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Die Herren des Nordens

Titel: Die Herren des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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lassen. Dann reichen sogar sechzig Männer.»
    «Sechzig?», fragte Guthred.
    «Sechzig Männer könnten an dieser Stelle einen Wall verteidigen», sagte ich. Das große Felsmassiv, auf dem Dunholm lag, war
     geformt wie eine Birne, und wir standen auf seinem niedriger gelegenen, schmaleren Ende und sahen zu den Festungsanlagen hinauf.
     Der Fluss verlief zu unserer Rechten, schwang sich um den riesigen Felsen und tauchte zu unserer Linken wieder auf, und an
     dieser Stelle betrug die Entfernung zwischen den beiden Flussufern kaum dreihundert Schritte. Es würde eine Woche dauern,
     um auf diesen dreihundert Schritten eine Schneise durch den Baumbewuchs zu schlagen, und eine weitere Woche, um einen Graben
     auszuheben und eine Palisade zu errichten, und eine dritte Woche, um diese Palisade mit einem Wall zu verstärken, sodass sechzig
     Männer ausreichen würden, um ihn zu verteidigen. Die Landenge war nicht flach, sondern ein unebener, felsiger Buckel, sodass
     die Palisade dieser Krümmung würde folgen müssen. Sechzig Männer konnten zwar niemals dreihundert Schritte Festungswall verteidigen,
     doch die Landenge bestand an vielen Stellen aus steilen Felsenböschungen, von denen aus niemals ein Angriff geführt werden
     konnte. In Wahrheit würden die |181| sechzig Männer den Wall also nur an drei oder vier Stellen verteidigen müssen.
    «Sechzig!» Ivarr hatte die ganze Zeit geschwiegen, doch nun spuckte er das Wort aus, als wäre es ein Fluch. «Ihr braucht mehr
     als sechzig. Die Männer müssen über Nacht abgelöst werden. Andere müssen Wasser holen, das Vieh hüten und die Ufer des Flusses
     bewachen. Sechzig Männer sind vielleicht imstande, den Wall zu halten, aber Ihr braucht noch zweihundert mehr, damit diese
     sechzig ihre Aufgabe erfüllen können.» Er sah mich finster an. Er hatte natürlich recht. Und wenn zweihundert bis dreihundert
     Männer in Dunholm gebunden wären, dann würden zweihundert bis dreihundert Männer bei der Sicherung Eoferwics oder bei der
     Bewachung unserer neuen Anpflanzungen fehlen.
    «Aber ein Wall an dieser Stelle», sagte Guthred, «wäre Dunholms Untergang.»
    «Das wäre er», stimmte Ivarr zu, obwohl aus seiner Stimme noch Zweifel klangen.
    «Also brauche ich einfach mehr Leute», sagte Guthred. «Ich brauche mehr Leute.»
    Ich führte Witnere ein Stück Richtung Osten, als wollte ich prüfen, wo der Wall errichtet werden könnte. Auf dem hohen Tor
     von Dunholm standen Männer, die uns beobachteten. «Vielleicht dauert es auch kein Jahr», rief ich Guthred zu. «Kommt und seht
     Euch das an.»
    Er lenkte sein Pferd zu mir, und ich hatte ihn noch nie so herabgestimmt gesehen. Bis jetzt war Guthred alles einfach zugefallen.
     Der Thron, Eoferwic und Ivarrs Huldigung, doch Dunholms massiger Fels, der schiere Macht ausstrahlte, hatte seinen hoffnungsvollen
     Frohmut zum Erliegen gebracht. «Was wollt Ihr mir zeigen?», fragte er und wunderte sich, dass ich ihn von dem Pfad weggerufen
     hatte.
    |182| Ich warf einen Blick zurück, um sicher zu sein, dass Ivarr und sein Sohn außer Hörweite waren. Dann deutete ich auf den Fluss,
     als würde ich über die Besonderheiten des Geländes reden. «Wir können Dunholm einnehmen», erklärte ich Guthred mit gesenkter
     Stimme, «aber ich werde Euch nicht dabei helfen, wenn Ihr es Ivarr als Belohnung gebt.» Er zuckte zusammen, dann sah ich einen
     listigen Ausdruck über sein Gesicht huschen und wusste, dass er am liebsten geleugnet hätte, jemals daran gedacht zu haben,
     Ivarr die Festung zu übergeben. «Ivarr ist schwach», erklärte ich ihm, «und solange Ivarr schwach bleibt, wird er Euer Freund
     sein. Wenn Ihr ihn stärkt, schafft Ihr Euch einen Feind.»
    «Und was nutzt ein schwacher Freund?», fragte er.
    «Mehr als ein starker Feind, Herr.»
    «Ivarr will nicht König werden», sagte er, «warum also sollte er mir feindlich gesonnen sein?»
    «Was Ivarr will», sagte ich, «ist, den König wie ein Hündchen an der Leine zu führen. Wollt Ihr das? Ivarrs Hündchen sein?»
    Er starrte zu dem großen Tor hinauf. «Einer muss Dunholm verteidigen», sagte er schwach.
    «Dann gebt es mir», sagte ich, «weil ich nämlich Euer Freund bin. Oder zweifelt Ihr daran?»
    «Nein, Uhtred», sagte er, «daran zweifle ich nicht.» Er beugte sich zu mir und berührte meinen Ellenbogen. Ivarr beobachtete
     uns mit seinen Schlangenaugen. «Ich habe niemandem etwas versprochen», fuhr Guthred fort, aber er sah bei diesen Worten

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