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Die Herren des Nordens

Titel: Die Herren des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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den launisch verzogenen Mund wie sein Onkel. Nun aber wirkte er verängstigt, während er auf das hölzerne
     Podest am Ende der Halle kam, und das war auch kein Wunder, denn der verrückte Hrothweard hatte einen Sturm entfesselt, und
     Egbert musste wissen, dass sich Ivarrs Dänen rächen würden. Doch Egberts Anhänger hatten sich von der Begeisterung anstecken
     lassen und waren überzeugt, Alfreds Sieg sei nur der Vorbote der endgültigen dänischen Niederlage und meine Ankunft ein weiteres
     Zeichen des Himmels. Ich wurde nach vorne geschoben, und laute Rufe kündigten dem König mein Kommen an. Er betrachtete mich
     verwirrt, und seine Verwirrung |36| steigerte sich noch, als eine Stimme, eine vertraute Stimme, meinen Namen rief. «Uhtred! Uhtred!»
    Ich sah mich um und erkannte Pater Willibald.
    «Uhtred!», rief er nochmals vor lauter Freude, mich zu sehen. Egbert ließ einen finsteren Blick von mir zu Willibald wandern.
     «Uhtred!», sagte der Priester, ohne den König zu beachten, und dann umarmte er mich.
    Pater Willibald war ein guter Freund und ein guter Mensch. Er war Westsachse und einst Alfreds Flottenpriester gewesen, und
     nun hatte ihn das Schicksal dazu auserwählt, den northumbrischen Sachsen im Norden die frohe Botschaft von Ethandun zu bringen.
    Der Lärm im Saal verstummte. Egbert versuchte, die Führung zu übernehmen. «Euer Name», sagte er, nachdem er entschieden hatte,
     meinen Namen nicht gehört zu haben.
    «Steapa!», rief einer der Männer, die uns in die Stadt begleitet hatten.
    «Uhtred!», verkündete Willibald mit leuchtenden Augen.
    «Ich bin Uhtred von Bebbanburg», gab ich zu, außerstande, meine Täuschung länger aufrechtzuerhalten.
    «Der Mann, der Ubba Lothbrokson getötet hat!» Willibald versuchte bei diesen Worten meine rechte Hand in die Höhe zu ziehen,
     um zu zeigen, dass ich ein Held war. «Und der Mann», sprach er weiter, «der bei Ethandun Svein vom Weißen Pferd zu Fall gebracht
     hat!»
    In zwei Tagen, so dachte ich, würde Kjartan der Grausame wissen, dass ich in Northumbrien war, und in drei würde mein Onkel
     Ælfric von meinem Kommen erfahren haben, und wenn ich nur eine Unze Verstand besessen hätte, wäre ich sofort aus dem Saal
     verschwunden und hätte mich zusammen mit Hild genauso schnell Richtung Süden |37| davongemacht, wie sich Erzbischof Wulfhere aus Eoferwic abgesetzt hatte.
    «Ihr wart in Ethandun?», fragte mich Egbert.
    «Ich war dort, Herr.»
    «Was ist geschehen?»
    Sie hatten die Erzählung von der Schlacht schon aus Pater Willibalds Mund gehört, doch das war die Sicht eines Priesters,
     durchsetzt mit Gebeten und den Schilderungen von Wundern. Nun lieferte ich ihnen, was sie wirklich hören wollten, und das
     war die Erzählung eines Kriegers, die von toten Dänen und der Schlacht mit dem Schwert handelte, und die ganze Zeit unterbrach
     mich ein Priester mit blitzenden Augen, struppigem Haar und wildem Bart mit seinen Halleluja-Rufen. Ich vermutete, das sei
     Pater Hrothweard, der Priester, der in Eoferwic das Blutbad ausgelöst hatte. Er war jung, kaum älter als ich, und seine kraftvolle
     Stimme und sein herrisches Auftreten wurden durch seine Leidenschaft noch gesteigert. Jedes Hallelujah wurde von einem Speichelschauer
     begleitet, und kaum hatte ich beschrieben, wie die geschlagenen Dänen den großen Hügel von Ethandun hinunterflüchteten, drängte
     sich Hrothweard vor und wandte sich an die Menge. «Das ist Uhtred!», rief er und stieß mir seinen spitzen Zeigefinger in die
     Rippen, die von meinem Kettenhemd geschützt wurden. «Uhtred von Northumbrien, Uhtred von Bebbanburg, ein Dänentöter, ein Gotteskrieger!
     Und er ist zu uns gekommen genau wie der Heilige Cuthbert zu Alfred in seiner Bedrängnis! Das ist ein Zeichen des Allmächtigen!»
     Die Menge jubelte, der König wirkte verängstigt, und Hrothweard, nur allzu bereit, sich in seinen Wahn zu steigern, trat der
     Schaum vor den Mund, als er zu beschreiben begann, wie in naher Zukunft jeder Däne in Northumbrien hingemetzelt würde.
    |38| Es gelang mir, mich unauffällig von Hrothweard zu entfernen, indem ich mich immer weiter in den Hintergrund des Podestes schob.
     Dort packte ich Pater Willibald an seinem mageren Genick und schob ihn in einen Durchgang, der zu den Privaträumen des Königs
     führte. «Ihr seid ein Tölpel», knurrte ich, «Ihr seid ein Earsling. Ihr seid ein idiotischer, dampfender Scheißhaufen, das
     seid Ihr. Ich sollte Euch hier und jetzt

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