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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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auf ihr und Uta, die erschrocken in die ernsten Augen der Kaiserin blickte. »Gräfin Uta«, begann Gisela für jedermann laut vernehmbar, um nicht der Kungelei bezichtigt werden zu können, »habt Ihr schon einmal daran gedacht, Euch des Markgrafen Nachlass anzunehmen?«
    Beim Wort Nachlass kämpfte Uta gegen die Tränen an. »Die Finanzen sind geklärt«, entgegnete sie mit brüchiger Stimme.
    »Graf Ekkehard hat sich um sie gekümmert. Zudem wurden die Handwerker gebührend entlohnt. Die Messen für die Pfarrei werden in der Marienkirche gelesen.«
    »Das meinte ich nicht, Gräfin«, beharrte Gisela. »Ihr kennt die Zeichnungen doch genauso gut wie der Verstorbene Tassilo von Enzingen und Markgraf Hermann. Einige habt Ihr gar selbst erstellt und …«
    »Das ist nicht Euer Ernst, Hoheit!«, unterbrach Aribo von Mainz die Kaiserin und wandte sich hilfesuchend dem Kaiser zu.
    Bischof Hildeward, der bisher hinter Bischof Meinwerk aus Paderborn dem Gespräch beiläufig gefolgt war, fühlte sich durch den Seitenblick des Mainzers veranlasst einzugreifen:
    »Ich als Bauherr und geistlicher Vorsteher der Kathedrale verweigere mich diesem Vorhaben. Ein Weib sollte kein Gotteshaus errichten dürfen!« Obwohl der heilige Schleier seit dem Brand wieder ganz und gar ihm gehörte, wollte er dennoch jede Sünde, die sich diesem näherte, bekämpfen.
    »Warum sollte ein W-E-I-B das nicht dürfen oder können?«, fragte Gisela Bischof Hildeward darauf in ruhigem Ton.
    »Sie kennt jeden Stein und jede Mauer. Außerdem beherrscht sie nicht nur die Gesetze der Architektur, sondern weiß auch in der Materialkunde Bescheid«, unterstützte sie Erzbischof Humfried.
    Ungläubig war Uta den Ausführungen des Magdeburger Erzbischofs gefolgt. Sprach er tatsächlich von ihr? Und woher wusste er überhaupt von ihren Kenntnissen?
    »Tretet vor, Gräfin Uta«, wies der Kaiser sie an. »Seid Ihr in der Lage, die Bauplanung Hermanns von Naumburg fortzuführen?«
    Als Uta zögerlich vor die Empore schritt, spürte sie Hunderte Augenpaare auf sich. »Ich hatte gemeinsam mit dem Markgrafen und mit …«, sie stockte, »und mit dem Werkmeister«, fuhr sie mit zitternder Stimme fort, »begonnen, die Planung für den dritten Bauabschnitt zu erstellen.«
    »Gräfin Uta«, sagte Gisela, nachdem sie sich wieder neben dem Kaiser niedergelassen hatte. »Ihr seid die Einzige, die es uns ermöglichen kann, den Bau in den verbleibenden fünf Jahren zu vollenden.«
    »Ich?«, wiederholte Uta entgeistert. »Aber, ich … ich bin doch schuld an all dem Unglück.«
    »Ihr solltet schuld sein?«, fragte Gisela erschrocken. »Ihr habt den Bau doch ebenso leidenschaftlich vorangetrieben wie Hermann von Naumburg und Tassilo von Enzingen. Ohne Euch wäre die Kathedrale doch nie so weit fortgeschritten. Der Herrgott hat Euch nicht die Rolle der Schuldigen, sondern die der Erlöserin zugedacht!«
    Notburga von Hildesheim sog scharf die Luft ein und warf Esiko einen ungeduldigen Blick zu, dem Schweiß auf die Stirn trat, als Gisela erneut zu sprechen ansetzte. »Ihr seid es uns allen, die bisher ihre Kraft und ihren Glauben in das Gotteshaus gesteckt haben, schuldig, Gräfin Uta«, sagte Gisela fordernder. In einer Situation, in der der Glaube an das Reich auf dem Spiel stand, musste sie Druck ausüben.
    Uta blickte zur Kaiserin auf, während ihr viele Gedanken gleichzeitig durch den Kopf schwirrten. Sie sah Meister Tassilo, wie er neben ihr am Schreibtisch gesessen, ihr das Zeichnen von Bauplänen und aus diesen die Ableitung des Materialbedarfs erklärt hatte. Bis dahin hatte sie sich niemals vorzustellen vermocht, dass ein Haufen Zeichnungen und beschlagener Steine ihr so viel Freude und gleichzeitig so viel Schmerz bereiten könnten: Denn niemals hatte sie Hazecha so früh an den Allmächtigen übergeben wollen. Sie zögerte mit einer Antwort, blickte stattdessen hilflos in die Runde.
    »Gräfin, was ist?«, setzte der Kaiser nach. Als er dann zu Ekkehard schaute, um sich von dessen Seite einer Antwort zu versichern, sah er neben dem Naumburger ein ihm unbekanntes Mädchen hervortreten.
    Katrina spürte ihr Herz bis zum Hals schlagen, als sie vor die Empore trat. Unter den fragenden Blicken des Kaiserpaars und der umstehenden Geistlichen ergriff sie die kraftlose Hand ihrer Herrin und brachte ihren Mund nahe an deren Ohr. »Sie würde sich bestimmt freuen«, flüsterte sie und drückte Uta einen Gegenstand in die Hand.
    Uta fühlte etwas Kantiges zwischen ihren

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