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Die Herren des Nordens

Titel: Die Herren des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Die Geistlichen blieben in Cuncacester. Wir waren Dänen und Sachsen, Schwertkrieger und Speerwerfer, und wir ritten
     unter Guthreds neuem Banner, das Sankt Cuthbert mit einer segnend erhobenen Hand zeigte, während er in der anderen das goldene
     Evangeliar von Lindisfarena hielt. Es war kein ehrfurchterregendes Banner, jedenfalls nicht für mich, und ich wünschte, es
     wäre mir in den Sinn gekommen, Hild ein Banner mit dem Wolfskopf von Bebbanburg für mich selbst machen zu lassen. Graf Ulf
     hatte sein Banner mit dem Adlerkopf, Guthred hatte seines, und Ivarr ritt unter einem zerfetzten Banner mit zwei Raben, das
     er irgendwie |178| aus der Niederlage gegen die Schotten gerettet hatte. Nur ich ritt ohne jede Fahne.
    Graf Ulf fluchte, als Dunholm in Sicht kam, denn er hatte den massigen hohen Felsen, der in einer Flussschleife des Wiire
     lag, noch nie gesehen. Der Fels war nicht nackt, Bergahorn und Hainbuchen wucherten dicht an seinen abschüssigen Hängen, doch
     der Gipfel war von allem Bewuchs befreit worden, und so erkannten wir einen starken Wall mit einer Holzpalisade und dahinter
     drei oder vier sehr große Gebäude. Den Eingang zu der Festung bildete ein großes Torhaus, das von dem Wall überragt wurde,
     auf dem ein dreieckiges Banner flatterte. Es zeigte ein schlangenköpfiges Schiff und erinnerte damit an Kjartans Vergangenheit
     als Schiffsführer, und unter dem Banner standen Männer mit Speeren und außen an der Palisade hingen Reihen von Schilden.
    Ulf starrte wie gebannt auf die wehrhafte Festung. Guthred und Ivarr taten es ihm gleich. Niemand von uns sprach ein Wort,
     denn es gab nichts zu sagen. Die Festung wirkte uneinnehmbar. Machtvoll und schrecklich. Es gab einen Weg hinauf, doch er
     war steil, und er war schmal, und nur sehr wenige Männer waren nötig, um diesen Pfad zu bewachen, der sich an Baumstümpfen
     und Felsblöcken vorbei zu dem großen Tor emporwand. Wir hätten unsere gesamte Streitmacht auf diesen Pfad schicken können,
     aber an einigen Stellen wurde er so eng, dass zwanzig Mann unser ganzes Heer aufhalten konnten, und die ganze Zeit würde es
     Speere und Felssteine auf unsere Köpfe regnen. Guthred, dem Dunholm schlechterdings uneinnehmbar erschien, warf mir einen
     flehenden Blick zu.
    «Sihtric!», rief ich, und der Junge eilte zu mir. «Dieser Festungswall», sagte ich, «zieht er sich um den gesamten Gipfel?»
    |179| «Ja, Herr», sagte er. Dann setzte er zögernd hinzu: «Außer   …»
    «Außer wo?»
    «Da ist eine kleine Stelle an der Südseite, Herr, über einer Felswand. Dort ist kein Wall. An der Stelle werfen sie die Scheiße
     runter.»
    «Eine Felswand?», fragte ich, und er machte eine Bewegung mit der rechten Hand, um zu zeigen, dass es ein lotrechter Abbruch
     war. «Kann man die Wand hinaufklettern?», fragte ich ihn.
    «Nein, Herr.»
    «Was ist mit dem Wasser?», fragte ich. «Haben sie einen Brunnen?»
    «Zwei Brunnen, Herr, aber sie liegen beide außerhalb der Palisade. Einer ist auf der westlichen Seite und wird nicht häufig
     benutzt, und der andere auf der Ostseite. Aber der liegt ganz weit oben am Hang, wo die Bäume wachsen.»
    «Aber außerhalb des Festungswalls?»
    «Ja, außerhalb, Herr, aber der Brunnen hat seinen eigenen Befestigungswall.»
    Ich warf ihm eine Münze zur Belohnung zu, obwohl mir seine Auskünfte nicht gefallen hatten. Ich hatte gedacht, Kjartans Männer
     würden ihr Wasser aus dem Fluss holen. Dann hätten wir Bogenschützen aufstellen können, um sie aufzuhalten, aber kein Pfeil
     konnte Bäume und Festungswälle durchbohren, um sie am Wasserholen zu hindern.
    «Was sollen wir also tun?», wandte sich Guthred an mich, und in mir flammte Verdruss auf, sodass ich versucht war, mich zu
     erkundigen, warum er sich mit dieser Frage nicht an seine Priester wandte, die darauf bestanden hatten, das Heer so unvorteilhaft
     weit weg lagern zu lassen. Doch dann gelang es mir, diese Erwiderung hinunterzuschlucken. |180| «Ihr könntet ihm Bedingungen stellen, Herr», sagte ich, «und wenn er sie ablehnt, müsst Ihr ihn aushungern.»
    «Die Ernte ist gerade eingebracht», gab Guthred zu bedenken.
    «Dann dauert es eben ein Jahr», erwiderte ich. «Schneidet mit einem Wall die Flussinsel von der Landverbindung ab. Dann sitzt
     er in der Falle. Er soll den Hungertod vor Augen haben. Wenn Ihr den Wall baut», sagte ich und erwärmte mich immer mehr für
     meinen eigenen Vorschlag, «müsst Ihr hier auch kein ganzes Heer stehen

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