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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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litt Europa, vor allem Großbritannien und Deutschland, chronischen Mangel. Die drei großen europäischen Volkswirtschaften, die vor dem Krieg mit Gold im Wert von drei Milliarden Dollar operiert hatten, besaßen nun kaum noch halb so viel. Angesichts der ständigen Anforderungen, Gold auszuzahlen, hatten die europäischen Zentralbanken eine Reihe von Maßnahmen ergriffen. Die wichtigste davon war, Goldmünzen aus dem Geldkreislauf abzuziehen. Alle diese soliden Glücksbringer des Wohlstands der Mittelschicht zur Jahrhundertwende waren allmählich aus den Taschen der Europäer verschwunden und durch schäbige Papierstücke ersetzt worden. Mitte der 1920er-Jahre waren die USA das einzige große Land, wo man noch Goldmünzen finden konnte.
    Die Konzentration des weltweit wichtigsten Edelmetalls in den USA hatte dem Rest der Welt nur unzureichende Reserven belassen, um die Maschinerie des Handels zu ölen. Die Welt des internationalen Goldstandards war wie ein Pokertisch geworden, an dem ein Spieler alle Chips gehortet hat und das Spiel einfach nicht mehr in Gang kommen kann.
    Ein Mann, der kein Problem damit hatte, sich von den Einschränkungen des Goldstandards zu lösen, war John Maynard Keynes. Nach der Friedenskonferenz hatte er seine Lehrtätigkeit in Cambridge wieder aufgenommen. Aber nach dem durchschlagenden Erfolg von Die wirtschaftlichen Folgen arbeitete er weniger an der Universität und widmete sich immer mehr der größeren Bühne des globalen Geschehens. Er trat in den Verwaltungsrat eines Versicherungsunternehmens ein und wurde Vorstand der britischen Wochenzeitschrift Nation , für die er regelmäßig Beiträge schrieb, ebenso wie für den Manchester Guardian . Diese Artikel wurden an Blätter auf der ganzen Welt verkauft, darunter die amerikanische Wochenzeitschrift New Republic . Und er begann, als Währungsspekulant ein Vermögen zu machen.
    1919 war dies eine neue Art, Geld zu verdienen. Vor 1914 hatte es feste Wechselkurse gegeben, und es gab so gut wie keine Möglichkeit, von deren Instabilität zu profitieren. Nach dem Krieg, als die Wechselkurse der bedeutenden Währungen nach oben und unten schlingerten, konnte man hohe Gewinne erzielen – und ebenso hohe Summen verlieren –, indem man auf die Richtung solcher Bewegungen wettete. In der zweiten Jahreshälfte 1919 war Keynes überzeugt, dass die inflationären Folgen des Kriegs die Währungen der wichtigsten Kriegsteilnehmer schwächen würden. Daher verkaufte er den französischen Franc, die deutsche Reichsmark und die italienische Lira und kaufte die Währungen derjenigen Länder, die sich während des größten Teils des Kriegs herausgehalten oder gar nicht an ihm teilgenommen hatten: die norwegische und die dänische Krone, den US-Dollar und interessanterweise auch die indische Rupie. In den ersten Monaten gewann er damit 30 000 Dollar. Anfang 1920 stellte er ein Syndikat zusammen, gemeinsam mit seinem Bruder, einigen Leuten aus dem Bloomsbury-Kreis und einem befreundeten Finanzier aus der Londoner City. Bis Ende April 1920 hatten sie weitere 80 000 Dollar gewonnen. Dann, innerhalb von vier Wochen, spülte eine kurzlebige Welle von Optimismus in Deutschland die sinkenden europäischen Währungen für kurze Zeit nach oben, und sie verloren ihr gesamtes Kapital. Keynes selbst stand am Rand der Pleite, sein toleranter Vater musste ihm aus der Patsche helfen. Gestützt von seiner nachsichtigen Familie und einem Kredit des kühl rechnenden Finanziers Sir Ernest Cassel setzte er seine Spekulationen jedoch fort – die größtenteils auf seiner Überzeugung basierten, die deutsche und die mitteleuropäischen Währungen stünden vor einer Katastrophe. Bis Ende 1922 häufte er ein bescheidenes Vermögen von nahezu 120 000 Dollar an.
    Das bei Weitem wichtigste Ereignis in seinem Leben war allerdings, dass er sich verliebt hatte – diesmal in eine Frau, Lydia Lopokova, nichts weniger als eine verheiratete, emigrierte Ballerina. Sie war die Tochter eines russischen Vaters, Platzanweiser im kaiserlichen Alexandrinsky-Theater, und einer schottisch-deutschen Mutter. Lydia kam aus einer Familie von Tänzern – ihre beiden Brüder und eine Schwester hatten ebenfalls die kaiserliche Ballettschule in St. Petersburg besucht. Als Maynard sie 1918 kennenlernte, reiste sie mit dem Diaghilev-Ballett. Sie hatte als Cabaret- und Varieté-Künstlerin und als Model sieben Jahre in den USA verbracht und war mit Randolfo Barrochi verheiratet, dem Manager der

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