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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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zu murmeln, in denen sie sich von der irdischen Welt verabschiedeten. Anders die Liutizen, die vom Christenheer durch mehrere Feuerstellen getrennt, reglos dastanden und still abwarteten. Runde Eisenplättchen auf ihren Stoffwämsern reflektierten das Licht der Sonne.
    Der Kaiser erreichte die Naumburger Wiese.
    Die Christen, die noch die Kraft besaßen, traten einige Schritte auf ihn zu, als er vor der einsamen Buche in der Mitte des Lagers sein Schlachtross zügelte und dem Markgrafen sowie seinen anderen Heerführern zuversichtlich zunickte. Als er absaß, sanken die Christen auf die Knie.
    »Treue Männer«, ergriff Konrad das Wort, »ich weiß über die Lage an der Ostgrenze unseres heiligen Reiches und ich bin gekommen, Euch zu helfen.« Beim Blick in die trostlosen Gesichter des aus zwei Teilen bestehenden Heeres – die Liutizen zu seiner Linken und die Christen um ihn herum – wurde Konrad klar, dass Markgraf Hermann, als er ihm in Dortmund vor fünfzehn Tagen Bericht über die ernste Lage erstattet hatte, nicht übertrieben hatte. Es war richtig gewesen, die Leitung des Hoftages darauf dem Mainzer Erzbischof zu übertragen und sofort nach Naumburg aufzubrechen. Die Sicherung der östlichen Reichsgrenze hatte er seit der heimlichen Königskrönung Mieszkos wegen der Bemühungen um das Königreich Italien zurückgestellt – zumal er um die Kraft seiner markgräflichen Vasallen in den östlichen Marken wusste.
    Konrad war sich sicher, dass Mieszko mit seiner Stechmückentaktik die Anwesenheit eines großen Heeres vorzutäuschen versuchte. Auf dessen Festung in Bautzen, so hatte man ihm überbracht, hausten kaum mehr als achtzig Männer. Doch um dieser Taktik zu begegnen, benötigte Konrad kein Heer, wie er es nach Rom geführt hatte, sondern ein paar scharfsinnige Heerführer und vor allem kampferprobte, willige Krieger mit einem festen Glauben. Und den gedachte er den Männern am heutigen Tag mit einem viel mächtigeren Werkzeug als der Axt oder dem Schwert zurückzubringen.
    »Ich möchte Euch einladen!«, rief er den Versammelten zu, »mir auf die Burg zu folgen, und ich versichere Euch, dass wir siegen werden!«
    Die Kämpfer regten sich nicht, sondern blickten ihren Kaiser nur mit ausdruckslosen Augen an.
    »Gemeinsam werden wir den Sieg erringen, und Naumburg ist unser Schlüssel dazu«, ergänzte Konrad und ergriff pathetisch und weithin sichtbar die Zügel seines Pferdes. Unter den müden Blicken der Versammelten marschierte er auf die Burg zu und rief kraftvoll: »Nun folgt Eurem Kaiser, um den Schlüssel für den Sieg in Empfang zu nehmen!«
    Es waren die Liutizenkämpfer, die als Erste zwischen den Feuerstellen hindurchtraten, um dem Kaiser zu folgen. Zögerlich setzten sich darauf auch die Christen in Bewegung. Bald übertönte das Schlurfen der nackten Fußsohlen auf dem Erdreich das metallene Klirren der Eisenplättchen auf den heidnischen Stoffgewändern. Die Zugbrücke zum Vorhof knarrte unter den schwerfälligen Schritten des kraftlosen Heeres. Die Christen betraten den Burghof noch vor den Liutizen.
    Stille empfing sie.
    Und still blieb es.
    Als der Kaiser die kleine Burgkirche im Vorhof erreichte, hob er die Hand, drehte sich zu seinem immer noch zweigeteilten Heer um und stieg auf einen für ihn bereitgestellten Steinblock. Um diesen herum versammelten sich aus dem Burgsaal kommend nun zahlreiche Mitra-Träger – darunter auch jene, welche die Burgherrin mit ihren Eilbreven nach Naumburg gebeten hatte. An vorderster Stelle Erzbischof Humfried aus Magdeburg, der nach Mainz dem zweitgrößten Erzbistum im Reich vorstand, dann Erzbischof Meinwerk aus Paderborn, der Kölner Erzbischof Pilgrim sowie der Halberstädter Bischof Branthag. Sie alle schauten besorgt auf die eingetroffenen Kämpfer.
    Einige Schritte von den geistlichen Würdenträgern entfernt stand Uta neben dem Vogt. Die vergangenen Tage hatte sie damit zugebracht, die Nahrungsmittelvorräte aufzustocken und deren Anlieferung und Verwahrung zu organisieren. Auch an diesem Morgen war sie zum wiederholten Male vor Sonnenaufgang in die kleine Burgkirche gegangen, um ein Gebet für Hazecha zu sprechen, die noch nicht auf ihren jüngsten Brief geantwortet hatte, in dem Uta sie nach dem Grund für den Kontaktabbruch gefragt hatte. Uta erstarrte, als sie den Gatten sah, der neben den anderen Heerführern zur Linken des Kaisers vor der Burgkirche Aufstellung nahm und ungeduldig die bevorstehende Rede erwartete. Was wird der Kaiser wohl

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