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Die Herren des Nordens

Titel: Die Herren des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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hatte und das Tier dennoch leiten konnte. Der Hengst war von einem der
     Dänen erbeutet worden, die in den letzten Tagen abgeschlachtet worden waren, und niemand kannte seinen Namen. Ich nannte ihn
     Witnere, das bedeutet Quälgeist, und das passte, denn er mochte die beiden Stuten nicht und versuchte bei jeder Gelegenheit,
     nach ihnen zu schnappen.
    Auf den Stuten sollten Willibald und Hild reiten. Ich hatte zu Pater Willibald gesagt, er solle nach Süden gehen, doch seine
     Angst war inzwischen so groß, dass er darauf bestand, bei mir zu bleiben. So ritten wir an dem Tag nach meinem Treffen mit
     Bolti alle zusammen auf der Römerstraße nordwärts. Ein Dutzend Männer schloss sich uns an. Unter ihnen waren drei Dänen und
     zwei Nordmänner, denen es gelungen war, sich während Hrothweards Blutbad zu verstecken, alle anderen waren Sachsen, die der
     Rache Ivarrs entkommen wollten. Alle waren bewaffnet, |44| und Bolti gab mir Geld, um sie zu bezahlen. Ihr Entgelt war nicht hoch, es reichte gerade, um Essen und Bier zu bezahlen,
     doch ihre Anwesenheit würde die Wegelagerer an der langen Straße abschrecken.
    Ich war versucht, nach Synningthwait zu reiten, wo Ragnar und seine Leute ihr Land hatten, doch ich wusste, dass ich dort
     nur wenige Männer antreffen würde, da die meisten mit Ragnar in den Süden gezogen waren. Einige von ihnen waren inzwischen
     bei Ethandun gefallen, und die anderen waren noch immer bei Guthrum, dessen geschlagenes Heer in Mercien geblieben war. Guthrum
     und Alfred hatten Frieden geschlossen, und Guthrum hatte sich sogar taufen lassen, was Willibald als Wunder betrachtete. Daher
     würden nur sehr wenige Krieger in Synningthwait sein, und es war kein Ort, an dem ich Schutz vor den mörderischen Absichten
     meines Onkels oder vor Kjartans Hass finden konnte. Ohne rechten Plan für meine Zukunft überließ ich mich meinem Schicksal
     und setzte auf Bolti, den ich nordwärts begleitete, dorthin, wo uns Kjartans Land wie eine bedrohliche Wolke erwartete, die
     sich auf unseren Weg gesenkt hatte. Dieses Land zu durchqueren bedeutete, dass wir eine Abgabe zahlen mussten, und diese Abgabe
     war gesalzen. Nur mächtige Männer wie Ivarr, der mehr Krieger anführte, als Kjartan Gefolgsleute hatte, konnte den Fluss Wiire
     überqueren, ohne etwas zu zahlen. «Du kannst es ja verschmerzen», reizte ich Bolti. Seine beiden Söhne führten Packpferde,
     die meiner Vermutung nach mit lauter Münzen beladen waren, die sie in Stoff eingewickelt hatten, damit sie nicht klimperten.
    «Ich kann es nicht verschmerzen, wenn er mir meine Töchter nehmen will», sagte Bolti. Er hatte Zwillingstöchter von zwölf
     oder dreizehn Jahren, genau im richtigen |45| Alter, um verheiratet zu werden. Sie waren klein, dick, hellhaarig, stupsnasig und unmöglich auseinanderzuhalten.
    «So etwas macht Kjartan also?», fragte ich.
    «Er nimmt sich, was er will», sagte Bolti säuerlich, «und junge Mädchen gefallen ihm, obwohl ich vermute, dass er noch lieber
     dich in die Finger bekommen würde.»
    «Und warum vermutest du das?», fragte ich ihn ausdruckslos.
    «Ich kenne die Geschichten», sagte er. «Sein Sohn hat wegen dir ein Auge verloren.»
    «Er hat sein Auge verloren», sagte ich, «weil er der Tochter Ragnars die Kleider vom Leib gerissen hat.»
    «Aber er beschuldigt dich.»
    «Das tut er», stimmte ich zu. Wir waren damals alle noch Kinder gewesen, aber die Verletzungen aus der Kindheit können lange
     weiterschwären, und ich zweifelte nicht daran, dass mir Sven der Einäugige zum Ausgleich für sein eines Auge liebend gern
     alle beide herausreißen würde.
    Also wandten wir uns westlich in die Hügel, als wir in die Nähe Dunholms kamen, um Kjartans Männern auszuweichen. Es war Sommer,
     doch ein kühler Wind hatte niedrige Wolken und feinen Regen herangetrieben, sodass ich froh war, mein ledergefüttertes Kettenhemd
     zu tragen. Hild hatte die kleinen Metallringe mit Wollfett aus frischen Fellen eingerieben, und so rostete das Metall kaum.
     Auch meinen Helm und die Klingen meiner Schwerter hatte sie eingefettet.
    Wir kamen auf einem ausgetretenen Pfad höher, und in einiger Entfernung folgte uns eine weitere Gruppe, und auf der feuchten
     Erde waren frische Hufspuren zu erkennen, die verrieten, dass dieser Weg nicht lange zuvor von anderen benutzt worden war.
     Dass dieser Pfad so viel benutzt wurde, hätte mich zum Nachdenken bringen sollen. |46| Kjartan der Grausame und Sven der Einäugige lebten

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