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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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in Burgund. Graf Odo von Blois-Champagne ist dabei, große Teile des Königreiches in Besitz zu nehmen – unter dem Vorwand, er und nicht der Kaiser wäre der rechtmäßige König.«
    Doch Ekkehards Worte über die Reichspolitik besaßen für Hermann kein Gewicht mehr. Immer wieder tauchte Uta vor ihm auf, und wie sie ihn in der Brandnacht angesehen hatte. Er war schuld an ihrem Schmerz. Die zweite Frau, die er liebte und deren Unglück er zu verantworten hatte.
    »Wir brauchen dich auf der Baustelle«, wiederholte Ekkehard und erinnerte sich an ihr letztes Gespräch bei der Jagd auf den Zwölfender. »Bruder, wir haben den Kämpfern eine Kathedrale versprochen«, brachte er diejenigen Argumente an, mit denen der Ältere einst ihn überzeugt hatte.
    Hermann trat vor das Fenster und schaute verloren hinaus. Ja, das hatten sie versprochen, aber damals waren die Umstände noch andere gewesen.
    »Und der Vater braucht eine würdige Grablege«, fuhr Ekkehard fort, weil er meinte, dass der Bruder in seinem Inneren mit sich rang. »Wegen der Kathedrale blickt das gesamte Reich auf uns – die Meißener Markgrafenfamilie. Wir dürfen jetzt nicht aufgeben, ansonsten verbindet man mit unserem Namen auf ewig Versagen!«
    Hermann wandte sich Ekkehard zu. »Unserem Namen wird Versagen angeheftet?«, fragte er verständnislos. »Im Moment haften unserem Namen Tod und Verderben an! Davon sollten wir uns zuallererst reinwaschen. Nein, nicht wir«, korrigierte er sich, »ich sollte es tun.«
    Verdrossen senkte Ekkehard den Blick. Wollte der Bruder die Baustelle denn wirklich wegen der Buße den Bach hinuntergehen lassen?
    »Ich habe bereits ein Schreiben an den Kaiser schicken lassen, indem ich ihn bitte, die Markgrafenwürde aus meiner Hand zurückzunehmen und sie dir zu übertragen. Akzeptiere meine Entscheidung«, bat Hermann und fiel wieder auf die Knie.
    Ekkehard wich zurück. »Ich, Markgraf?«
    Hermann, die Augen bereits geschlossen, meinte eine Spur von Zuversicht aus der eben noch verzweifelt klingenden Stimme des Bruders herausgehört zu haben. »Meine Seele wartet darauf, dass du, oh Herr, mich anleitest«, sprach er und senkte demütig den Kopf. Dann beugte er den Oberkörper vornüber und presste die Stirn auf den Steinboden. »Nimm mein Leben in deine Hände, gestalte es nach deinem Wohlgefallen. Bis an mein irdisches Ende und darüber hinaus«, bat Hermann weiter und wusste dennoch nicht, wie er den Rest seines Lebens ohne das Dies diem docet der Uta von Ballenstedt durchstehen sollte. Zugleich war er sich sicher, dass ihr Seelenheil nur dann außer Gefahr war, wenn er von ihr abließ. »Herr, aus der Tiefe rufe ich zu dir.«
    Unschlüssig richtete Ekkehard sein Gewand. Mit einem Gefühl von Einsamkeit verließ er das Georgskloster.
    26  Frei zitiert aus: Walahfrid Strabo: Liber de cultura hortorum / Über den Gartenbau, Hrsg.: Schönberger, Otto, erschienen 2002 im Reclam-Verlag, S. 21.
    27  Zur besseren Lesbarkeit modifiziert auf der Basis von: Walahfrid Strabo: Liber de cultura hortorum / Über den Gartenbau, Hrsg.: Schönberger, Otto, erschienen 2002 im Reclam-Verlag, S. 25.
    28  Ebda., S. 25.
    29  Psalm 130, hier und folgend frei zitiert aus: http://www.klosterkirche.de/zeiten/herbst/22-trinitatis.php .

12. MERSEBURGER ENTSCHEIDUNGEN
    Im Inneren der Kathedrale konnten sie sie nicht finden«, sagte Katrina und trat vor ihre Herrin. »Sie suchen nun noch den Weg zur Hauptburg ab.«
    »Ach, es ist auch schon viel zu lange her«, entgegnete Uta mit abwesendem Blick und fasste sich an die Stelle über dem linken Ohr, über dem bis zum Tage des Brandes noch die Klammer mit den Initialen E. und U. gesteckt hatte. Dann zuckte sie mit den Schultern. »Sag den Mägden, sie sollen sich wieder an ihre Arbeit in Küche und Kemenaten machen. Der zurückliegende Winter hat die Klammer längst an einen fernen Ort getragen.« Im nächsten Moment strich sie über die grüne Vierkantspange am Schleier.
    »Aber was wird der Herr Graf dazu …?«, wollte Katrina fragen, als Uta sich abwandte. Mit dem Rücken an die Wand gelehnt saß sie in der Fensternische ihrer Kemenate und starrte das Leder an, das sie jüngst vor das Fenster hatte nageln lassen. Auch wenn der Brand bereits mehrere Mondumläufe zurücklag, wollte sie die Baustelle nicht sehen. »Ist Graf Ekkehard denn schon wieder aus Burgund zurückgekehrt?« Sie seufzte.
    Katrina nickte. »Herrin, es wäre gut, wenn Ihr etwas vom Brei esst«, gab sie vorsichtig zu

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