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Die Herren des Nordens

Titel: Die Herren des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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wird er am Leben bleiben.»
    «Und ich?», erkundigte ich mich. «Was habt Ihr mit mir vor?»
    «Der König wird Euch sehen wollen, Herr. Er wird Euch für die große Schlacht gegen die Dänen ehren.»
    «Diese Art von großer Schlacht?», fragte ich verächtlich und zeigte mit Schlangenhauch auf einen Toten im Fluss.
    «Er wird Euch für den Sieg über Guthrum ehren, Herr. Ist es wirklich wahr, dass Guthrum besiegt wurde?»
    «Es ist wahr», sagte ich. «Ich war dort.» Dann wandte ich mich um, steckte Schlangenhauch in die Scheide und winkte Thorkild
     zu. Er band sein Schiff los und ließ stromaufwärts |31| rudern. Ich rief ihm über das Wasser hinweg zu, dass sich die Sachsen Egberts gegen die Dänen erhoben hatten, ihm diese Männer
     aber Sicherheit versprachen, wenn er in Frieden käme.
    «Was würdest du an meiner Stelle tun?», rief Thorkild zurück. Seine Männer sorgten mit kleinen Ruderschlägen dafür, dass das
     Schiff nicht von der Strömung weitergetrieben wurde.
    «Fahr flussabwärts», rief ich auf Dänisch, «such dir ein paar kampferprobte Dänen und warte, bis du weißt, was hier vor sich
     geht.»
    «Und du?», wollte er wissen.
    «Ich bleibe hier», gab ich zurück.
    Er wühlte in einem Beutel und warf dann etwas in meine Richtung. Es glitzerte im abnehmenden Tageslicht und verschwand gleich
     darauf zwischen den Butterblumen, die auch im Dämmerlicht die Wiese noch gelb erstrahlen ließen. «Das ist für deinen Rat»,
     rief er, «und mögest du lange leben, wer auch immer du bist.»
    Dann wendete er, und das ging nur mühselig vonstatten, denn sein Schiff war fast so lang wie die Ouse breit, doch er war erfahren
     genug, und bald ruderten ihn seine Männer flussabwärts und aus meinem Leben. Ich entdeckte später, dass Thorkilds Lagerhaus
     geplündert und der einarmige Däne, der es bewacht hatte, abgeschlachtet und seine Tochter vergewaltigt worden war. Mein Rat
     war also die Silbermünze wert gewesen, die Thorkild mir zugeworfen hatte.
    «Ihr habt ihn weggeschickt?», fragte mich einer der bärtigen Männer vorwurfsvoll.
    «Ich habe Euch gesagt, er ist ein Freund.» Ich bückte mich und fand schließlich den Shilling im Gras.
    «Und wie habt Ihr von Alfreds Sieg erfahren?», fragte ich.
    |32| «Ein Priester ist gekommen, Herr», sagte er, «und er hat es uns erzählt.»
    «Ein Priester?»
    «Aus Wessex, Herr. Den ganzen Weg von Wessex ist er gekommen. Er hatte eine Botschaft von König Alfred zu überbringen.»
    Ich hätte mir denken können, dass Alfred die Nachricht von seinem Sieg über Guthrum im ganzen sächsischen England verbreiten
     wollte. Es stellte sich heraus, dass Alfred überallhin, wo Sachsen lebten, Priester gesandt hatte, und diese Priester brachten
     die Nachricht von Wessex’ Sieg und dass dieser Triumph Gott und der Schar seiner Heiligen zu verdanken sei. Einer dieser Priester
     war auch zu König Egbert nach Eoferwic geschickt worden, und er hatte die Stadt nur einen Tag vor mir erreicht, und mit seiner
     Ankunft nahm der Irrsinn seinen Anfang.
    Der Priester war zu Pferd gekommen und hatte dafür sein Klerikergewand hinter dem Sattel zu einem Bündel zusammengerollt.
     Er war durch das dänisch besetzte Mercien von einem sächsischen Haus zum nächsten geritten. Die mercischen Sachsen hatten
     ihm geholfen, weiterzukommen, ihn jeden Tag mit einem ausgeruhten Pferd versorgt und ihn an den größeren dänischen Befestigungen
     vorbeigeführt, bis er schließlich die Hauptstadt von Northumbrien erreicht hatte und König Egbert die schöne Kunde bringen
     konnte, dass die Westsachsen die Große Armee der Dänen geschlagen hatten. Doch was auf die northumbrischen Sachsen fast noch
     größeren Reiz ausübte als der Sieg selbst, war die hanebüchene Behauptung, der Heilige Cuthbert sei Alfred im Traum erschienen
     und habe ihm gezeigt, wie er diesen Sieg erringen könne. Angeblich hatte Alfred den Traum während des Winters gehabt, in dem
     er sich mit einer Handvoll sächsischer Flüchtlinge in Æthelingæg vor den Dänen versteckt |33| hatte. Diese Geschichte traf auf die Sachsen König Egberts wie ein gut gezielter Jagdpfeil, denn es gab nördlich des Humber
     keinen Heiligen, der inniger verehrt wurde als Cuthbert. Cuthbert war der Abgott Northumbriens, der heiligste Christ, der
     jemals in diesem Landstrich gelebt hatte, und es gab keinen frommen sächsischen Haushalt, in dem nicht täglich zu ihm gebetet
     wurde. Die Vorstellung, dass es dieser glorreiche Heilige

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