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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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erfahren.«
    »Ein ganzes Gotteshaus nur für uns?«, erklangen verwunderte Rufe in der Menge. »Ist das wahr?«
    Kaiser Konrad nickte mit großer Geste. »Nur aufgrund Eures Mutes, den Ihr bereits bewiesen habt und weiter beweisen werdet, wird die Kathedrale hier als Symbol der christlichen Stärke thronen können. Nach den Geistlichen werdet Ihr die Ersten sein, die ihren Chor betreten und damit das Allerheiligste, das sie besitzen wird, anschauen und anbeten dürft.« Mit diesen Worten deutete Konrad auf das Kästchen in den Händen des Bischofs. »Solltet Ihr im Kampf Euer Leben lassen, mögen Eure Herzen in diesem Gotteshaus ihre letzte Ruhe finden.«
    Uta meinte, Leben und Hoffnung in die müden Gesichter, die sie umgaben, zurückkehren zu sehen. Auch Erna, die sich mit Arnold an die Seite der Christen gestellt hatte und deren Bauch bereits einen stattlichen Umfang angenommen hatte, schaute berauscht zu Bischof Hildeward auf.
    »In nur zehn Jahren«, erklärte Konrad, »wird Eure Kathedrale fertiggebaut sein – das ist schneller, als je ein anderes Kirchenhaus von dieser Größe errichtet wurde – und Gottes Zeichen an Euch!« Der Kaiser wiederholte die magische Zahl:
    »Zehn Jahre und keinen Tag länger!«
    In der Tat ist ein Gotteshaus von dieser Größe noch nie so schnell erbaut worden, ging es Hermann von Naumburg durch den Kopf. Bevor er sich jedoch in der Geburtsstunde seiner Kathedrale erneut auf den Kaiser konzentrierte, glitt sein Blick zur Freifläche vor der kleinen Burgkirche, auf der bald die ersten Fundamente ausgehoben werden würden. Morgen schon sollte sein Gast, Werkmeister Tassilo, anreisen, den er sehnsüchtig erwartete. Auch wenn die Errichtung der Kathedrale in zehn Jahren nur mit Gottes übermäßigem Beistand zu schaffen war, wollte er die Herausforderung annehmen. Voller Vorfreude lächelte Hermann. Da blieb sein Blick an Uta hängen, und er hörte, wie das Blut in seinen Ohren zu rauschen begann.
    Angesichts der kaiserlichen Worte ging ein Raunen durch das christliche Heer und übertrug sich auf die kaiserlichen Begleiter und auf die Burgbewohner. Unter ihnen auch Uta, die aufgeregt zu Bischof Hildeward blickte, der nun das Kästchen öffnete. »Das Überbleibsel«, hauchte sie und dachte daran, wie ihr Hermann im Turm vor der Lederzeichnung davon berichtet hatte.
    Bischof Hildeward war vor den Liutizen angekommen, wandte ihnen nun vor der Offenbarung der Heiligkeit aber den Rücken zu. »Der Schleier der heiligen Plantilla!«, verkündete er und hob das Kästchen mit seinen langen Armen weit über den Kopf.
    Fasziniert folgten die Blicke der christlichen Kämpfer den bischöflichen Bewegungen. Von mehr als eintausend leuchtenden Augenpaaren begleitet, senkte Hildeward von Zeitz das Kästchen wieder und zog äußerst vorsichtig das Ende eines Tuches daraus hervor. Ergriffen fielen die Versammelten nacheinander auf die Knie.
    Mit dem heiligen Schleier zwischen den Fingern erschauderte Bischof Hildeward, und seine Wangen zeigten erneut rote Flecken. Sein schmaler Körper schien vor Entzückung zu beben. Dann, nach einer Weile der Entrückung, setzte er erneut an: »Vor der Enthauptung des heiligen Paulus lieh die fromme Plantilla dem Todgeweihten ihren Schleier, damit er sich die Augen in seinem letzten Moment auf Erden verbinden konnte. Gleichzeitig sah sie in einer Vision Petrus und Paulus mit Siegeskronen auf den Häuptern in die heilige Stadt einziehen.« Erschöpft ließ Bischof Hildeward das Kästchen vor seine Brust sinken.
    Kaiser Konrad reckte sein Schwert in die Luft. »Der Schleier der Plantilla wird uns helfen, unser Land zurückzuerobern.« Unter der Leitung des Bischofs Hildeward und des Markgrafen Hermann von Naumburg werden wir die Aushebung der Fundamente unverzüglich angehen. Als Erstes wird Euer aller Chor fertiggestellt werden.«
    Uta fiel in das vom Kaiser angestimmte Gebet mit ein, gleichzeitig vermochte sie den Blick nicht von dem heiligen Schleier abzuwenden. Wenn er den Weg bis nach Naumburg gefunden hatte, musste er die Mark Meißen einfach beschützen. Sie sah, wie sich gebeugte Rücken wieder strafften und Füße wieder fester auf den sandigen Boden der Vorburg gesetzt wurden. Als ob sich die Kämpfer mit allen zehn Zehen auf ihrem Land, das sie nicht länger herzugeben gewillt waren, festkrallen wollten. Dem Schleier der Plantilla ist es gelungen, dachte sie, die Mauer zwischen dem Kaiser und seinem Heer niederzureißen.
    »Brecht auf und vertreibt die

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