Die Herrin der Kathedrale
wohlgeformten Nase saß im Gesicht des einstigen Aufrührers jedoch ein knochiges, adlerähnliches Nasenbein. Und anstelle des gestutzten Barthaares hingen ihm verfilzte graue Flechten vom Kinn bis auf die Brust. Wie es Hermann wohl im Kloster erging?
Ob er sie ebenfalls so sehr vermisste und wie sie in so manch schlafloser Nacht die Sichel des Mondes betrachtete und den Vollmond nur mit Schmerz ertrug? Gedankenverloren betrachtete sie ihr Hände und erinnerte sich daran, wie sie stets zusammen die Treppe der Zärtlichkeit hinaufgestiegen waren. Als Mieszko zusammen mit seinen Heerführern vor der Empore niederkniete und schwor, auf die Königswürde zu verzichten und sich in die Gewalt des Kaisers zu begeben, zeichnete sich auf den Gesichtern der Umstehenden Erleichterung ab.
»Wir werden das polnische Unterreich in drei Teile aufteilen«, erklärte Konrad. »Für jedes der drei Teilherzogtümer setze ich einen Regenten ein, dessen erste Aufgabe es sein wird, sich in den friedlichen Dienst unseres Imperiums zu stellen.« Die Aufteilung des polnischen Reiches war schon im Vorfeld des Hoftages vielfach diskutiert worden, und viele Adelige waren beim Kaiser vorstellig geworden, um sich für die Verwaltung der neuen Lehen zu bewerben. »Der erste Teil, die beiden Lausitzen, soll Machtgebiet von Herzog Mieszko bleiben«, fuhr Konrad fort und machte damit unmissverständlich klar, dass Mieszko ab heute nicht mehr König war.
Mit einem Gemisch aus seiner eigenen sowie der kaiserlichen Landessprache – des Lateinischen war er nicht mächtig – dankte Mieszko dem Kaiser.
»Die an der Oder gelegenen polnischen Reichsteile gebe ich in die Hände von Graf Dietrich von Wettin«, erklärte Konrad weiter. Herzog Mieszko warf daraufhin einen scharfen Seitenblick auf den genannten Grafen, hielt den Kopf jedoch gesenkt, wie es von einem Unterworfenen erwartet wurde.
»Die Gebiete um die Weichsel soll Otto, Sohn des Boleslaw, erhalten.« Otto war der jüngste Halbbruder Herzog Mieszkos und nach dessen einstiger Königskrönung gemeinsam mit Bezprym ins Exil geflohen. »Ihr, Herzog Mieszko, sollt zudem die Funktion eines Verwaltungstreuhänders zugesprochen bekommen. Euch untersteht damit die Gesamtaufsicht über das polnische Reich.«
Zwei polnische und ein deutscher Adliger würden damit von nun an das Herzogtum verwalten.
Auf eine Armbewegung des Kaisers hin traten die Grafen Dietrich und Otto vor, um nun auf gleicher Höhe neben Herzog Mieszko niederzuknien. Woraufhin Bischof Meinwerk von Paderborn den drei Herrschern den Lehnseid abnahm. Als ihnen danach König Heinrich die Rechte und Pflichten der neuen Herrschaftsordnung erläuterte, drehte Uta den Kopf und verfolgte den Weg der einfallenden Lichtstrahlen nach draußen. Ob sie wohl bis nach Naumburg reichten? Zu gerne hätte sie jetzt vor dem Grab Hazechas gekniet.
Um den kaiserlichen Beschluss in einer Urkunde zu bezeugen, traten nun Sigbert von Minden, Egilbert von Freising und Humfried von Magdeburg an die Seite des Paderborner Bischofs, der nur wenige Schritte neben der Empore stand. Während Bischof Sigbert das Siegelwachs erwärmte, wurde der Urkundentext verlesen.
Als eine Uta bekannte Stimme das Gesagte nun – in einen Urkundentext gefasst – verlas, ließ sie vom fernen Licht ab. Es war Wipos Stimme! Für einen Wimpernschlag lang leuchteten ihre Augen auf, verblassten aber gleich darauf wieder und wandten sich erneut den Lichtstrahlen über den Köpfen der Anwesenden zu.
Als Herzog Mieszko den Lehnseid als Erster siegelte, setzte ein Raunen ein. Würde er sich dieses Mal an den Eid halten, den er schon einmal gebrochen hatte? Unter den Augen des Kaiserpaares und der bischöflichen Zeugen setzten danach auch Otto und Dietrich ihren Schriftzug unter die Urkunde und gaben mit einem Schöpfer Wachs darunter, in das sie ihre Ringe fest hineindrückten. Die vier Bischöfe siegelten den Eid ebenfalls. Als Letzter presste der Kaiser seinen Ring in die braune Flüssigkeit.
Begleitet von den verächtlichen Blicken einiger Versammelter verließ Herzog Mieszko mit seinen Getreuen die Halle.
»Der Frieden an der Ostgrenze wird Bestand haben. Wir werden die Regenten streng überwachen!«, versicherte Konrad den Anwesenden und ließ sich wieder auf seinem Thron nieder. »Lasst uns nun in den Westen und Süden des Reiches schauen. Zunächst steht die Festigung meiner Krone in Burgund aus. Und im nächsten oder spätestens übernächsten Jahr werden wir ein zweites Mal
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