wall Street Journal verbreiteten unbekümmerten Optimismus über das neue Zeitalter und dem düsteren Gemurmel über »Unheil« und »ungute Ahnungen« von Alexander Dana Noyes, dem Finanzkolumnisten der New York Times , eine andere Meinung hinzufügte. In dieser Woche lag die erste Ausgabe von BusinessWeek am Kiosk. Sie versuchte, das erfolgreiche Konzept des Time -Magazins – eine bissige und anschauliche Schreibweise – auf die Welt der Finanzen anzuwenden. Von der ersten Ausgabe an drückten die Redakteure ihre Skepsis über die Hausse aus. »Seit mindestens fünf Jahren«, schrieben sie, »war das amerikanische Wirtschaftsleben fest im Griff einer apokalyptischen, fanatischen Begeisterung über die noch nie da gewesene Prosperität des ›neuen Zeitalters‹, in das wir, oder es oder irgendjemand eingetreten ist.« Sie habe das Land in ein »Wolkenreich der Phantasie« geführt. »Zu Herbstbeginn«, warnten die Redakteure, »herrscht an der Wall Street ein Gefühl der Anspannung … ein allgemeines Gefühl, dass in dieser Jahreszeit noch etwas passieren wird … Die Aktienkurse haben sich allgemein von sicheren Gewinnerwartungen entkoppelt, und der Markt ist nun fast vollständig ‚psychologisch’«. Der Markt hatte sich auf seinem Weg nach oben gegen solche Prognosen abgehärtet und ignorierte sie am ersten Handelstag immer noch. Am 3. September 1929 stieg der Dow um einen einzigen Punkt und schloss auf einem Rekordhoch von 381 Punkten. An den folgenden anderthalb Tagen behauptete er dieses Niveau.
    Am 5. September um 14.00 Uhr wurde die Nachricht bekannt, dass der Ökonom und Statistiker Roger Babson aus Massachusetts bei der jährlichen National Business Conference in Weelesley, Massachusetts verkündet hatte: »Ich wiederhole, was ich vor genau einem Jahr und auch schon im Jahr zuvor gesagt habe, nämlich dass es früher oder später zu einem Crash kommen wird … und er kann furchtbar werden … Das Federal Reserve System hat die Banken in eine starke Position versetzt, aber es hat die menschliche Natur nicht verändert.« Dann führte er aus, dass »eine detaillierte Studie des Marktes zeigt, dass die Gruppe der steigenden Aktien immer enger und kleiner wird« und prognostizierte, der Dow werde wahrscheinlich um 60 bis 80 Punkte fallen – 15 bis 20 Prozent –, und dass »Fabriken schließen werden … Menschen werden ihre Arbeitsplätze verlieren … der Teufelskreis wird an Kraft gewinnen, und das Ergebnis wird eine ernsthafte wirtschaftliche Depression sein.« An diesem Nachmittag sank der Dow um zehn Punkte oder etwa drei Prozent.
    Babson war ein bekannter Börsenprophet, Gründer der Babson Statistical Organization, des landesweit größten Lieferanten von Investment-Analysen und Wirtschaftsprognosen. Jeden Monat verschickte die Firma ungezählte Charts und Tabellen, untersuchte die Entwicklung einzelner Aktien, den Gesamtmarkt und die Wirtschaft. Babsons Prognosemethode beruhte auf zwei ein wenig widersprüchlichen Prämissen: Dass die »Aufwärts- und Abwärtsbewegungen« der Wirtschaft »gemäß festgelegter Regeln verlaufen«, die man aus Newtons drittem Gesetz der Bewegung ableiten könne, und dass »Emotionen der wichtigste Einflussfaktor auf den Konjunkturzyklus« seien.
    Babson hatte auch noch andere, noch verschrobenere Vorstellungen. Da er in seiner Jugend an Tuberkulose erkrankt war, glaubte er an die Wohltaten der frischen Luft und bestand darauf, dass in seinem Büro alle Fenster weit offen stehen mussten. Im Winter saßen seine Sekretärinnen da, eingehüllt in wollene Mäntel, trugen mit Schaffell gefütterte Stiefel und dicke Fäustlinge und bedienten die

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