Die Herren des Nordens
davon,
sein Vorhaben in Haithabu aufzugeben. Also kreuzten wir hinüber ins Land der Schweden, wo wir Biberkrallen und kotverschmierte
Felle einluden.
Diese Ladung tauschten wir gegen gute Kerzen aus gerolltem Wachs. Dann verschifften wir wieder Eisenerz, und so verging der
Frühling, und der Sommer kam, und das rote Schiff tauchte nicht mehr auf. Wir vergaßen es. Sverri glaubte, es sei nun sicher,
Haithabu anzulaufen, und deshalb fuhren wir mit einer Ladung Rentierfelle hin, und Sverri musste feststellen, dass er von
dem roten Schiff nicht vergessen worden war. Er kehrte eilig an Bord zurück, wollte nicht einmal neue Fracht aufnehmen und
sprach aufgeregt mit seiner Mannschaft. Das rote Schiff, sagte er, kreuzte auf der Suche nach dem
Trader
an den Küsten. Es war, so glaubte er, ein dänisches Schiff, und seine Mannschaft bestand aus Kriegern.
|233| «Wer ist es?», fragte Hakka.
«Das weiß niemand.»
«Und welchen Grund haben sie?»
«Woher soll ich das wissen?», knurrte Sverri, aber er war beunruhigt genug, um an Deck wieder seine Runenstäbe zu werfen,
und sie rieten ihm, Haithabu sofort zu verlassen. Sverri hatte einen Feind, und er wusste nicht, wer es war, also führte er
den
Trader
an einen Ort nahe seinem Winterhaus und brachte Geschenke an Land. Sverri hatte einen Herrn. Fast alle Männer haben einen
Herrn, der ihnen Schutz bietet, und dieser Herr hieß Hyring und besaß viel Land, und jeden Winter zahlte ihm Sverri Silbermünzen,
und als Gegenleistung beschützte Hyring Sverri und seine Familie. Aber Hyring konnte nur wenig tun, um Sverri auf See Schutz
zu bieten, obwohl er versprach, in Erfahrung zu bringen, wer das rote Schiff führte und was dieser Mann von Sverri wollte.
In der Zwischenzeit wollte Sverri weit wegfahren. Also machten wir uns auf den Weg zur Nordsee, und er verkaufte an der Küste
entlang gesalzenen Hering. Zum ersten Mal, seit ich ein Sklave war, fuhren wir nach Britannien hinüber. Wir kamen bei einem
Fluss in Ostanglien an Land, dessen Namen ich nie erfahren habe, und luden dicke Felle ein, mit denen wir zum Frankenreich
fuhren, wo wir eine Ladung Eisenbarren kauften. Diese Fracht war wertvoll, denn das fränkische Eisen ist das beste auf der
Welt. Außerdem kauften wir einhundert ihrer vielgerühmten Schwertklingen. Sverri fluchte wie immer über die Dickköpfigkeit
der Franken, aber in Wahrheit war er genauso dickköpfig wie irgendein Franke und, obwohl er für das Eisen und die Schwertklingen
einen stolzen Preis bezahlte, wusste er, dass sie ihm in den Nordländern einen hohen Gewinn einbringen würden.
Dann wandten wir uns wieder nach Norden, und der |234| Sommer ging zu Ende, und die Gänse zogen über uns in großen Scharen nach Süden, und zwei Tage nachdem wir die Ladung aufgenommen
hatten, sahen wir das rote Schiff vor der Küste Frieslands auf uns warten. Seit Wochen hatten wir es nicht gesehen, und Sverri
musste gehofft haben, dass Hyring dieser Bedrohung ein Ende gemacht hatte, aber da lag es vor der Küste, und dieses Mal hatte
das rote Schiff einen Vorteil durch den Wind, sodass wir uns in die Küstengewässer zurückzogen und Sverris Männer unbarmherzig
auf uns einpeitschten. Ich keuchte bei jedem Ruderschlag schwer, damit es so wirkte, als legte ich mich mit aller Anstrengung
ins Ruder, aber in Wahrheit versuchte ich, weniger Kraft einzusetzen, damit das rote Schiff uns einholen konnte. Ich konnte
es deutlich erkennen. Ich konnte sehen, wie sich seine Ruderblätter hoben und senkten, und ich sah die schäumend weiße Wasserlinie
an seinem Bug lecken. Das Schiff war viel länger als der
Trader,
und es war viel schneller, aber es hatte auch mehr Tiefgang, und deshalb hatte uns Sverri in die Küstengewässer Frieslands
gebracht, die von allen Schiffsführern gefürchtet werden.
Es gibt hier keine Felsen, wie an vielen anderen Ufern der Nordsee. Es gibt keine Klippen, an denen auch ein robustes Schiff
zerschellen kann. Stattdessen gibt es ein Gewirr von Wasserläufen, Inseln, Buchten und Sandbänken. Weite Flächen werden von
gefährlichen Untiefen bedeckt. Durchfahrten sind mit Weidenruten gekennzeichnet, die im Schlamm stecken, und diese schwachen
Zweige weisen einen sicheren Weg durch den Wirrwarr, aber die Friesen sind auch Piraten. Sie kennzeichnen gern Irrwege, die
nur auf eine Sandbank führen, auf der ein Schiff bei Ebbe stranden kann, und dann schwärmen die Leute, die in ihren Lehmhütten
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