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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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die Kathedrale.
    »Gattin!«
    Noch immer auf der Suche nach Hermann und Meister Tassilo blickte Uta an Ekkehard vorbei zu den Gewerkmeistern, die nun ebenfalls das Langhaus betreten hatten.
    »Ihr solltet nicht hier sein!« Ekkehard ergriff Utas Arm.
    »Schaut doch!«, rief Zimmermeister Jan angstvoll, trat in den Chor und zeigte auf eine Hand, die unter zwei verkohlten Balken hervorragte.
    »Nein!«, kam Hermann da auf einmal in die Kathedrale gestürzt und lief auf den Zimmermeister zu, der gerade dabei war, die Balken anzuheben, nun aber erschrocken innehielt. Uta fiel ein Stein vom Herzen. Dann aber bemerkte sie besorgt die Schrammen in Hermanns Gesicht und das Blut auf seinem aufgerissenen Wams. Unruhig beobachtete sie, wie er im Ostchor vor der verkohlten Hand niedersank.
    »Gott, lass es nicht Meister Tassilo sein!«, bat er verwirrt und griff nach der Hand, welche sich ihm entgegenzustrecken schien. »Ich sah doch eben noch, wie Ihr Euch neben mir aus dem Chor abgeseilt habt, nachdem wir die ersten Flammen entdeckt hatten.«
    »Die Hand trägt den Siegelring derer von Enzingen, wenn ich es richtig erkenne«, bemerkte Bischof Hildeward, der über einige Steine hinweg neben Hermann getreten war und nun beschwörend die Hände hob. »Gott sei gedankt, dass der heilige Schleier für die morgige Messe zuvor in sichere Hände übergeben wurde.« Seitdem die Reliquie wieder hinter dem Wandteppich in seiner Kammer verwahrt war, spürte Hildeward erneut unendliche Kraft durch seine nahezu fleischlosen Glieder fließen.
    Reglos beobachtete Uta, wie der Mann, den sie liebte, entmutigt den Kopf über dem Leichnam senkte. Ihre Erleichterung angesichts seines Erscheinens hatte wegen des Verlusts von Meister Tassilo kaum länger als zwei Atemzüge gehalten.
    »Und was ist das hier?« Bischof Hildeward, der als Einziger nicht vom Ruß geschwärzt war, stupste einen gelben Gegenstand mit seiner Sandale an, der im Schutz des Altarsteines anscheinend vom Feuer verschont geblieben war.
    Uta erschrak, als sie eine Puppe aus Wachs erkannte. »Lasst sie mich sehen!« Sie befreite sich aus dem Griff des Gatten und fasste danach. Die Puppe war aus dem gleichen Wachs gemacht, das Alwine ihr einst gegeben hatte. »Hazecha, nein, bitte nicht«, hauchte Uta. Als sie die drei winzigen Steinchen am Kopf der Puppe sah, füllten sich ihre Augen mit Tränen.
    »Das kann nicht Hazecha sein!« Hermann erhob sich schwankend. »Schnell, wir räumen das verkohlte Holz fort. Sicherlich sind wir einer Verwechslung aufgesessen.«
    »In dem Aschehaufen findet Ihr doch niemanden mehr lebend«, stellte Bischof Hildeward trocken fest und trat zurück.
    Uta stand reglos da und streichelte die Wachspuppe. Als sie jedoch sah, wie unter den verkohlten Bohlen ein zierlicher Körper in den Fetzen eines Gernroder Stiftsgewandes zum Vorschein kam, stürzte sie auf die Schwester zu und legte das Ohr auf deren Brust. »Ich höre keinen Herzschlag! Hazecha!«, sagte sie verzweifelt und begann vor den Augen der Versammelten zu schluchzen.
    »Hazecha?«, fragte da ein Mann mit zitternder Stimme, dessen Wams den markgräflichen Adler zeigte, und trat vor Uta.
    »Endlich finde ich Euch, Gräfin.«
    Trostlos blickte Uta auf, worauf der Mann zu erklären begann: »Ich sollte Euch heute Morgen die Botschaft überbringen, dass eine Hazecha in der alten Schmiede darniederliegt und Euren Besuch erwartet.« Mitleidig schaute er auf den leblosen Körper. »Aber Ihr hattet die Burg bereits verlassen. Ich wartete eine Zeitlang im Flur zu Eurer Kemenate, doch als sie mir von Eurem Ritt nach Balgstädt berichteten, musste ich meine Mission vertagen. Die Frau des Küchenmeisters sagte mir, dass die Nachricht vertraulich sei. Deswegen wagte ich nicht, sie jemand anders als Euch zu übermitteln.«
    Hazecha war schon hier, während ich in Balgstädt Holzvorräte prüfte? Uta fühlte sich wie in einem Alptraum gefangen.
    »Das arme Kind wird von einem Balken erschlagen worden sein«, erklärte Hildeward den Umstehenden und unterbrach damit die für ihn unnötigen Erklärungen.
    »Holt die Schwestern des Moritzklosters«, wies Hermann mit zitternder Stimme an. »Wir wollen die Verstorbenen bergen und dann ein Gebet sprechen.« Er fühlte sich schrecklich hilflos. »Warum nur, warum?«, drang Utas Flüstern an seine Ohren. Er wollte sie in den Arm nehmen und ihr Trost spenden, doch war ihm dies im Beisein des Bruders verwehrt.
    »Stellt Wachen vor den Eingang«, wies Ekkehard da an.

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