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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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und in London bei drei Prozent standen, stiegen sie in Deutschland auf fünf Prozent. Da die Preise mit einer Rate von jährlich sieben Prozent sanken, waren die effektiven Kosten des Geldes auf zwölf Prozent gestiegen, was die wirtschaftliche Schwäche deutlich intensivierte.
    Als die Wirtschaft an Boden verlor, die Arbeitslosigkeit wuchs und das Haushaltsdefizit größer wurde, konzentrierte sich Brüning darauf, den Haushalt auszugleichen. Die Zuwendungen an die Arbeitslosen wurden eingeschränkt, die Gehälter aller hohen Beamten des Staats und der einzelnen Länder wurden um 20 Prozent gekürzt – auch das Gehalt des Reichspräsidenten. Die Vergütung rangniedrigerer Beamter wurde um sechs Prozent gekappt, die Einkommensteuern wurden ebenso erhöht wie die Bier- und die Tabaksteuer, neue Abgaben auf Lagerhäuser und Mineralwasser wurden eingeführt. Alle diese Maßnahmen verschlimmerten die Depression.
    Das der Wirtschaft von der Regierung auferlegte Niveau der Deflation in Deutschland war ungewöhnlich. In den USA hatte die Hoover-Administration die Steuern gekürzt und es zugelassen, dass aus einem Haushaltsüberschuss von einer Milliarde Dollar 1929 im Jahr 1931 ein Defizit von zwei Milliarden Dollar wurde, vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Im Gegensatz dazu wurden, obwohl die Steuereinnahmen zurückgingen, weil die wirtschaftlichen Aktivitäten deutlich nachließen, die Ausgaben sogar noch stärker gekürzt, und das Defizit sank tatsächlich von ohnehin schon bescheidenen 200 Millionen auf 100 Millionen Dollar, was nicht einmal einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts entsprach.
    Brüning, den man nun den »Hungerkanzler« nannte, sollte später behaupten, seine Sparmaßnahmen sollten den Ausländern beweisen, dass Deutschland keine Reparationen mehr zahlen konnte; ein Aufleben der alten widersinnigen Politik des »härenen Gewands«, die man schon Anfang der 1920er-Jahre versucht hatte: Deutschlands Wirtschaft so großen Schaden zuzufügen, dass seine Gläubiger gezwungen wären, ihre Forderungen zu reduzieren.
    Historiker haben darüber debattiert, ob die Regierung überhaupt eine andere Wahl hatte. Eine Kreditaufnahme im Ausland war keine Option. Mitte 1930 waren ausländische Kredite auf der ganzen Welt eingebrochen. Außerdem hatte sich Deutschland in den Boomjahren so viel Geld geliehen und nach den Maßstäben der damaligen Zeit auf so großem Fuß gelebt, dass es seine Kreditlinien ausgeschöpft hatte und keine Kredite mehr erhalten konnte, als die Zeiten schließlich schlecht wurden.
    Das Problem wurde durch eine der unbeabsichtigten Folgen des Young-Plans verschlimmert. Zuvor, unter dem Dawes-Plan, hatten private kommerzielle Gläubiger in Krisenzeiten Vorrang gegenüber den Reparationen. Tatsächlich mussten sich Deutschlands öffentliche Gläubiger, hauptsächlich die Regierungen Frankreichs, Belgiens und Großbritannien, in der Reihe ganz hinten anstellen. Die Abschaffung dieses »Transferschutzes« durch den Young-Plan, der sich Schacht anfangs zu widersetzen versucht hatte, setzte der Garantie ein Ende. Im Fall einer Zahlungskrise standen private Gläubiger nicht automatisch ganz vorne, sondern mussten mit den großen Regierungen warten, bis sie an der Reihe waren. Wie nicht anders zu erwarten, brach die Vergabe privater Kredite an Deutschland zusammen.
    Da Deutschland im Ausland keine Schulden mehr aufnehmen konnte, hätte man die Sparmaßnahmen Brünings nur vermeiden können, indem die Regierung Kredite bei der Reichsbank aufnahm; mit anderen Worten, indem sie ihr Haushaltsdefizit durch das Drucken von Geld finanzierte. Aber die Erinnerungen an die Hyperinflation der frühen 1920er-Jahre waren noch zu frisch. Außerdem schränkten der Dawes- und der Young-Plan die Fähigkeit der Reichsbank stark ein, Staatsanleihen zu kaufen. Deutschland hätte eine solche Politik nur verfolgen können, indem es sich vom Goldstandard verabschiedete, und zu einer derart drastischen Maßnahme war fast niemand bereit.
    Nach seinem Rücktritt achtete Schacht sorgfältig darauf, Brünings inländische Politik nicht zu kritisieren, vielleicht in der Hoffnung, er könnte als Teil einer konservativ-nationalistischen Regierung wieder an die Macht kommen. Damals bemerkte er nicht, wie viel Glück er hatte. Die neue Regierung hatte viele von den Sparmaßnahmen übernommen, für die er sich selbst eingesetzt hatte – mit katastrophalen Ergebnissen. Aber nun konnte er von außen zusehen, wie die deutsche

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