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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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allmählich auf. Vor dem Abschied vom Goldstandard war Keynes ein Einzelgänger gewesen. Danach wurde zunehmend anerkannt, dass er Recht behalten hatte – nicht nur, was den Goldstandard betraf, sondern fast in jeder einzelnen der Schlachten, die er in den vergangenen zehn Jahren geschlagen hatte. Die deutschen Reparationen waren inzwischen gestrichen worden, Frankreich und Großbritannien zahlten ihre Kriegsschulden nicht zurück und die beiden wichtigsten Zentralbanken, die Bank of England und die Fed, verfolgten mit voller Absicht eine Politik des billigen Geldes.
    Als die Weltwirtschaft noch immer in der Depression steckte, zog sich Keynes ein wenig aus dem öffentlichen Leben zurück und begann an einem neuen theoretischen Buch zu arbeiten – an einem Versuch, die Ursachen der Massenarbeitslosigkeit zu verstehen. Einige der treibenden Kräfte hinter der Depression, zum Beispiel der Zusammenbruch in Deutschland, konnten mit länderspezifischen Faktoren erklärt werden, etwa mit Reparationen oder übermäßigen Auslandsschulden. Aber die USA hatten keines dieser Probleme gehabt – sie waren ein Gläubigerland und verfügten über umfangreiche Goldreserven. Es blieb ein Geheimnis, warum auch die USA von einer Abwärtsbewegung getroffen wurden, die ebenso tief war wie in Europa, in mancherlei Hinsicht vielleicht noch tiefer. Keynes wollte verstehen, wie eine Volkswirtschaft in eine derart schwere Krise geraten konnte und was verhinderte, dass konventionellen Korrekturmaßnahmen – wie zum Beispiel Zinssenkungen – funktionierten.
    Er kam dabei auf viele Themen zurück, die schon in seinen früheren Arbeiten eine wichtige Rolle gespielt hatten – die durchdringenden Effekte der Unsicherheit, die Möglichkeiten, wie das Finanzsystem die normalen wirtschaftlichen Abläufe umgehen konnte und die durch Vertrauensschwankungen verursachte inhärente Instabilität. Das Buch war erst Ende 1935 fertig und wurde im Februar 1936 unter dem Titel Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes veröffentlicht. Als es erschien, waren Großbritannien, die USA und Deutschland sämtlich auf dem Weg der Erholung, und das Buch selbst hatte keine großen Auswirkungen auf die unmittelbare Regierungspolitik. Dennoch war es Keynes’ Meisterstück. Es wurde zwar nicht allgemein akzeptiert und blieb viele Jahre lang heftig umstritten, aber es sorgte für einen Wandel im Verständnis der modernen Geldwirtschaft und liefert noch heute die Grundlage für einen großen Teil der Maßnahmen, mit denen Regierungen und Zentralbanken das System managen.
    Ein Jahr nach Erscheinen des Buchs, im Frühjahr 1937, erlitt Keynes den ersten seiner vielen »Herzanfälle«. Man diagnostizierte eine chronische Herzkrankheit, ausgelöst durch eine bakterielle Infektion der Herzklappen. In den folgenden drei Jahren wurde er fast zum Invaliden. 1939 fiel er Dr. Janos Plesch in die Hände, einem ungarisch-jüdischen Emigranten, der nach Keynes eigenen Worten eine Kreuzung zwischen einem »Genie« und einem »Quacksalber« war. Zusätzlich zu einigen sehr unorthodoxen ärztlichen Maßnahmen – Keynes musste drei Stunden lang Eispackungen auf der Brust tragen, oder Dr. Plesch sprang auf seinem Patienten herum, der dabei im Bett lag – verordnete der Arzt Keynes die neu entdeckten und damals aufsehenerregenden Sulfa-Medikamente. Dabei handelte es sich um das erste und einzig wirksame Antibiotikum in den Jahren vor dem Siegeszug des Penicillins. Obwohl seine Herzkrankheit nicht vollständig geheilt war, konnte Keynes durch die Behandlungsmethoden des exzentrischen Dr. Plesch – dem Lydia den Spitznamen »Der Menschenfresser« verpasst hatte – zumindest wieder arbeiten.
    In den 1930er-Jahren wurde Keynes durch seine Spekulationen ein reicher Mann. Nachdem er beim Zusammenbruch der Rohstoffpreise nach 1928 80 Prozent seines Geldes verloren hatte, beendete er das Jahr 1929 mit einem Portfolio, das nicht einmal 40 000 Dollar umfasste. Er verlegte sich nun von kurzfristigen Spekulationen auf langfristige Investitionen und stellte sich am Tiefpunkt der Depression ein konzentriertes Depot aus ausgewählten britischen und amerikanischen Aktien zusammen. Er war überzeugt, dass es Roosevelt gelingen werde, die amerikanische Wirtschaft wiederzubeleben und kaufte auf Kredit, um sein Portfolio mit mehr als doppelter Hebelwirkung auszustatten. Ende 1936 besaß er netto fast 2,5 Millionen Dollar, was 30 Millionen Dollar heutiger Kaufkraft entsprach.

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