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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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abgezogen wurden, Fabriken zur Waffenproduktion übergingen und das Vieh geschlachtet wurde. Für die USA wurde der Krieg zum Segen. Sie stiegen spät ein, verzeichneten weniger Opfer, während die massive Steigerung der Exporte von Nahrungsmitteln, Rohstoffen und Kriegsgerät an die Verbündeten einen enormen Impuls für ihre Wirtschaft auslösten. Vor dem Krieg lag das amerikanische Bruttoinlandsprodukt mit jährlich 40 Milliarden Dollar etwa so hoch wie das britische, französische und deutsche zusammengenommen. 1919 lag es um 50 Prozent höher.
    Die schädlichste und heimtückischste Hinterlassenschaft der Kriegs war der enorme Schuldenberg in Europa. In vier Jahren ständiger und erbitterter Schlachten hatten die europäischen Regierungen etwa 200 Milliarden Dollar ausgegeben und für ihre gegenseitige Zerstörung fast die Hälfte des Bruttoinlandsprodukts ihrer Länder aufgewendet. Um dies alles zu bezahlen, hatten sie die Steuern erhöht, bei ihren eigenen Bürgern und bei den Amerikanern gigantische Kredite aufgenommen und einfach immer mehr Geld gedruckt. Am Ende des Kriegs war Europa voll von dem Zeug – der Geldmengenumlauf verdoppelte sich in Großbritannien, verdreifachte sich in Frankreich und vervierfachte sich in Deutschland, das in dieser Hinsicht die größten Fehler begangen hatte. Auch in den USA hatte sich die Geldmenge verdoppelt, aber das lag weniger an einer inflationären Kriegsfinanzierung, die weit weniger stark ausfiel als bei den Europäern, sondern eher am massiven Goldzufluss. Das war die Ausgangsposition für das folgende Jahrzehnt: Europa kämpfte mit dem Erbe und den Belastungen aus der Vergangenheit, die USA mühten sich mit den zusätzlichen Vorteilen des Glücks ab, das ihnen in den Schoß gefallen war.
    Am Tag als der Kaiser aus Deutschland floh, war Hjalmar Schacht in Berlin. Obwohl der Kaiser noch nicht wirklich abgedankt hatte – er tat dies erst zwei Wochen später an seinem Zufluchtsort in Holland –, verkündete der Kanzler Prinz von Baden, ein entfernter Cousin des Herrschers, vorbeugend, dass der Kaiser fort sei. Die Stadt sah aus wie ein bewaffnetes Armeelager, mit Stacheldrahtzäunen und umgeworfenen Fahrzeugen, die die Straßen blockierten. Eine Revolution lag in der Luft. Ein Generalstreik war ausgerufen worden, Tausende Arbeiter und Soldaten marschierten durch das Stadtzentrum und verlangten eine Republik.
    Als er um die Mittagszeit das Hotel Esplanade in der Nähe des Potsdamer Platzes verließ, sah sich Schacht einem Konvoi kommunistischer Kämpfer gegenüber, die in Lastwagen den Platz überquerten. Am Bahnhof war eine Maschinengewehrkompanie stationiert. Niemand schien für das Geschehen zuständig zu sein. Um zu sehen, was da vor sich ging und um außer Reichweite des Mobs zu kommen, gingen Schacht und sein Begleiter nach Norden in Richtung des Reichstags, den sie verlassen vorfanden. Kurz zuvor hatte Philipp Scheidemann, ein führender Politiker der Sozialdemokraten, der Geschichte einen Schub gegeben, indem er auf den Balkon trat und der unten versammelten Menge die Gründung der Republik verkündete, obwohl der Reichstag nichts dergleichen beschlossen hatte. So wurde die neue Republik Deutschland geboren. Danach hatte sich die Menschenmenge zum Berliner Schloss aufgemacht, dem verlassenen Palast des Kaisers.
    Schacht sollte später erwähnen, dass es inmitten des Chaos an diesem dramatischen Tag so etwas wie eine ganz entschieden deutsche Ordnung gab. Die kaiserliche Dynastie mochte zusammengebrochen, das politische System Deutschlands mochte auf den Kopf gestellt worden sein, aber die normalen Leute gingen ihren alltäglichen Beschäftigungen nach und versuchten, die Demonstrationen zu ignorieren. Die Straßenbahnen fuhren weiter, die Versorgung mit Elektrizität, Wasser und Gas wurde nicht unterbrochen, und fast niemand kam ums Leben. Es gab an diesem Tag weniger als 15 Todesopfer. Sogar wenn in der Nähe des Schlosses ab und zu geschossen wurde, blieben die fliehenden Menschenmengen instinktiv derart gesetzestreu, dass sie die Warnschilder beachteten, den Rasen nicht zu betreten. Im ganzen Land entstanden Arbeiter- und Soldatenräte, die die Funktionen der lokalen Behörden übernahmen. Am 10. November wurde Schacht in den Rat seines Wohnsitzes gewählt, worüber er sich köstlich amüsierte. Nachdem man eine Proklamation verfasst hatte, in dem die Revolution begrüßt wurde, traf sich dieses Gremium exakt noch ein Mal.
    Die nächsten Wochen waren eine

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