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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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meisten Handelsnationen – die USA, Russland, Japan, Indien, Argentinien – hielten sogar einen Teil ihrer Barreserven auf Sterling-Konten in London. Das Pfund hatte in der Konstellation des Goldstandards einen speziellen Status und seine Abwertung hätte die Finanzwelt erschüttert.
    In den letzten Kriegsmonaten bildete die britische Regierung eine Kommission unter Führung des allgegenwärtigen Lord Cunliffe, der die Bank of England erst kurz zuvor verlassen hatte. Die anderen Mitglieder waren Sir John Bradbury vom Finanzministerium, A. C. Pigou, Professor für politische Ökonomie in Cambridge und zehn Bankiers aus der City. Die Kommission hatte die Aufgabe, die Währungsarrangements für die Zeit nach dem Krieg vorzubereiten. 23 Parteien äußerten sich vor der Kommission, und sie alle sprachen sich ausnahmslos dafür aus, auf Basis des Vorkriegskurses zum Goldstandard zurückzukehren. Sie alle meinten, die Wiederherstellung der traditionellen Parität sei von entscheidender Bedeutung, wenn Großbritannien seine Position im Mittelpunkt des globalen Bankensystems behaupten wolle.
    Das Modell, das sie im Sinn hatten und das im kollektiven Gedächtnis der Bank of England besonders stark verankert war, waren die Erfahrungen Großbritanniens hundert Jahre zuvor nach den Napoleonischen Kriegen. 1797, vier Jahre nach Beginn des Revolutionskriegs gegen Frankreich, hatte es einen Ansturm auf die Bank of England gegeben, ausgelöst durch Gerüchte, die französische Armee sei in Wales gelandet. Die Goldreserven der Bank, neun Millionen Pfund vor dem Krieg, schrumpften auf eine Million, und die Bank war ebenso wie 1914 gezwungen, den Goldstandard aufzugeben. Unter dem Druck der Kriegsfinanzierung stieg die von der Bank ausgegebene Geldmenge in den folgenden 15 Jahren von zehn auf 22 Millionen Pfund, wobei sich die Preise verdoppelten.
    1810 gab es eine parlamentarische Untersuchungskommission, Bullion Committee genannt, die die ganze Angelegenheit prüfen sollte. Eines ihrer Mitglieder war Henry Thornton, Bankier, Parlamentarier, Bruder eines der Direktoren der Bank of England und der kreativste Geldökonom des 19. Jahrhunderts, dessen Einsichten leider in Vergessenheit gerieten, als spätere Generationen die Bank leiteten. Die Kommission empfahl, die Bank solle ihre Auszahlungen in Gold so schnell wie möglich wiederaufnehmen und um dieses Ziel zu erreichen damit beginnen, Kredite an Banken und Kaufleute einzuschränken und das Angebot an Papiergeld zu verknappen, indem sie umlaufende Banknoten einzog. Klugerweise wartete die Bank bis 1815, als sich der besiegte Napoleon im sicheren Exil auf St. Helena befand, ehe sie diesen Rat befolgte. In den folgenden sechs Jahren halbierte sie nahezu das im Land umlaufende Papiergeld, wodurch die Preise um 50 Prozent sanken. Und obwohl diese Jahre von 1815 bis 1821 Jahre der Unruhen und großer Probleme in der Landwirtschaft waren, kehrte Großbritannien 1821 zum Gold zurück. Im folgenden halben Jahrhundert wurde das Land zur größten Wirtschaftsmacht der Welt. Viele glaubten, die »Wiederaufnahme« von 1821 sei die wichtigste Entscheidung in der Finanzgeschichte Großbritanniens gewesen. Dass die Bank bereit war, den Schmerz eines Preisverfalls um 50 Prozent zuzulassen, um den Goldwert des Pfunds wiederherzustellen, unterschied Sterling von jeder anderen europäischen Währung und machte die Bank of England zum wichtigsten Wertspeicher der Welt.
    Durch dieses Beispiel angeregt – und in völligem Gegensatz zu allen anderen europäischen Ländern – entschied sich die Bank of England 1920 für die Deflation und erhöhte ebenso wie die Fed die Zinsen auf sieben Prozent. Der Haushalt war ausgeglichen. Die Wirtschaft geriet in eine scharfe Rezession, zwei Millionen Menschen verloren ihre Arbeit. Dennoch schaffte es die Bank bis Ende 1922, die Preise um 50 Prozent sinken zu lassen. Das Pfund, das auf dem Devisenmarkt bis auf 3,20 Dollar gefallen war, weil man befürchtete, Großbritannien stehe vor einer Abwertung, stieg bis auf zehn Prozent wieder auf den Vorkriegs-Wechselkurs von 4,86 Dollar.
    Aber während die amerikanische Wirtschaft, die dynamischer und nicht durch hohe internationale Schulden belastet war, sich schnell von der Rezession erholen konnte, verharrte Großbritannien darin. Die Zahl der Arbeitslosen fiel in den folgenden 20 Jahren nicht unter eine Million. Schnell wurde klar, dass Großbritannien als Wirtschaftsmacht im Krieg schreckliche Schäden erlitten hatte.

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