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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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er: »Kniet nieder!«
    Amüsiert senkte Notburga den Blick. Mit einem: »Stets zu Diensten, mein Graf und kaiserlicher Heerführer, schön, Euch früher als erwartet wiederzusehen«, ließ sie sich vor ihm nieder und befreite mit geschickten Handgriffen sein steifes Glied aus Beinlingen und Bruche.
    »Das Leben hält so manche Überraschung bereit. Für alle von uns. Und heute habt Ihr Euch eine besondere Belohnung verdient. Nun öffnet Eure hübschen Lippen.« Mit diesen Worten steckte Esiko sein geschwollenes bestes Stück in ihren Mund, über den sie bisher vermutlich nur Speis und Trank aufgenommen hatte.
    Erfreut über dieses gar ungöttliche Tun, benötigte Notburga einige Bewegungen, um sich dem Rhythmus seines Beckens anzupassen. Schließlich gefiel es ihr und sie stöhnte auf.
    Esiko schaute erneut aus dem Fenster. Ein tiefes Gefühl von Befriedigung, das seine Lust noch steigerte, durchfuhr ihn, als er Uta mit apathischem Blick vor dem Grab der verstorbenen Schwester stehen sah.
    »Dein Weiß gleicht glänzendem Schnee«, flüsterte Uta und schaute auf die Grabplatte mit Hazechas Namen, der vor ihren Augen verschwamm. »Der süße Duft deiner Blüte gleicht den Wäldern von Saba. Nicht übertrifft der parische Marmor an Weiße die Lilien, nicht übertrifft sie die Narde an Duft.« 27
    Als ihre Stimme erstarb, traten Erna und Schwester Margit neben sie – die zwei einzigen Menschen, die sich Uta bei der Grablegung Hazechas gewünscht hatte. Die beiden wollten Uta gerade unter den Armen fassen und stützen, als die an das Kopfende der Grabstelle trat und leise mit geschlossenen Augen den Vers aus dem Hortulus weitersprach: »Selbst wenn eine arglistige Schlange mit angeborener Tücke gesammeltes Gift aus verderblichem Maul spritzt und grausamen Tod durch kaum sichtbare Wunden ins innerste Herz sendet, dann zerstößt man am besten Lilien mit einem schweren Mörser und trinkt den Saft mit Falerner.« 28 Uta versuchte in Gedanken an die Schwester zu lächeln, vermochte es aber nicht. So öffnete sie die Augen und starrte auf die Steinplatte, unter der Hazechas sterbliche Hülle ruhte.
    Noch in der Brandnacht hatte Hazecha die letzte Ölung erhalten. Die darauffolgende gestrige Totenwache in der Kapelle des Moritzklosters hatte Uta auf ihren ausdrücklichen Wunsch hin allein gehalten. Nur für die Dauer von Meister Tassilos Beisetzung auf dem Gottesacker des Georgsklosters hatte sie die Totenwache an Schwester Margit übergeben. Der Brand hatte ihr nicht nur Hazecha, sondern auch den ihr zum väterlichen Freund gewordenen Werkmeister genommen. Doch noch weniger ertrug sie es, dass das Feuer sie des Mannes beraubt hatte, mit dem sie sich ein gemeinsames Leben auszumalen begonnen hatte, der sich aber nun in die Einsamkeit des Georgsklosters zurückgezogen hatte, um seine Schuld zu sühnen. Sie hatte alles verloren, was ihr lieb und teuer war.
    »Was will Gott uns mit all dem Leid sagen?«, fragte sie mit brüchiger Stimme.
    »Was Gott uns damit sagen will?« Erna schaute mit verweintem Gesicht auf und schüttelte hilflos den Kopf.
    Schwester Margit schluckte. Was die Bibel dazu ausführte, half den Zurückgebliebenen in ihrem Schmerz nur selten.
    »Hazecha ist jetzt bei Gott. Dort wird es ihr gutgehen.«
    Mit rotverweinten Augen schaute Uta Schwester Margit lange an. Ohne ein weiteres Wort wandte sie sich jäh von ihr ab und verließ den Klostergarten. Als sie nach einigen Schritten ins Stolpern kam, wollte Erna ihr nachlaufen, doch Margit bedeutete ihr, die Trauernde gehen zu lassen.
    Uta betrat die Vorburg, die wie leer gefegt war, und hielt auf ihre Kemenate in der Hauptburg zu. Als sie die Baustelle passierte, hielt sie den Blick streng auf den Boden gesenkt. Der Wind wirbelte noch immer Asche auf.
    In ihrer Kemenate angekommen, holte sie Hazechas Briefe unter der Bettstatt hervor und drückte sie fest an ihre Brust. Sie umklammerte die Pergamente derart, dass die Knöchel an ihren Händen weiß hervortraten. »Ich möchte bei dir sein, Hazecha, Lilie meines Lebens.« Uta schluckte und meinte, keine Luft mehr zu bekommen. Diese Welt hier war nicht mehr die ihre. Wie hatte der Herrgott nur so kurz vor ihrem Wiedersehen entscheiden können, die Töchter der Hidda von der Lausitz für immer voneinander zu trennen?
    Uta legte die Briefe zurück in den schmucklosen Einband.
    Dann löste sie ihre grüne Spange aus dem Haar und betrachtete sie. Doch statt der vier Steine sah sie die Schwester wieder vor dem

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