Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)
Obwohl er während der Baisse von 1937 mehr als die Hälfte davon verlor, erholte sich sein Depotwert bis 1943 wieder auf zwei Millionen Dollar.
Ende der 1930er-Jahre war Keynes der bekannteste Wirtschaftswissenschaftler der Welt und eine tragende Säule des britischen Establishments. 1941 wurde er als Lord Keynes of Tilton in den Adelsstand erhoben, und sehr zum Amüsement seiner Bloomsbury-Freunde nahm er regelmäßig an den Sitzungen des Oberhauses teil. Er wurde sogar von seinem alten Gegner Montagu Norman dazu eingeladen, Direktor der Bank of England zu werden. Trotz der anhaltenden Meinungsverschiedenheiten – nach einem der regelmäßigen wöchentlichen Treffen bemerkte er: »Ich mag diese Mittagessen in der Bank wirklich; Montagu Norman ist immer absolut charmant und hat immer absolut unrecht« – waren es nun Keynes’ Ideen, die sich in der Fachwelt durchsetzten.
Als in Europa der Zweite Weltkrieg ausbrach, wurde Keynes unbezahlter Wirtschaftsberater des Finanzministers. Schon nach kurzer Zeit war er der wichtigste Wirtschaftsstratege Großbritanniens während des Kriegs. Er war entschlossen, eine Wiederholung der Fehler aus dem Ersten Weltkrieg zu vermeiden, der größtenteils durch Gelddrucken finanziert worden war, und daher entwarf Keynes die Rahmenbedingungen für die Bezahlung dieses Kriegs, ohne zu starken Rückgriff auf die Inflation nehmen zu müssen. Er war auch der wichtigste britische Verhandlungspartner der Amerikaner, was Umfang, Bestimmungen und Bedingungen des Leih-Pacht-Gesetzes von 1941 betraf.
1942 wendete er seine Aufmerksamkeit der Planung einer Welt nach dem Krieg zu. Nach dem Ersten Weltkrieg hatten die Zentralbankiers versucht, das Goldzeitalter vor 1914 wiederherzustellen, auf das sie wehmütig zurückblickten. Als Keynes seine Pläne für ein neues internationales Währungssystem zusammenstellte, hatte er keine derartigen Illusionen – niemand, und er selbst am allerwenigsten, blickte auf das Chaos der 1920er- und 1930er-Jahre mit etwas anderem als mit Schrecken zurück.
Als er seine Ideen für die Welt nach dem Krieg entwickelte, versuchte Keynes ein internationales Finanzsystem zu schaffen, das wie der Goldstandard auf bestimmten, allerdings weniger strengen Regeln beruhte. Sein Plan sah vor, die Währungen sollten »zwar verankert, aber anpassbar« sein. Im Gegensatz zum Goldstandard, unter dem die Wechselkurse unveränderlich fixiert gewesen waren, sollten die Länder den Wert ihrer Währungen verändern können, wenn sich die ökonomischen Rahmenbedingungen änderten. Er war entschlossen, die Zwangsjackenpolitik der Zwanziger- und Dreißigerjahre zu vermeiden, als Großbritannien und Deutschland gezwungen waren, die Zinsen zu erhöhen und Massenarbeitslosigkeit zu verursachen, um Wechselkurse zu stützen, die in jedem Fall unangemessen waren.
Ein zweites Element des Plans war eine internationale Zentralbank. Um den chronischen Mangel an Goldreserven zu vermeiden, der in den Jahren zwischen den Kriegen ein reibungsloses Funktionieren des globalen Finanzsystems verhindert hatte, schlug Keynes die Schaffung eines Instituts vor, das Geld an Länder verleihen würde, die vorübergehend Kredite brauchten; so ähnlich wie die Möglichkeit, ein Bankkonto zu überziehen.
Zum Glück für Keynes begannen die Amerikaner – davon unabhängig – an einem ähnlichen Konzept zu arbeiten. Der Architekt des amerikanischen Plans war Harry Dexter White, stellvertretender Sekretär für internationale Angelegenheiten im amerikanischen Finanzministerium. White kam 1892 in Boston zur Welt, als Sohn litauischer Eltern, die vor den zaristischen Pogromen geflohen waren. Nach seiner Studienzeit in Stanford und Harvard kam er als Anhänger des New Deal 1934 ins Finanzministerium, wo er durch harte Arbeit, Intelligenz und Schmeicheleien an den richtigen Stellen eine steile Karriere machte.
Klein gewachsen und stämmig, mit rundem Gesicht, randloser Brille, fleischigen Lippen und einem gestutzten Schnurrbart war White kein besonders einnehmender Mensch und hatte kaum Freunde. Er schien der Versuchung nicht widerstehen zu können, in beruflichen Angelegenheiten überfordernd und grob aufzutreten, selbst seinen Kollegen gegenüber, und wurde von Menschen, die ihn kannten, wiederholt als »der unangenehmste Mann in Washington«, »Hurensohn« und »unerträglicher Mensch« beschrieben. Keynes, der bemerkenswert gut mit den Macken und Eigenarten anderer Menschen umgehen konnte, schrieb: »Er hat
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