Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)
zum Goldstandard zurückkehren.
Sogar in den USA verlief die Rückkehr zum Gold und zu monetärer Stabilität nicht völlig schmerzlos. 1919 und 1920, nach den kargen Kriegsjahren, gerieten die Verbraucher in einen Kaufrausch. Die Inflation beschleunigte sich und für einen Moment schien sie außer Kontrolle zu geraten. Strong reagierte kraftvoll und führte eine Initiative der Fed an, die Kreditzügel dramatisch anzuziehen, indem sie die Zinsen auf sieben Prozent erhöhte und sie ein volles Jahr lang auf diesem Niveau beließ. Diese Beschränkung wurde von einer ähnlichen Anstrengung der Bundesregierung begleitet, den Haushalt ins Gleichgewicht zu bringen. Die Wirtschaft fiel in eine Rezession. Über zweieinhalb Millionen Menschen verloren ihre Jobs. Die Zahl der Insolvenzen stieg massiv an. Aber Ende 1921, als die Preise um fast ein Drittel gesunken waren, begann sich die Wirtschaft erneut zu erholen. In den folgenden sieben Jahren kam es in der amerikanischen Wirtschaft unter Führung neuer Technologien wie Autos und Kommunikation zu einem noch nie da gewesenen Phase hohen Wachstums und niedriger Inflation.
Am anderen Ende des Spektrums, von den USA aus gesehen, befand sich Deutschland, das im Krieg den Weg des geringsten Widerstands gegangen war und seine Geldmenge um 400 Prozent erhöht hatte. Ende 1920 standen die Preise in Deutschland beim Zehnfachen des Niveaus von 1913. Deutschland hatte so viel Geld emittiert, dass es keine Hoffnung gab, den Prozess rückgängig zu machen, und als der Krieg vorbei war, schien es zweifellos vor einer massiven Abwertung zu stehen. Im Rückblick wäre das ein Segen gewesen. Aber statt zu versuchen, seine Finanzen wieder aufzubauen, entschied sich die deutsche Regierung für eine Politik der systematischen Inflation, teilweise zur Bezahlung der Reparationen, und begann so eine Reise der Phantasie in die äußersten Bereiche des monetären Universums.
Abbildung I: Verbraucherpreise: 1913 bis 1924 (1914 = 100)
Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs entschieden sich Deutschland und Frankreich für Inflation und Abwertung, die USA und Großbritannien wählten den Weg der Deflation.
Großbritannien und Frankreich lagen irgendwo dazwischen. Während des Kriegs hatte Frankreich seine Geldmenge um 350 Prozent erhöht, was die Preise im selben Ausmaß steigen ließ. Nach dem Krieg vermied die Banque de France eine Hyperinflation nach deutschem Vorbild und einen Zusammenbruch der Währung, indem sie die Ausgabe neuer Banknoten einschränkte. Dennoch spielte Frankreich noch immer mit der Katastrophe, weil es Haushaltsdefizite von 500 Millionen Dollar gab, und wieder wurde es durch die bemerkenswerte Sparsamkeit seiner Bürger gerettet. Innerhalb der Bank gab es zwar eine Gruppe, die die Phantasie hegte, den Preisanstieg um mehr als das Dreifache umzukehren und den Franc wieder zu seiner Goldparität von 1914 zurückzuführen. Aber die meisten rational denkenden Beobachter waren sich einig, dass Frankreich, wenn es zum Goldstandard zurückkehrte, dies zu einem radikal niedrigeren Umrechnungskurs tun musste – und selbst das schien noch viele Jahre entfernt zu sein.
Großbritannien war daher das einzige unter den großen Ländern, das tatsächlich vor der Wahl zwischen Entwertung und Deflation stand. Für einen modernen Beobachter, der dem Prinzip, Wechselkurse seien unantastbar, weniger verbunden ist, hätte ein gewisses Maß an Abwertung Sinn ergeben. Schließlich war der Wettbewerb in der Weltwirtschaft nach dem Krieg für das Land schwieriger geworden, und da es riesige Mengen seiner Anlagen im Ausland liquidiert hatte, gab es auch wesentlich weniger Einkommen aus dem Ausland, um den Nachteil abzufedern. Daher hätte der Wechselkurs des Pfunds sinken können, um britische Güter auf den Weltmärkten billiger zu machen.
Norman und seine Generation lebten mental allerdings in einer anderen Welt. Sie sahen Abwertung nicht als Anpassung an eine neue Realität, sondern als etwas Größeres, als Symptom mangelnder finanzieller Disziplin, die einen kollektiven Vertrauensverlust in sämtliche Währungen hätte auslösen können. Wenn man von der Londoner City als Bankier der Welt sprach, war das mehr als nur eine Redewendung – die City funktionierte in der Tat wie eine gigantische Bank, indem sie Einlagen von einem Teil der Welt nahm und sie an einen anderen Teil verlieh. Gold galt zwar als internationale Währung schlechthin, aber das Pfund Sterling kam gleich danach, und die
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