Die Herren des Nordens
erste Fahrt mit dem
Trader
führte von der sturmzerklüfteten Küste Northumbriens nach Friesland, wo wir uns durch eine seltsame Küstenlandschaft aus niedrigen
Inseln, Sandbänken, starken Gezeitenströmungen und glitzernden Muren hindurchfädelten. Wir landeten an einem elenden, kleinen
Hafen, wo vier andere Schiffe Ladung aufnahmen, und alle vier waren Sklavenschiffe. Wir beluden den Laderaum des
Trader
mit Aalhäuten, Räucherfisch und Otternfellen.
Von Friesland fuhren wir nach Süden und liefen einen Hafen im Frankenreich an. Dass wir im Frankenreich waren, erfuhr ich,
weil Sverri an Land gegangen war und in düsterer Stimmung zurückkehrte. «Wenn ein Franke nicht dein Freund ist», knurrte er
seinen Leuten wütend zu, «kannst du sicher sein, dass er dich übers Ohr haut.» Er bemerkte, dass ich ihn ansah und schlug
mich ins Gesicht, dabei ließ mir sein Ring aus Silber und Bernstein die Stirn aufplatzen. «Diese Schweine», sagte er, «Frankenschweine!
Diese raffgierigen, verhurten Frankenschweine!» An diesem Abend warf er auf der Steuerplattform seine Runenstäbe. Wie alle
Seeleute war Sverri abergläubisch, und er bewahrte ein Bündel schwarzer Runenstäbe in einem Lederbeutel auf. Unter der Steuerplattform
eingeschlossen, hörte ich die schmalen Stäbe klappernd auf das Deck fallen. Dann studierte er das Muster, in das die Stäbe
gefallen waren, und muss in dieser Unordnung wohl ein hoffnungsvolles Zeichen entdeckt haben, denn er entschied, dass wir
bei den raffgierigen, verhurten Frankenschweinen blieben, |216| und nach drei Tagen erfolgreichen Handelns beluden wir das Schiff mit Schwertklingen, Speerspitzen, Sensen, Kettenhemden,
Eibenkloben und Fellen. Mit dieser Ladung fuhren wir nach Norden, weit nach Norden, in die Länder der Dänen und Schweden,
und dort verkaufte Sverri alles wieder. Fränkische Klingen waren begehrt, und aus den Eibenkloben konnten Pflugscharen gemacht
werden, und das Geld, das er verdient hatte, setzte Sverri ein, um das Schiff mit Eisenerz zu beladen, mit dem wir wieder
nach Süden fuhren.
Sverri war gut darin, mit Sklaven umzugehen, und noch besser im Geldverdienen. Die Münzen vermehrten sich immerzu und wurden
in einer großen Holztruhe im Laderaum aufbewahrt. «Die würdet ihr gerne in die Finger kriegen, was?», knurrte er uns eines
Tages an, als wir eine unbekannte Küste entlangfuhren. «Ihr Scheißhaufen!» Die Vorstellung, dass wir ihn ausrauben könnten,
ließ ihn gesprächig werden. «Denkt ihr, dass ihr mich aufs Kreuz legen könnt? Vorher bringe ich euch um. Ich ersäufe euch.
Ich lasse euch Seehundskacke fressen, bis ihr kotzt.» Wir schwiegen bloß zu seinem Ausbruch.
Langsam kam der Winter. Ich wusste nicht, wo wir waren, nur dass es im Norden war und Dänemark in der Nähe liegen musste.
Nachdem wir die letzte Fracht ausgeladen hatten, ruderten wir das unbeladene Schiff einen einsamen Sandstrand entlang, bis
Sverri uns einen Gezeitenfluss hinaufsteuerte, an dessen Ufern Schilfgras wuchs, und den
Trader
schließlich auf eine schlammige Uferbank laufen ließ. Wir landeten gerade, als der Höhepunkt der Flut überschritten war und
die Ebbe einsetzte. An dem kleinen Fluss lag kein Dorf, nur ein langes Haus, das mit moosüberwachsenem Riedgras gedeckt war.
Aus dem Abzugsloch im Dach stieg Rauch. Möwen schrien. Eine Frau |217| trat vor das Haus, und sobald Sverri vom Schiff gesprungen war, lief sie ihm mit Freudenrufen entgegen, und er schloss sie
in seine Arme und wirbelte sie im Kreis herum. Dann rannten drei Kinder zu ihm, und er gab jedem von ihnen eine Handvoll Silbermünzen
und kitzelte sie und warf sie in die Höhe und umarmte sie.
Es war klar, dass Sverri hier mit dem
Trader
überwintern wollte. Er ließ uns die Ballaststeine aus dem Schiff laden, die Segel verpacken, das Takelwerk und den Mast ausbauen,
und dann zogen wir es über Rollen aus Holzstämmen so weit ans Ufer hinauf, dass es auch von der höchsten Flut nicht erreicht
werden konnte. Der
Trader
war schwer, und Sverri rief einen Nachbarn von der anderen Seite der Marsch, der uns mit seinem Ochsengespann zu Hilfe kam.
Sverris ältestem Kind, einem Sohn von etwa zehn Jahren, bereitete es großes Vergnügen, uns mit dem Ochsenspieß zu stechen.
Hinter dem Haus stand eine Sklavenhütte. Sie bestand aus schweren Holzstämmen, sogar das Dach war aus Holzstämmen, und dort
schliefen wir in unseren Ketten. Tagsüber arbeiteten wir. Wir
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