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Die Herren des Nordens

Titel: Die Herren des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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aussehen mochte. «Kannst du sie nicht durch einen Kampf ausschalten?», verlangte
     Bolti zu wissen.
    «Dreizehn gegen neunzehn?», hielt ich ihm vor. «Ja», sagte ich dann, «wenn die dreizehn kämpfen würden, aber das werden sie
     nicht.» Ich deutete auf die Schwertkämpfer, die Bolti für unsere Begleitung bezahlt hatte. «Sie taugen dazu, Wegelagerer abzuschrecken»,
     fuhr ich fort, «aber sie sind nicht so dumm, gegen Kjartans Männer zu kämpfen. Wenn ich ihnen sage, dass sie kämpfen sollen,
     werden die meisten zum Feind überlaufen und mit ihm deine Töchter teilen.»
    «Aber   …», setzte er an, doch dann verstummte er, denn nun hatten wir vor Augen, was uns erwartete. Wo der Fluss reißend hinabstürzte,
     öffnete sich ein breiteres Tal, und dort lag ein ansehnliches Dorf, in dem eine Brücke, die |49| aus kaum mehr als einer einfachen, riesigen Steinplatte bestand, einen größeren Fluss überspannte, den ich für den Wiire hielt.
     In dem Dorf war eine Menschenmenge versammelt, und ich sah, dass sie von Männern bewacht wurde. Die Reiter, die uns folgten,
     kamen nun etwas näher, doch sie hielten an, als ich anhielt. Ich sah den Hügel hinab. Das Dorf war zu weit entfernt, um erkennen
     zu können, ob Kjartan oder Sven unter den Leuten waren, doch ich konnte davon ausgehen, dass die Männer im Tal aus Dunholm
     gekommen waren und dass einer von den beiden Herren Dunholms ihr Anführer war. Bolti kreischte vor Schreck auf, doch ich beachtete
     ihn nicht.
    Zwei weitere Wege führten von Süden auf das Dorf zu, und ich vermutete, dass auch sie von Reitern bewacht wurden, deren Aufgabe
     es war, Reisende abzufangen. Sie hatten ihre Beute zum Dorf getrieben, und diejenigen, die nicht imstande waren, die Abgabe
     zu zahlen, wurden gefangen genommen. «Was wirst du jetzt tun?», fragte Bolti vor Angst zitternd.
    «Ich werde deine Haut retten», sagte ich, und dann sagte ich zu einer seiner Zwillingstöchter, sie solle mir den schwarzen
     Leinenschal geben, den sie als Gürtel trug. Sie band ihn los und gab ihn mir mit bebender Hand. Ich schlang mir den Stoff
     um den Kopf, bedeckte meinen Mund, die Nase und die Stirn, und dann bat ich Hild, ihn festzustecken. «Was hast du vor?», jammerte
     Bolti.
    Ich machte mir nicht die Mühe, ihm zu antworten. Stattdessen stülpte ich meinen Helm über den Schal. Die Wangenstücke waren
     eng angepasst, sodass mein Gesicht nun nur noch eine Maske aus glänzendem Metall über einem schwarzen Schädel war. Allein
     meine Augen waren noch zu sehen. Ich zog Schlangenhauch halb aus der Scheide, um sicher zu sein, dass mein Schwert leicht
     zur Hand |50| sein würde, dann trieb ich Witnere ein paar Schritte vor. «Ich bin jetzt Thorkild der Lepröse», erklärte ich Bolti. Der Schal
     ließ meine Stimme dumpf und verschwommen klingen.
    «Wer bist du?», fragte er und starrte mich an.
    «Ich bin Thorkild der Lepröse», sagte ich, «und du und ich werden jetzt mit ihnen verhandeln.»
    «Ich?», hauchte er mit versagender Stimme.
    Mit einer Geste bedeutete ich allen, sich weiterzubewegen. Die Gruppe, die uns bis an diese Stelle getrieben hatte, war wieder
     Richtung Süden unterwegs, vermutlich, um nach den nächsten Reisenden zu suchen, die versuchten, Kjartans Kriegsrotte zu umgehen.
    «Ich habe dich bezahlt, damit du mich beschützt», sagte Bolti verzweifelt.
    «Und ich werde dich beschützen», sagte ich. Seine sächsische Frau heulte wie bei einer Beerdigung, und ich knurrte sie an,
     damit sie ruhig war. Dann ließ ich ein paar hundert Schritt vor dem Dorf halten und wies alle außer Bolti an, auf uns zu warten.
     «Nur du und ich», erklärte ich Bolti.
    «Ich glaube, du solltest alleine mit ihnen verhandeln», sagte er, und dann fing er an zu kreischen. Er kreischte, weil ich
     seinem Pferd einen Schlag aufs Hinterteil versetzt hatte, sodass es losgaloppierte. Ich holte ihn sofort ein. «Denk dran»,
     sagte ich, «ich bin Thorkild der Lepröse, und wenn du verrätst, wer ich in Wirklichkeit bin, bringe ich dich um, genau wie
     deine Frau und deine Söhne, und anschließend verkaufe ich deine Töchter als Huren. Wer bin ich?»
    «Thorkild», stammelte er.
    «Thorkild der Lepröse», sagte ich. Wir waren inzwischen in dem Dorf, eine mitleiderregende Ansammlung |51| niedriger Steinhütten mit Torfdächern. Wenigstens dreißig oder vierzig Menschen wurden auf dem Dorfplatz bewacht, und auf
     einer Seite, in der Nähe der Brücke aus dem großem Stein, standen ein

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