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Die Herren des Nordens

Titel: Die Herren des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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auf ihren Lehminseln leben, wie Wasserratten zum Plündern aus.
    |235| Aber Sverri hatte hier schon einmal Waren verkauft und erinnerte sich, wie alle bewährten Schiffsführer, an die guten und
     die schlechten Wasserwege. Das rote Schiff holte auf, doch Sverri beunruhigte sich nicht. Ich beobachtete ihn beim Rudern,
     und ich sah, wie seine Augen von rechts nach links schnellten, um sich für einen Wasserlauf zu entscheiden, dann drehte er
     leicht am Steuerruder, und wir liefen in den Wasserarm ein, den er für gut befunden hatte. Er suchte nach den seichtesten
     Stellen, den gewundensten Wasserläufen, und die Götter waren mit ihm, denn, obwohl unsere Ruder manchmal eine Sandbank trafen,
     lief der
Trader
nicht auf Grund. Das rote Schiff bewegte sich, vermutlich weil es größer war und weil sein Schiffsführer die Küste nicht so
     gut kannte wie Sverri, viel langsamer, und unser Abstand vergrößerte sich zusehends.
    Erst als wir eine weite, offene Wasserfläche durchqueren mussten, holte es wieder auf, doch Sverri fand auf der anderen Seite
     wieder einen neuen Wasserlauf, und hier ließ er uns zum ersten Mal langsamer rudern. Er rief Hakka in den Bug, und Hakka warf
     ein ums andere Mal eine mit Blei beschwerte Schnur ins Wasser, um die Tiefe auszuloten. Wir schoben uns in ein Labyrinth aus
     Schlamm und Wasser, kamen langsam weiter Richtung Nordosten, und als ich nach Osten sah, bemerkte ich, dass Sverri schließlich
     doch einen Fehler gemacht hatte. Eine Reihe Weidenruten stand am Rand des Wasserlaufs, den wir benutzten, doch dahinter und
     noch hinter einer niedrigen Schlickinsel voller Vögel zeigten größere Weidenruten eine tiefere Wasserrinne an, die von der
     Küstenseite kommend unseren Weg kreuzte und die es dem roten Schiff ermöglichte, uns zu überholen. Das rote Schiff erkannte
     die Gelegenheit und fuhr in den größeren Wasserlauf ein. Seine Ruderblätter schlugen Schaum, so |236| schnell glitt es dahin, es lag bald vor uns, und dann lief es mit einem Durcheinander von aneinanderschlagenden Rudern auf
     Grund.
    Sverri lachte. Er hatte gewusst, dass die größeren Weidenruten einen Irrweg anzeigten, und das rote Schiff war in die Falle
     gegangen. Ich konnte es jetzt genau sehen, die Besatzung war schwer bewaffnet, die Männer trugen Kettenhemden, es waren Schwertdänen
     und Speerkrieger, doch das Schiff war gestrandet.
    «Eure Mütter waren Ziegen», brüllte Sverri über die Marsch, obwohl ich bezweifle, dass seine Stimme bis zu dem Schiff trug,
     «ihr seid ein Ziegenschiss! Lernt zuerst ein Schiff zu steuern, ihr Tölpel!»
    Dann fuhren wir auf einem anderen Wasserlauf weiter, ließen das rote Schiff hinter uns, und Hakka stand immer noch im Bug
     des
Trader
, warf seine bleibeschwerte Schnur aus und rief Sverri die Wassertiefe zu. Dieser Kanal hatte keine Kennzeichnung, und wir
     mussten uns mit höchster Vorsicht vorantasten, denn Sverri wollte keinesfalls auf Grund laufen. Hinter uns, inzwischen sogar
     weit hinter uns, bemühte sich die Mannschaft des roten Schiffes freizukommen. Die Krieger hatten ihre Kettenhemden abgelegt,
     standen im Wasser und versuchten den langen Schiffsrumpf von der Sandbank zu drücken. Als es dunkel wurde, sah ich das Schiff
     wieder frei auf dem Wasser liegen, und es nahm die Verfolgung sofort wieder auf, doch wir waren inzwischen schon weit voraus,
     und die zunehmende Dunkelheit bot uns weiteren Schutz.
    Diese Nacht verbrachten wir in einer Bucht, deren Ufer von Schilf gesäumt waren. Auf einer nahe gelegenen Insel lebten Leute,
     und ihre Feuer flackerten in der Dunkelheit. Anderes Licht entdeckten wir nicht, und deshalb konnten wir davon ausgehen, dass
     dies die einzige Siedlung in weitem |237| Umkreis war. Ich wusste, dass Sverri darüber besorgt war, dass die Feuer das rote Schiff anlocken könnten, und deshalb weckte
     er uns in der ersten Morgendämmerung mit Tritten, wir holten den Anker ein, und Sverri führte uns Richtung Norden in einen
     mit Weidenruten gekennzeichneten Wasserlauf, der sich am Ufer der Insel entlang in Richtung offenes Meer zu schlängeln schien,
     wo sich schaumgekrönt die Wellen brachen, und uns damit einen Weg aus den unübersichtlichen Küstengewässern bot. Hakka rief
     wieder die Wassertiefe aus, während wir uns an Schilf und Sandbänken vorbeischoben. Der Wasserlauf war seicht, so seicht,
     dass unsere Ruderblätter immer wieder den Grund trafen und Schlamm aufwirbelten, doch Schritt für Schritt folgten wir den
    

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