Die Herrin der Flammen
ihren Weg zu kreuzen.
Sie setzte sich sogar eine Zeitlang ins Wilde Einhorn, in der Hoffnung auf einen Streit, aber niemand beachtete sie.
Auf einem geborgten Pferd trottete sie durch Hintergassen und ließ ihm schließlich die Zügel, damit es zur Kaserne zurückkehren konnte, wenn es wollte, bis sie bemerkte, daß es sie zur Schimmelfohlenbrücke gebracht hatte. Und als es die Brücke überquerte, fing sie heftig zu weinen an.
Crit war es, den sie jetzt wollte, doch ob ihn in den Armen zu halten oder ihn umzubringen, hätte sie jetzt nicht sagen können. Aber Crit war, wie Zip sagte, Schnee von gestern.
Kama wischte sich verärgert mit dem Ärmel über die Augen und blinzelte die Tränen fort, als der Fuchs wie aus Gewohnheit auf Ischades kleine Gartentür zutrottete.
Der üble Geruch des Schimmelfohlenflusses im Sommer, wenn er Aas zum Meer trug, stieg ihr in die Nase, ebenso der Duft nächtlich blühender Blumen magischer Art, die Ischade hier zog.
Und der Geruch eines Pferdes. Zwei stampfende Pferde waren an Ischades Tor gebunden, und eines davon war Crits kräftiger Rappe. Sie erkannte ihn an der Blesse, als er den Kopf drehte und dem Pferd zuwieherte, auf dem sie ritt.
Ihre Stute antwortete, da wurde Kama klar, daß das Pferd, das sie ritt, und der Rappe ein Paar waren.
Selbst darüber ärgerte sie sich, und deshalb wiederum war sie wütend auf sich. Sie saß ab und bemühte sich, überhaupt nicht zu denken.
So führten ihre Schritte sie wie von selbst zur Gartentür der Vampirfrau, und sie schob die Tür mit schwitzender Hand auf.
Vielleicht rannte sie hier in ihr Verderben – Ischade hatte keinen Grund, Kama die Samtpfötchen zu zeigen, wie sie es bei Strat tat und bei Kamas Vater irgendeiner Abmachung wegen, über deren Einzelheiten Tempus nie gesprochen hatte.
Wenn Crit im Haus war, wollte Kama ihn sehen. Sie konzentrierte sich darauf und verdrängte jeden anderen Gedanken.
Liebe zehrt, redete sie sich ein und fragte sich, was er sagen würde.
Ischades Tür war beleuchtet, obwohl in der Lampe weder eine Kerze brannte noch eine Fackel flackerte. Sie klopfte, ehe ihr irgendeine Ausrede eingefallen war. Aber sie konnte ja immer sagen, daß sie dringende Information brauchte.
Falls er hier war. Falls es keine Falle war. Falls die Nekromantin in diesem Sommer nicht auf Frauen scharf war.
Da schwang die Tür auch schon auf, eine zierliche, dunkle Gestalt trat heraus und schloß die Tür, so daß Kama sich gezwungen sah, einen Schritt zurückzuweichen und eine Stufe tiefer zu steigen.
Dadurch standen sie Auge in Auge, und Ischades Augen waren tiefer als Kamas heimlicher Schmerz um ein vor langer Zeit auf dem Schlachtfeld verlorenes Kind und um den Mann, der sich geweigert hatte, ihr eine zweite Chance zu geben.
»Ja?« fragte die Frau, die Strat in Bann hielt, mit samtener Stimme.
Kama, die mehr Frau war, als sie wollte, blickte tief in die Augen dieser Frau, die alles war, was ein Mann, der sie gesehen hatte, sich auch nur im Traum wünschte, und fühlte sich grobschlächtig, ungepflegt und dumm.
»Crits Pferd… Ist er – ist er…«
»Hier? Beide sind da. Ihr seid Kama, nicht wahr?« Ischades dunkle Augen forschten, zogen sich flüchtig zusammen, dann weiteten sie sich.
»Es – ich… Ich hätte nicht kommen sollen. Entschuldigt. Ich gehe einfach…«
»Kein Schaden. Aber auch kein Frieden«, sagte die Vampirfrau, die plötzlich traurig wirkte. »Nicht, wenn Euer Vater das Sagen hat. Ihr wollt ihn – Crit? Paßt auf, was Ihr wollt, Kleines.«
Und Kama, die nie eine Mutter gehabt hatte und über andere Frauen dachte, als wäre sie selbst ein Mann, streckte trostsuchend die Arme nach Ischade aus und begann so heftig zu weinen, daß nichts, was sie sagen wollte, verständlich über ihre Lippen kam.
Aber die Nekromantin wich zurück, fauchend und mit einer abwehrenden Gebärde, mit einem Kopfschütteln und einem Blinzeln, das irgendeinen Zauber brach.
Dann drehte sie sich um und war schon wieder im Haus, obwohl Kama nicht gesehen hatte, daß sich die Tür geöffnet hatte, um sie einzulassen.
Kama, die plötzlich allein mit ihren Tränen vor der Tür einer der gefürchtetsten Mächte in Freistatt stand, hörte Worte, die im Haus gesprochen wurden – leise Worte, Männerstimmen.
Bevor die Tür wieder aufschwingen konnte und Crit sie wie ein Kleinkind heulen sah, mußte sie weg von hier. Sie hätte nicht kommen sollen. Sie brauchte niemanden – nicht ihren Vater oder seine Krieger,
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